Mittwoch, 18. November 2020, 10:19h
Ist es vertretbar, so mit Klienten umzugehen?
Was ist davon zu halten, wenn einem Klienten einer Sozialen Einrichtung plötzlich eröffnet wird, dass er die vertraglich vereinbarte Betreuung nur weiterführen darf, wenn der Kontakt zu einem früheren Mitarbeiter* abgebrochen wird?
Eigentlich erübrigt sich eine Begründung dafür, dass dies gegen Prinzipien und ethische Grundlagen Sozialer Arbeit verstößt. Ein Klient hat immer und überall das Recht auf die Wahl seiner persönlichen Kontakte und es ist durch NICHTS vertretbar, ihn so unter Druck zu setzen, dass ihm nur die Wahl zwischen Beendigung seiner für ihn wichtigen Betreuung und dem Abbruch eines von ihm gewünschten Kontaktes bleibt. Dies umso mehr, als dass es sich bei der Klientel um psychisch Kranke handelt, für die die Einschränkung ihrer Selbstbestimmung noch viel gravierendere Auswirkungen hat, als für Gesunde. Mit einem therapeutischen Prozess ist so eine Bevormundung ganz sicher nicht vereinbar.
Wie kommt es überhaupt zu solch fragwürdiger Umgehensweise mit Klienten und was geht im Kopf desjenigen vor, der so etwas anordnet? Erklären kann man dies nur als Eskalation eines Konflikts, zu dem es in dieser extremen Form niemals gekommen wäre, wenn die Verantwortlichen sich nicht bewusst über bestehende verbindliche Gesetze hinweggesetzt hätten.
Allerdings hat die Leitung auf die Konfrontation mit der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens nicht mit dem Eingeständnis ihrer Verfehlung reagiert, sondern stattdessen mit einer an eine Hexenjagt erinnernde Diffamierung des betreffenden Mitarbeiters begonnen. Eine Mitarbeiterin drückte dies sehr treffend als „Wildes-um-sich-schlagen“ aus. Diese Strategie wird hartnäckig beibehalten und gipfelt jetzt in der Anmaßung, dem Klientel einen Kontaktabbruch abzuverlangen.
Wirklich wundern muss man sich bei diesem Arbeitgeber nicht, denn unter ihm ist es gängige Praxis, auch Mitarbeitern gegenüber ein Kontaktverbot zu Kollegen auszusprechen. Das mag im Mittelalter oder in Diktaturen möglich gewesen sein - hier und heute ist dies selbstverständlich rechtswidrig.
Während dieser Vorfall nicht mich persönlich betrifft, ist dies in Bezug auf die Verbreitung unwahrer Behauptungen leider nicht der Fall. Auch über mich werden Behauptungen verbreitet, denen nicht nur jeglicher Wahrheitsgehalt fehlt, sondern die bereits den Tatbestand übler Nachrede erfüllen.
Die letzte Neuigkeit in dieser Endlosschleife von Unwahrheiten ist mir erst vor kurzem zuteil geworden, als mir ein früherer Klient von der Behauptung einer Mitarbeiterin erzählte, ich hätte ihn als „blöden Borderliner“ bezeichnet. Abgesehen davon, dass es sich dabei definitiv um eine Lüge handelt, bin ich entsetzt darüber, dass eine Mitarbeiterin sich mit Klienten darüber austauscht, was im Kollegenkreis gesprochen/geschrieben wird. Dabei wird noch nicht einmal davor zurückgeschreckt, psychisch kranke Menschen mit falschen Informationen zu belasten und zu verunsichern. Dies ist umso schlimmer, wenn auch eine Suizidproblematik vorliegt.
Was ich nicht unerwähnt lassen möchte, ist die Kritik daran, dass ich Facebook nutze, um mich zu den Vorfällen zu äußern (allerdings ohne den Arbeitgeber, Mitarbeiter oder Orte zu nennen). Während eindeutig rechtswidrige Vorgehensweisen bei den Kritikern keinerlei Reaktion auslösen, wird auf deren Schilderung hingegen hochempört reagiert. So ganz nachvollziebar ist dies nicht.
Allerdings bin auch ich der Meinung, für die Lösung von Konflikten ist ein direktes Gespräch das geeignete Mittel und nicht der Weg über Facebook. Aber leider erfolgte auf meinen (nachweislichen und mehrfachen)Vorschlag für ein Gespräch nicht die geringste Reaktion. Wäre die im Netz behauptete "positive Fehlerkultur" (der Ausdruck wird ernsthaft verwendet!) tatsächlich vorhanden, gäbe es zu diesem Konflikt auch keine Facebookbeiträge von mir. So einfach ist das! Und so war es in den Jahren zuvor unter allen früheren Bereichsleitungen der Fall.
*es betrifft nicht mich, sondern einen früheren Kollegen
Es kann auch kommuniziert werden über: das-sollte-mal-gesagt-werden@gmx.de
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Dienstag, 16. Juni 2015, 03:58h
Eine Familie lebt mit einer Leiche in der Küche – wann überlässt man Hilfsbedürftige sich selbst?
Vor einigen Jahren kam eine in meinem Bezirk wohnende Familie in die Schlagzeilen, weil sie den Tod des Familienvaters vertuscht hatte und seinen Leichnam fast zwei Jahre lang in der Wohnung versteckte. Bei der Familie handelte es sich um eine Mutter mit zwei erwachsenen Töchtern, die alle drei an einer geistigen Behinderung litten. Als der Vater an einem Herzinfarkt verstarb, wurde er auf Anweisung der Mutter in einen Teppich eingerollt und in der Küche deponiert. Irgendwann flog dann die Sache auf – nicht zuletzt auch wegen des Verwesungsgeruchs – und für die Mutter und die Töchter wurde sofort eine gesetzliche Betreuung eingerichtet, weil umgehend für alle drei eine neue Bleibe gesucht werden sollte.
Ich habe damals die Hintergründe dieses Vorfalls aus nächster Nähe mitbekommen, da meine ehemalige Kollegin, mit der ich zu der Zeit gemeinsam in einer Bürogemeinschaft arbeitete, die Betreuung einer der Töchter übernahm. Die Medien haben sich natürlich sofort auf diese schauerliche Geschichte gestürzt und ziemlich schnell wurde auch erwähnt, dass die Familie früher einmal rechtlich betreut worden war, die Betreuung jedoch inzwischen nicht mehr existierte. Die damalige Betreuerin hatte die Aufhebung unter anderem beantragt, weil sich die Mutter gegen die Betreuung sperrte, niemanden in die Wohnung ließ und außerdem die grundlegenden Angelegenheiten der finanziellen Versorgung geregelt worden waren.
Als meine damalige Kollegin die Betreuung übernahm, wurde sehr schnell deutlich, dass es einen riesigen Handlungsbedarf gab, denn die sehr dominante Mutter hatte ihre Töchter völlig bevormundet und als meine Kollegin eine geeignete Einrichtung fand, in der die Betreute viel freier und selbstbestimmter leben konnte, lebte sie erfreulicherweise sichtbar auf. Dennoch gab es leider kein Happy End, denn die Betreute lebte nicht mehr sehr lange, da sie an Krebs erkrankt war. Die Mutter, die jeden Außenkontakt verbot, hatte ihren Töchtern auch Arztbesuche untersagt, so dass die Krebserkrankung sich schon in einem extrem fortgeschrittenen Stadium mit bereits sichtbaren Tumoren befand, die nicht mehr behandelbar waren.
Bei dieser tragischen Geschichte stellt sich unweigerlich die Frage, ob eine derart desolate Familie einfach sich selbst überlassen werden darf. Die Tatsache, dass bei Bekanntwerden der Tragödie sofort mit Hochdruck und im Eilverfahren für jede der drei Beteiligten eine rechtliche Betreuung eingerichtet wurde, zeigt eindeutig, dass es nicht den geringsten Zweifel an deren Notwendigkeit gab. Allerdings muss man fairerweise auch sagen, dass ein Betreuer nicht hellsehen kann und es auch bei sehr desolaten Familien normalerweise nicht zu derartigen Tragödien kommt. Und da die Mutter den Zutritt zur Wohnung konsequent verweigerte, hätte es durchaus auch trotz einer rechtlichen Betreuung zu der grotesken Situation des Zusammenlebens mit einer Leiche kommen können. Dies wäre dann bei Bekanntwerden ein gefundenes Fressen für die Medien gewesen, die dann etwas hätten vorführen können, auf das in diesem Fall verzichtet werden musste – einen Verantwortlichen. Vor diesem Hintergrund stellt die Beendigung der Betreuung einen durchaus verständlichen Selbstschutz dar, denn die mit einer rechtlichen Betreuung verbundene Verantwortung kann nur schwer übernommen werden, wenn nicht ein Mindestmaß an Kooperation vorhanden ist.
Aber auch bei Berücksichtigung dieser Argumente ist die Frage danach, ob man eine offensichtlich an erheblichen Defiziten leidende Familie einfach sich selbst überlassen darf, nicht beantwortet. Und eine eindeutige Antwort wird es wahrscheinlich auch nicht geben, denn die hängt von dem Arbeitsansatz und dem Selbstverständnis eines rechtlichen Betreuers ab. Man kommt also nicht umhin, die verschiedenen Arbeitsansätze gegenüber zu stellen.
Der Arbeitsansatz, demzufolge es sich bei dem Betreuten um einen „Kunden“ handelt, wird dazu tendieren, die Frage nach Begründbarkeit der Beendigung der Betreuung sofort mit einem klaren Ja zu beantworten, denn wenn der Kunde die ihm angebotene Dienstleistung – in diesem Fall die rechtliche Betreuung – ablehnt, kommt ein dauerndes Geschäftsverhältnis nicht zustande. Bei dem Arbeitssatz, demzufolge es sich bei dem Betreuten um einen Klienten und somit um einen Hilfebedürftigen handelt, ist die Entscheidung nicht so einfach. Denn der Hilfebedarf eines Menschen kann durchaus auch beinhalten, dass der Betreffende eben auch nicht mehr in der Lage ist, erforderliche Hilfe anzunehmen, so wie es zum Beispiel sehr eindeutig bei Demenz oder bei akuter mit Wahnvorstellungen verbundener psychotischer Symptomatik der Fall ist. Und anders als bei der Arbeit mit „Kunden“ besteht das Ziel der Arbeit mit Klienten darin, Entwicklungsprozesse zu fördern, die dem Betreffenden einen größeren Handlungsspielraum und somit Veränderung ermöglichen.
Der eigentliche Unterschied zwischen kaufmännischem und sozialarbeiterischem Ansatz liegt jedoch darin, dass Soziale Arbeit genau darin besteht, sich konfliktreichen und schwierigen Beziehungen zu stellen anstatt ihnen auszuweichen. Um dies mit einem Beispiel zu verdeutlichen: in einer Kita oder in einer Jugend-WG würde man Kinder oder Jugendliche, die schwierig im Umgang sind oder die den Kontakt verweigern, nicht einfach ausschließen, sondern natürlich würde man sich gerade um diese Kinder und Jugendlichen besonders bemühen. Davon ausgehend, dass gerade gegenüber denjenigen, die unter besonderen Problemen leiden, eine besondere Verantwortlichkeit besteht, würde man alles tun, um in ihrer Entwicklung positive Impulse zu setzen.
Es muss allerdings auch erwähnt werden, dass es durchaus auch in der Sozialen Arbeit Bereiche gibt, in denen berechtigterweise der Ansatz vertreten wird, letztendlich dem Klienten die Wahl zu überlassen, ob er die Hilfe annimmt oder nicht, da davon ausgegangen wird, dass ohne die bewusste Zustimmung auch keine konstruktive Zusammenarbeit möglich sein wird. Hier wäre als Beispiel die suchttherapeutischen Einrichtungen zu nennen, deren Mitarbeiter es als hoffnungslos einstufen, wenn jemand zur Therapie gezwungen wird, weil therapeutische Prozesse nur auf der Grundlage von Freiwilligkeit möglich sind.
Vielleicht ist die Ausgangsfrage eine Frage, die nicht nur die Unterschiede in der unterschiedlichen Arbeitsauffassung rechtlicher Betreuer betrifft, sondern generell die Beziehungen zwischen Menschen. Vielleicht geht es auch darum, ob man nur harmonische Beziehungen als erhaltenswürdig einstuft oder aber auch die mit Konflikten verbundenen. Und vielleicht spielt es dabei eine entscheidende Rolle, ob man bereit ist, sich Konflikten zu stellen und es dabei auch aushält, nicht nur positive, sondern auch negative Rückmeldungen zu erhalten.
Last-not-least: was würde man erwarten, wenn man sich selbst in der Situation befände, einen mit seinen Kindern zusammenlebenden geistig behinderten Angehörigen zu haben, der mit seiner Alltagsbewältigung überfordert ist, aber gleichzeitig Hilfsangeboten ablehnend gegenüber steht? Würde man darauf hoffen, dass der Betreuer am Ball bleibt und alle bestehenden Möglichkeiten der Hinzuziehung weiterer Hilfsangebote nutzt? Würde man sich wünschen, dass wenigstens ein Mindestmaß an Betreuung bestehen bliebe, weil dies die einzige Möglichkeit ist, eine Verschlimmerung der Situation zu verhindern?
Hier zwei Zeitungsartikel zu dem Vorfall:
http://www.mopo.de/news/eissendorf--mutter-und-toechter-hausten-neben-dem-familienvater---er-lag-unterm-kuechenfenster-3-frauen-lebten-neben-einem-toten,5066732,6439892.html
http://www.welt.de/print-welt/article508854/Leichenfund-in-Harburg-CDU-fordert-Aufklaerung.html
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Donnerstag, 27. März 2014, 14:22h
Erkenntnisse der Traumatherapie und Konsequenzen für den Umgang mit Betreuten
In den 80ern wurde das Symptom der Posttraumatischen Belastungsstörung offiziell eingeführt und inzwischen ist die Traumatherapie weitgehend etabliert und anerkannt. Während bei der klassischen Psychoanalyse in Bezug auf Traumatisierungen der Schwerpunkt auf Aufdeckung und Bewusstmachung liegt, konzentriert sich die Traumatherapie auf Entwicklung sogenannter Ressourcen und versucht Strategien zu entwickeln, um den mit den traumatischen Erinnerungen verbundenen Leidensdruck zu verringern.
Traumatherapie ist ein zu komplexes Thema um es hier ausführlich darzustellen und dies ist auch nicht meine Absicht, denn mir geht es bei diesem Beitrag um konkrete Einzelaspekte, wie dem der Konsequenz im Umgang mit Traumatisierten. Bei meinen traumatisierten Betreuten ist mir immer wieder aufgefallen, wie sehr eine akute Belastungssituation die alten Traumata mit all ihren Symptomen wieder aufleben lassen kann. Immer wieder wurde deutlich, dass der Lebensalltag des Betreuten so gestaltet sein muss, dass Situationen vermieden werden, die in irgendeiner Form zu einer Belastung oder Überforderung führen. Dies bezieht sich auf die Wohn- und Arbeitssituation, den Freundes- und Bekanntenkreis, die familiären Beziehungen und letztendlich auch auf den Betreuer.
Das Ziel der Traumatherapie besteht wie auch bei anderen Therapien darin, den durch Traumatisierungen entstandenen Leidensdruck zu verringern. Das Leiden kann sich in Ängsten, Zwängen, Depressionen und auch in Suizidalität äußern und die Traumatherapie versucht behutsam neue Wege aufzuzeigen um mit dem Leid anders umzugehen. Es soll dem Betroffenen dabei geholfen werden, sein Leben wieder als lebenswert zu empfinden und es ohne quälende Symptome zu leben und es versteht sich von selbst, dass dies nicht vereinbar ist mit der Haltung: „Wer sterben will, soll doch sterben.“
Ein wichtiger Aspekt bei der Traumatherapie ist das Erleben von Ohnmacht in Bezug auf Situationen oder Personen, denen Traumatisierte in ihrer Kindheit oftmals ausgesetzt waren. Kommt es später im Erwachsenenalter zu ähnlichen Situationen und Traumatisierte erleben erneut Ohnmacht, wird dies wieder als höchst traumatisch erlebt, obwohl ein Erwachsener objektiv gesehen nicht mehr in dem gleichen Maß wie ein Kind ausgeliefert ist. Das Gleiche gilt auch in Bezug auf Respektlosigkeit und Demütigung, auch dies sind Erfahrungen, die Traumatisierte in ihrer Kindheit oftmals in hohem Maß erlebt haben und auch hier gilt, dass durch erneute Konfrontation alte Wunden aufgerissen werden und die Folgen sind dann ungleich größer sind als bei einem Nichttraumatisierten.
Die Auseinandersetzung mit diesem Aspekt der Traumatherapie hat mich sofort an ein Gespräch mit einem Pflegedienstleiter erinnert, in dem er schilderte, wie destruktiv sich autoritäres und respektloses Verhalten auf einen psychisch Kranken auswirken kann. Der Pflegedienstleiter begleitete seinen Klienten zu einem Gespräch bei dessen Betreuer. Der Betreuer benahm sich gegenüber dem Betreuen ausgesprochen autoritär, ließ ihn überhaupt nicht ausreden und ließ es erheblich an Respekt mangeln. Die Folge dieses Gesprächs war, dass der Betreute nach dessen Beendigung in Tränen ausbrach und mit Angst vor seinem Betreuer reagierte. Bei diesem Vorfall handelt es sich übrigens nicht um einen „Ausrutscher“, denn eine Ärztin schilderte mir das Verhalten des betreffenden Betreuers genauso.
Man mag jetzt lakonisch entgegnen, dass manche Menschen nun mal überreagieren und man nicht auf jede Mimosität Rücksicht nehmen kann. So würde auch der besagte Betreuer antworten, wobei es eher unwahrscheinlich ist, dass er überhaupt einen Grund sehen würde, sein Verhalten zu rechtfertigen. Und auch manche andere Betreuer würden so antworten, da sie es als Anmaßung und Geltungssucht empfänden, das Verhalten eines Kollegen in Frage zu stellen.
Vergegenwärtigt man sich dagegen die Erkenntnisse der eingangs von mir beschriebenen Traumatherapie, dann wird klar, wie unvertretbar ein solches Verhalten in der Arbeit als Betreuer ist. Ein Betreuer soll seinen Betreuten in seiner Autonomie unterstützen und dabei ist ein respektvoller Umgang eine Grundvoraussetzung. Und dies umso mehr, weil gerade ein traumatisierter Betreuter von seinem Betreuer erwarten kann, nicht noch zusätzlich traumatisiert zu werden.
Natürlich kann es auch in anderen Arbeitsbereichen zu Respektlosigkeit oder autoritärem Verhalten kommen und nicht nur im Tätigkeitsfeld der Betreuer. Allerdings wird ein derartiges Verhalten dort unweigerlich zu Konsequenzen führen. Und genau dazu kommt es bei der auf Freiberuflichkeit beruhenden Betreuertätigkeit nicht. Auch wenn es von vielen Seiten Kritik hagelt – was bei dem hier geschilderten Beispiel durchaus der Fall ist – folgen keinen Konsequenzen.
Das Betreuungsgesetz ist das Resultat des Eintretens für mehr Partizipation der vormals unter Vormundschaft Stehenden. Ein Betreuer, dem es an demokratischen Führungsstil und respektvollem Verhalten mangelt, macht genau diese Reformidee wieder zunichte. Bei einem Verhalten wie hier geschildert, hätte man auch das alte Vormundschaftsgesetz beibehalten können, denn die Umsetzung der Idee nach mehr Autonomie und Partizipation steht und fällt mit dem Verhalten des Betreuers gegenüber seinen Betreuten.
Natürlich muss man sich nicht erst mit der Traumaforschung beschäftigen, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass im Umgang im Menschen respektvolles und demokratisches Verhalten eine Selbstverständlichkeit sein sollte und glücklicherweise benimmt sich die Mehrheit der Betreuer anders als hier geschildert. Aber mir ist es wichtig, hier die verheerenden Folgen deutlich zu machen, zu denen es kommen kann, wenn es sich um Menschen handelt, die eben nicht über die normalen Schutzmechanismen und das erforderliche Selbstbewusstsein verfügen um Respektlosigkeit und Bevormundung abzuwehren.
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Dienstag, 18. März 2014, 11:34h
Wenn Behörden sich querstellen
Schon seit Jahren kümmere ich mich im Rahmen einer Vollmacht um die Belange meines Stiefvaters, der seit einem Schlaganfall halbseitig gelähmt ist. Bisher gab es dabei auch nie irgendein Problem.
Gestern hatte ich nun das erste Mal einen gegenteiligen Fall und eine Mitarbeiterin des Versorgungsamtes Verden teilte mir mit, dass sie das von mir beantragte Beiblatt zur Beförderung zwar bewilligt hat, aber es nicht mir, sondern direkt meinem Stiefvater zusenden würde. Ihrer Auskunft nach wäre es nicht möglich, aufgrund einer Bevollmächtigung Schreiben nicht an den Betreffenden selbst zu schicken, dies sei nur der Fall bei rechtlichen Betreuungen. Es würde im PC-Programm auch nur eine Anschriftenspalte für Betreuer und nicht für Bevollmächtigte geben.
Man mag dies für eine Kleinigkeit halten, aber dies ist es nicht. Wenn alle Behörden, Versicherungen etc so verfahren würden, könnte man als Bevollmächtigter nichts mehr für seine Angehörigen tun und damit würde die gesamte Vollmacht kippen. Folge wäre dann zwangsläufig die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung, die aber ja gar nicht jeder haben möchte. Gesellschaftspolitisch gesehen ist es natürlich kaum vertretbar, dass teure Betreuungen eingerichtet werden müssen, weil Behörden aus nicht besonders stichhaltigen Gründen die Korrespondenz mit Bevollmächtigten verweigern.
Ich bat darum, mir die entsprechende Gesetzesgrundlage zu nennen, damit ich überprüfen kann, ob die Weigerung des Direktversands an mich als Bevollmächtigte tatsächlich rechtens ist. Die betreffende Mitarbeiterin konnte mir die entsprechende Grundlage nicht nennen und räumte ein, dass es eventuell auch nur eine Dienstanweisung des Vorgesetzten sei.
Für Angehörige ist die Sorge um ein hilfebedürftiges Familienmitglied immer sehr arbeitsintensiv und oftmals auch sehr belastend. Es ist fatal, wenn dabei der ohnehin sehr umfangreiche Schriftverkehr auch noch durch unsinnige Vorschriften erschwert wird. Bleibt zu hoffen, dass die mir zugesagte Information über die Gesetzesgrundlage nicht stichhaltig ist und ich eine Zurücknahme erwirken kann. Schließlich bin nicht nur ich von der Einschränkung betroffen, sondern unzählige andere Angehörige auch.
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Mittwoch, 12. März 2014, 23:41h
Eine Untersuchung, die sehr viel Bedeutung haben kann - Schluckanalyse
In einem meiner früheren Beiträge habe ich schon einmal über die Problematik alter und kranker Menschen geschrieben, die die Nahrung verweigern und Außenstehende dabei nicht genau beurteilen können, was die Ursache dafür ist. Ist es das dementiell bedingte Unvermögen, den Prozess der Nahrungsaufnahme noch zu verstehen? Oder ist die Nahrungsverweigerung Ausdruck des Wunsches, nicht mehr leben zu wollen?
Dass eine von einer Logopädin durchgeführte sogenannte Schluckanalyse möglich ist, erfuhr ich vom Pflegeheim. Wie diese durchgeführt wird, war mir aber bisher nicht wirklich klar. Da ich jetzt vor kurzem Besuch von einer jungen Logopädin hatte, die ich während meines Urlaubs kennengelernt hatte, nutzte ich die Möglichkeit, mich näher zu informieren. Zuerst einmal war ich beeindruckt davon wie hochkomplex der Schluckvorgang ist und wie breit gefächert das Aufgabengebiet einer Logopädin. Es gibt mehrere Arten, wie eine Schluckanalyse durchgeführt wird, sie kann beispielsweise sogar durch Verabreichung eines Kontrastmittels in Verbindung mit einer Röntgung geschehen. Bei einer Analyse ist die zu klärende Frage längst nicht immer die des Wunsches zu sterben, sondern es gibt bestimmte Erkrankungen bzw. Anomalien zu deren Symptomatik die Schwierigkeiten beim Schlucken gehören und die Störung wird dann zwecks Abklärung der weiteren Behandlung untersucht. In Bezug auf die Fragestellung ob eine Nahrungsverweigerung organisch bedingt ist oder aber Ausdruck des Wunsches zu sterben, wird in erster Linie darauf geachtet, wie der Patient auf die angebotene Nahrung reagiert. Wird der Kopf abgewendet und die Lippen bewusst zusammen gepresst? Wird die Nahrung im Mund behalten oder wird versucht, diese wieder auszuspucken? Jede Bewegung und Reaktion wird genau beobachtet. Weiterhin muss erforscht werden, ob Nahrung generell verweigert wird oder ob dies nur auf bestimmte Nahrungsmittel zutrifft.
Auch nach einer Schluckanalyse wird man nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen können, wie stark die Nahrungsverweigerung durch einen eventuellen Sterbewunsch bedingt ist. Und man darf auch nicht davon ausgehen, dass das Prozedere und die letztendlich getroffenen Entscheidungen völlig unabhängig von der Person der Logopädin oder den Pflegekräften sind. Zu meinem Entsetzen erfuhr ich, dass manchmal künstliche Ernährungsformen befürwortet werden, obwohl diese aus medizinischer Sicht überhaupt nicht sinnvoll sind, nur weil diese für die Pflegeeinrichtung mit einer zusätzlichen Vergütung verbunden sind. Zwar hatte ich auch schon früher davon gehört, aber es für eine Übertreibung gehalten.
Wobei es bei dem Thema Schluckanalyse geht, ist letztendlich eine der existentiellsten Entscheidungen, die es für einen Menschen gibt, denn es geht um den Wunsch, wie jemand sterben möchte. Eine künstliche Ernährung verlängert nicht nur das Leben, sondern auch den Sterbeprozess und die Entscheidung darüber muss dem Betreffenden obliegen und nicht Dritten. Aber eben weil es aus den genannten Gründen nicht zwangsläufig der Fall sein muss, dass Nahrungsverweigerung gleichbedeutend mit dem Wunsch zu sterben ist, muss alles getan werden um sich Einblick über den Willen des Patienten zu verschaffen.
Im nachherein bereue ich es ein wenig, dass ich im Falle meiner Betreuten bei der Schluckanalyse nicht anwesend war um mir einen besseren Einblick in die Problematik zu verschaffen. Wenn jemand unter Betreuung steht, dann ist es der Betreuer, der gegebenenfalls die Entscheidung über künstliche Ernährung treffen muss. Und ich empfinde es auch als äußerst bedauerlich, dass unter Betreuern noch nie Interesse geäußert wurde, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.
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Samstag, 28. Dezember 2013, 13:13h
Erben als Rechtsstreit – die eigentlichen Gewinner sind meistens nicht die Erben…
“Beim Erben können sich Besitzer ganzer Häuserzeilen um eine Tasse streiten.“
Professor Dr. Josef Vital Kopp (1905-1966), Schweitzer Theologe
Diesen in meiner Tageszeitung gefundenen Ausspruch musste ich einfach zitieren. Er stellt eine Ergänzung dar zu der Thematik des Erbens, die ich hier schon einmal beschrieben habe. Wobei nochmals betont sei, dass der Streit eben nicht erst bei Eintritt des Erbfalls beginnen muss, sondern schon in Erwartung desselben.
Ich habe an anderer Stelle schon auf eine sehr informative Dokumention verwiesen, die unter anderem auch ein eindrucksvolles Beispiel für Erbstreitigkeiten zeigt. Gleich am Anfang wird ein Fall beschrieben, in dem es um das Erbe eines Ferienhauses geht. Die Mutter von drei Töchtern hat das Ferienhaus verkauft und den Erlös zu gleichen Teilen an die Töchter weitergegeben. Hierdurch fühlte sich die jüngste Tochter benachteiligt, da es eine vor 20 Jahren getroffene Erbvereinbarung gab, in der ihr bei einem Verkauf die Hälfte des Ferienhauses zusprach. Anstatt aber daraufhin mit ihren älteren Schwestern zu reden, wandte sich die jüngste Tochter sofort an das Betreuungsgericht und veranlasste die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung. Hierzu sagen die Töchter:
“Wir hätten uns zusammen setzen können und hätten sagen können, wie wollen wir das? Und dann hätten wir uns ja vielleicht gezankt, das kann ja möglich sein, aber wir hätten das untereinander regeln müssen. Das wäre im Null-Komma-Nix geregelt ohne meine Mutter da hineinziehen zu müssen oder gar meine Mutter zu entmündigen… Das bricht natürlich auch in eine Familie ein und bricht sie gegebenfalls auch auseinander.”
Und die Betreute selbst bringt es sehr gut auf den Punkt:
“Erbschaft ist, wenn ich tot bin, aber doch nicht, während ich noch lebe!”
Wichtig zu betonen, dass ein heftiger Streit um das zu erwartende Erbe grundsätzlich auch völlig unabhängig von der Existenz eines Betreuers bestehen kann. Und zwar überall und zu allen Zeiten. Auch wenn mir nicht jeder zustimmen wird, so halte ich die Einrichtung einer Betreuung in manchen Fällen von Erbstreitigkeiten für sinnvoll. Allerdings auf keinen Fall im Hinblick auf eine als Rechtsstreit geführte Auseinandersetzung, sondern im Sinne des Versuchs einer gütlichen Einigung. Ich selbst habe zweimal eine Betreuung geführt, in der es auch um das zu erwartende Erbe ging. Es ist keine sehr dankbare Aufgabe, aber es ist dennoch in manchen Fällen möglich, für alle Beteiligten eine zumindest halbwegs akzeptable Lösung zu finden. Allerdings nicht nach dem Motto: ”Ich bin hier der Chef”, sondern als Vermittler zwischen den Parteien, der eine einvernehmliche Lösung anstrebt. Nur dann ist die Einrichtung einer Betreuung vertretbar, ansonsten schließe ich mich dem in der Dokumentation durch einen Richter vertretenen Standpunkt an, dass für Streitigkeiten um das Vermögens ausschließlich die Familiengerichte geeignet sind und nicht das Betreuungsverfahren.
Schade, dass der Betreuer der alten Dame nicht den geringsten Versuch gemacht hat, eine einvernehmliche Lösung anzustreben und die durchaus vorhandene Kompromissbereitschaft der älteren Schwestern zu nutzen. Damit hätte er nicht nur die Interessen seiner Betreuten besser vertreten, sondern er hätte auch nicht das Zerbrechen der Familie herbeigeführt. Bleibt noch anzumerken, dass ein Betreuer, der Anwalt ist, seine Betreuten im Falle von gerichtlichen Auseinandersetzungen nicht in der Funktion des Betreuers vertreten muss, sondern in der Funktion eines Anwalts auftreten kann. Mit anderen Worten – zusätzlicher Verdienst.
Wie der Zufall so will, so passt auch der heutige Ausspruch meiner Tageszeitung zu der Thematik:
"Im Streit geht die Wahrheit stets verloren." (Publius Syrus 90-40 v.Chr.)
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Donnerstag, 11. Juli 2013, 21:20h
Wie viele Betreuungen sollte ein Betreuer eigentlich führen?
Es wird immer wieder die Frage gestellt, wie viel Betreuungen ein Betreuer führen sollte, damit Qualität gewährt ist. Diese Frage kann man nur sehr schwer beantworten, da hierbei mehrere Faktoren eine Rolle spielen wie beispielsweise:
Hat der Betreuer Mitarbeiter und handelt es sich dabei um Teilzeit- oder Vollzeitkräfte?
Geht der Betreuer noch weiteren Beschäftigungen nach?
Ist der Betreuer Berufsanfänger oder hat er schon längjährige Berufserfahrung?
Ist der Betreuer gut vernetzt oder arbeitet er weitgehend isoliert?
Ich habe heute mein altes Büro aufgesucht und hatte ein interessantes Gespräch. Bei meiner Nachfolgerin handelt es sich um meine frühere Mitarbeiterin, die sich inzwischen als Betreuerin selbständig gemacht und fast alle meiner Betreuungen übernommen hat. Über diese Regelung bin ich sehr froh, denn zum Einen bin ich mir sicher, dass sie die Betreuungen mit Engagement führen wird und zum Anderen empfanden es die meisten der Betreuten als sehr positiv, dass die Betreuung nicht an eine völlig fremde Person abgegeben wurde.
Meine Nachfolgerin erzählte mir, dass sie seit kurzem Mitglied einer neu gegründeten Netzwerkgruppe ist. Es scheinen sich darin Betreuer zusammengefunden zu haben, die wesentlich weniger Betreuungen führen als diejenigen Betreuer, zu denen ich bisher Kontakt hatte. Zwar gibt es auch in dieser Gruppe jemanden, der 60 Betreuungen führt, aber der betreffende Betreuer wird hierbei durch eine Vollzeitkraft unterstützt und geht außerdem auch keiner weiteren Tätigkeit nach. Eine der Betreuerinnen der Gruppe führt prinzipiell nicht mehr als 35 Betreuungen, weil sie die Ansicht vertritt, dass die Führung einer Betreuung sonst nicht mehr persönlich genug ist.
Ich war positiv überrascht über diese Information. Viele der Betreuer, zu denen ich bisher Kontakt hatte, führen mindestens 50 bis 70 Betreuungen und manche haben dabei überhaupt keine Angestellten oder allenfalls eine Teilzeitkraft (bzw. nur Minijobberinnen). Und es gibt Betreuer, die dabei auch noch anderen Tätigkeiten nachgehen, wie beispielsweise einer Makler- oder Anwaltstätigkeit.
Man könnte jetzt das Für und Wider für hohe oder geringe Betreuungszahlen erörtern. Diejenigen Betreuer, die viele Betreuungen führen, führen oftmals an, dass die Kollegen, die weniger Betreuungen führen, sich nicht auf die vom Gesetzgeber vorgegebene rechtliche Vertretung beschränken, sondern Sozialarbeit leisten. Oder es wird argumentiert, dass diejenigen eben nicht besonders professionell sind. Mir hat einmal ein Betreuer, der selbst siebzig Betreuungen führt und dabei zusätzlich auch noch als Versicherungs- und Immobilienarbeiter arbeitet, gesagt, dass ich meine Arbeit als „Selbsterfahrung“ nutzen würde, weil ich „nur“ vierzig Betreuungen führte.
Es ist sicherlich richtig, dass die Betreuungsarbeit als rechtliche Vertretung definiert wird und nicht als Sozialarbeit. Allerdings ist dies ein weiter Begriff und auch wenn man sich strikt an die rein rechtliche Vertretung hält, so gibt es hierbei gravierende Unterschiede in der konkreten Wahrnehmung dieser Aufgabe. Man kann nach einem systemischen Ansatz arbeiten, das heißt bei wichtigen Entscheidungsprozessen (wie z.B. dem Wechsel in ein Heim) die nahen Angehörigen mit einbeziehen und dem Entscheidungsprozess dabei die erforderliche Zeit lassen oder aber man beschränkt sich auf kurze und knappe Anweisungen, da man grundsätzlich von der Richtigkeit der eigenen Vorstellungen überzeugt ist und sich somit die Einbeziehung Dritter als völlig überflüssig erweist. Man kann beispielsweise, wie ich hier ja schon mehrmals beschrieben habe, die Betreuung eines Suizidgefährdeten nach der Maxime führen „Wer sterben will, soll doch sterben“ oder man versucht gemeinsam mit dem Betreuten Perspektiven zu eröffnen, die ihm ermöglichen, sein Leben wieder als lebenswert zu empfinden. Letzteres kann sich sehr, sehr zeitintensiv gestalten und ist bei hohen Betreuungszahlen kaum leistbar.
Natürlich kann man den Vorwurf der Nichtprofessionalität auch nicht einfach ignorieren. Ich habe in Bezug auf meine Arbeit manchmal im nachherein festgestellt, dass ich mich besser hätte abgrenzen müssen und mich von sehr distanzlosen Betreuten (die es zweifellos gibt) weniger unter Druck hätte setzen lassen sollen. Gemeinsam getroffene Absprachen müssen nicht immer wieder von neuem diskutiert werden, sondern müssen eingehalten werden. Wenn beispielsweise ein Betreuter immer wieder sein Geld schon gleich am Monatsanfang ausgibt, muss der Betreffende eine Geldeinteilung auch ohne regelmäßige Diskussion akzeptieren.
Um noch einmal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen – es ist schwer, die Frage nach der angemessenen Betreuungszahl zu beantworten. Nach dem Gespräch mit meiner Nachfolgerin bedauere ich es im nachherein jedoch ein wenig, nicht doch noch einen weiteren Versuch gemacht zu haben, weiter nach Kollegen zu suchen, die ähnliche Vorstellungen wie ich vertreten. Und dies hat anscheinend eben doch mit der Anzahl der geführten Betreuungen zu tun. Mag es auch von kaufmännischen Betreuern als „Selbsterfahrung“ abgewertet werden, wenn man den persönlichen Bezug zu den Betreuten in der Arbeit nicht missen möchte und Wert auf Mitbeteiligung an Entscheidungsprozessen legt – die Zeit, die man einem Menschen widmet, sagt etwas über die Wertschätzung seiner Person aus.
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Donnerstag, 27. Juni 2013, 20:27h
Ein Gedankenspiel
Bei den vielen Informationen, die ich im Laufe meiner Arbeit im Betreuungswesen und auch jetzt noch nach Beendigung meiner Tätigkeit erhalte, habe ich mir angewöhnt, mir bei manchen schwierigen Problemlagen folgende Frage zu stellen: Was wäre, wenn man ein Problem in einem konkreten Betreuungsfall verwenden würde für das Thema einer Examensklausur der juristischen Fakultät?
Wozu das Gedankenspiel gut ist? Ganz einfach, es geht dabei eben nicht um den Aspekt der schnellsten oder lukrativsten Methode, sondern schlicht und einfach um den Aspekt der optimalen. Und dies nicht auf der Ebene einer Diskussion in legerer Freizeitatmosphäre, in der man auch ruhig mal mit seiner Ansicht daneben liegen darf – nein, in der entscheidenden Situation eines Examens, das die Voraussetzung für die Ergreifung des Berufs eines Juristen ist. Man kann also mit der Beurteilung „Nicht bestanden“ abgestraft werden, wenn man sich zuwenig oder die falschen Gedanken macht.
Ich nehme mir also einen der vielen Fälle vor, in denen es strittig ist, welche Maßnahmen denn nun die besten für den Betreuten sind und welche eben nicht. Und damit es nicht so einfach ist, lautet die Fragestellung nicht nur: „Welche Maßnahmen sollten für den Betreuten ergriffen werden“ sondern hat den Zusatz:
„Welche Maßnahmen sind erforderlich, um die Lebenssituation des Betreuten optimal zu gestalten? Welche psychosoziale Situation sollte im Sinne des Wohls des Betreuten angestrebt werden und welche juristischen Mittel sind hierfür sinnvoll?“
Ich empfinde dieses Gedankenspiel als sehr interessant, weil ich mir vorstelle, was geschehen würde, wenn in der Examensarbeit genau das beschrieben werden würde, was auch in der konkreten alltäglichen Arbeit geschieht. Man kann das Gedankenspiel auch ein wenig ändern, indem man sich vorstellt, dass eine konkret geführte Betreuung geschildert wird und die Fragestellung ganz einfach lautet: „Sind die von dem/der Betreuer/in ergriffenen Maßnahmen optimal auf das Wohl des Betreuten ausgerichtet oder wären andere Maßnahmen besser geeignet um eine zufriedenstellende psychosoziale Gesamtsituation herbeizuführen“.
Natürlich ist die Fragestellung einer Examensarbeit ungleich komplexer und schwieriger gestaltet. Vielleicht sollte man sich auch einfach nur eine normale Hausarbeit oder ein Referat zum Thema rechtliche Betreuung vorstellen, in dem die fiktive Fragestellung optimal beantwortet werden muss.
Wie gesagt, dies ist mein kleines Gedankenspiel, dem ich bisweilen nachgehe und das man vielleicht auch in Bezug auf das hier beschriebene Problem übertragen könnte. Natürlich immer unter dem Aspekt, das hier nur die Sicht einer Seite beschrieben wird.
Und natürlich bin ich mir bewusst, dass auch im Falle der von mir geführten Betreuungen nicht immer das von mir veranlasst wurde, was im nachherein die optimale Lösung gewesen wäre. Ich erhebe bei weitem nicht den Anspruch darauf, alles richtig gemacht zu haben. Deswegen habe ich mein kleines Gedankenspiel auch ab und zu mit mir selbst als Protagonistin gespielt und hätte dabei wohl leider auch die ein- oder andere Prüfung nur so gerade eben bestanden. Aber eben dafür sind solche Gedankenspiele auch da - es beim nächsten Mal besser zu machen!
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Montag, 18. März 2013, 09:19h
Hinzuziehen einer neutralen Person bei der Entscheidung für eine Heimunterbringung
Ist es noch verantwortbar, dass ein Betreuter in der eigenen Wohnung wohnt, oder sollte doch besser ein Wechsel in eine Heimeinrichtung erfolgen? Schon lange mache ich mir Gedanken darüber, wie man bei der Entscheidungsfindung in dieser Frage die Interessen des Betreuten am besten vertritt. Ich muss hinzufügen, dass es für mich glücklicherweise noch nie erforderlich war, einen Betreuten gegen seinen Willen in einem Heim unterzubringen. Allerdings habe ich trotzdem zwei negative Erfahrungen gemacht. In beiden Fällen wären meine Betreuten sehr viel lieber in der eigenen Wohnung wohnen geblieben, aber dies war auch bei umfassender ambulanter Hilfe nicht mehr möglich, so dass beide den Wechsel in ein Heim bejahten. In einem Fall starb die Betreute nach wenigen Wochen, in dem anderen sogar nach zwei Tagen.
Für mich war es bisher immer die existentiellste Entscheidung unter allen die Betreuung betreffenden Fragen. Eine psychiatrische Unterbringung ist zeitlich begrenzt, eine Heimunterbringung in der Regel nicht. Was kann man also tun, um den Prozess der Entscheidungsfindung in Hinsicht auf das Wohl des Betreuten zu verbessern?
Meine Idee war, eine Person hinzuzuziehen, die die Entscheidungsfindung begleitet. Und mir fielen dabei spontan die Grauen Panther ein. Wenn es um die Sichtweise eines alten Menschen geht, dann kann diese auch am besten nachvollzogen werden von jemandem, der selbst alt ist und der sich in Bezug auf die eigene Situation mit Sicherheit auch schon Gedanken über dieses Thema gemacht hat. Vorstellbar wären natürlich auch andere Seniorenvereinigungen, vielleicht sogar jemand aus einem Heimbeirat. Vorrangig ist die Parteilichkeit für alte Menschen, die aus eigener Betroffenheit entsteht und vermutlich fühlt sich ein alter Mensch viel besser verstanden von jemandem, der im gleichen Alter ist und viele Erfahrungen teilt.
In den Medien wird ja zunehmend gerade das Thema Heimeinweisung aufgegriffen und es werden Fälle dargestellt, in denen Betreute anscheinend ohne ihr Einverständnis in ein Heim eingewiesen wurden.
Ich denke, dass es nicht ausreicht, mit Darstellungen von positiven Beispielen zu reagieren, weil es denjenigen Betreuten, die schon in ein Heim gewechselt sind, in keiner Weise mehr etwas nützt.
Schade, dass meine Idee des Hinzuziehens einer neutralen Person niemals auf Interesse bei Kollegen stieß. Einen Versuch wäre es vielleicht wert gewesen.
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Dienstag, 6. November 2012, 00:52h
Die andere Seite
Gerade habe ich im Internet entdeckt, dass es seit einiger Zeit einen "Betreuungsgeschädigtenverein" gibt, der betreuten Menschen Beratung und Unterstützung anbietet.
Da ich im Laufe meiner Arbeit als Betreuerin so manche unerfreuliche Dinge mitbekommen habe, wundert es mich nicht, dass sich mittlerweile Menschen zusammenschließen um sich gegen nicht nachvollziehbare Maßnahmen ihrer Betreuer zu wehren.
Trotzdem habe ich durchaus auch gemischte Gefühle. Wenn ich mir beispielsweise das vor kurzem hier beschriebene Verhalten des Vaters einer meiner Betreuten vor Augen halte, dann kann ich mir lebhaft vorstellen, dass so eine an sich durchaus sinnvolle Einrichtung auch missbraucht werden kann. Sicher, wenn man sich nichts Grundlegendes vorzuwerfen hat, hat man auch nichts zu befürchten und seriöse Interessenvertreter lassen grundsätzlich auch die Gegenseite zu Wort kommen. Außerdem dokumentiere ich schon seit längerem wortgetreu die verbalen Ausfälle des betreffenden Vaters, die schon an sich ein eindeutiges Indiz dafür darstellen, dass es sich sowohl um eine klar erkennbare paranoide Wahrnehmung als auch um ein ausgeprägtes destruktives und denunzierendes Verhalten handelt.
Kritik bringt immer auch eine Rechtfertigungssituation mit sich. Da Betreuer im Rahmen eines vom Gericht erteilten Auftrags tätig werden, der zum Teil auch mit erheblichen Machtbefugnissen ausgestaltet ist, sind wir meines Erachtens auch zur Rechtfertigung verpflichtet. Nicht alle Betreuer sehen das so, aber jeder, der sich damit auseinandersetzt, dass er oder seine Angehörigen einmal selbst betreut werden könnten, wird aus gutem Recht heraus davon ausgehen, dass ein Betreuer sich in Konfliktsituationen erklären muss.
Demokratie ist mühsam. Und Demokratie bringt es mit sich, dass auch falsche Anschuldigungen oder Unterstellungen erhoben werden dürfen. Worauf es ankommt ist, dass dies mit fairen Mitteln ausgetragen wird.
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