Sonntag, 18. September 2022, 21:22h

Positive Fehlerkultur, Beschwerdemanagement, Kundenfreundlichkeit - aber auch ein erster Hoffnungsschimmer im Reich der Euphemismen

behrens

Wenn man sich die Entwicklung der Begrifflichkeiten innerhalb der letzten Jahrzehnte ansieht, erhält man den Eindruck einer Gesellschaft, die die richtigen Antworten auf gesellschaftliche Probleme hat. Wer seinen Blick jedoch nicht auf Begrifflichkeiten beschränken kann, weil er sich entweder selbst in einer sozialen Problemlage befindet oder aber als Sozialarbeiter Probleme lösen muss, der kann die Augen nicht vor der Zunahme sozialer Probleme verschließen: Obdachlosigkeit, Verarmung, Langzeitarbeitslosigkeit, Drogensucht, Gewalt in der Familie und in Schulen, Erfordernis einer Betreuung und soziale Verelendung haben nachweislich zugenommen.

Wer sich für den Beruf des Sozialarbeiters oder Sozialpädagogen entscheidet, weiß, dass er täglich mit Missständen und Leid konfrontiert wird. Auch mir war dies Mitte der Achtziger bei Beginn meines Studiums bewusst. Was mir jedoch erst sehr spät bewusst wurde, ist der Umstand, dass ich mein Studium noch vor der Zeit des beginnenden Neoliberalismus absolvierte. Und das kommt einer Zeitenwende gleich, denn damals wurde Sozialarbeit noch nicht ausschließlich durch betriebswirtschaftliches Denken bestimmt. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass Probleme noch als Probleme benannt wurden und es niemanden in den Sinn gekommen wäre, etwas Negatives positiv zu bezeichnen, Euphemismen waren daher verpönt.

Man könnte jetzt entgegnen, dass Begriffe wie positive Fehlerkultur, Beschwerdemanagement, und Kundenfreundlichkeit doch für an sich positive Entwicklungen stehen. Und genau das stellt einen Trugschluss dar. Die Intension des Beschwerdemanagements liegt nicht darin, fehlerhaftes Handeln zu reflektieren, um zu mehr Qualität zu gelangen, sondern die Intension ist eine rein betriebswirtschaftliche: Kritik schadet dem Unternehmen und verringert den Umsatz. Das gleiche gilt für die merkwürdige Wortschöpfung des Begriffs "Positive Fehlerkultur". Fehler sind nicht positiv, sondern schaden und müssen daher grundsätzlich Konsequenzen nach sich ziehen. Wenn eine Einrichtung oder ein Betrieb gravierende Fehler macht, reicht es nicht, dies auf der Personalebene zu diskutieren, sondern Verantwortliche müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Und was den Begriff der Kundenfreundlichkeit betrifft, so steckt der Fehler schon im Begriff des "Kunden", der die eigentlichen Machtverhältnisse innerhalb einer Beratungs- oder Betreuungssituation bewusst verschleiern möchte und ein völlig ebenbürtiges "Geschäftsverhältnis" suggeriert. Vor Jahren habe ich mich bereits in einem früheren Beitrag ausführlich dazu geäußert.

Wenn ich mir die Beiträge dieses im Jahr 2007 begonnenen Blogs ansehe, zieht sich die Thematik Qualität Sozialer Arbeit versus Gewinnmaximierung wie ein roter Faden durch die Beiträge. Bei Beginn des Blogs war ich noch rechtliche Betreuerin und daher mit dem befremdlichen Umstand konfrontiert, dass die komplexe Aufgabe der Betreuung überwiegend schwerkranker Menschen auch von Immobilienmaklern und Industriekauffrauen wahrgenommen wird. Mittlerweile arbeite ich schon einige Zeit nicht mehr als rechtliche Betreuerin und bei den meisten Kollegen handelt es sich um Sozialpädagogen oder Erzieher. Aber dennoch hat sich das Selbstverständnis bzw. die Ausrichtung der betreffenden Einrichtungen geändert. Auch hier wird mittlerweile das Klientel als "Nutzer*innen" bezeichnet und die Einrichtung als "Firma" oder gGmbH. Und auch hier wird von "positiver Fehlerkultur" gesprochen, obwohl selbst bei schwerwiegenden Fehlern keinerlei Konsequenzen erfolgen.

Die Problematik der Verwendung von Euphemismen geht weit über das der rein sprachlichen Ebene hinaus: es geht darum, dass man gesellschaftliche Probleme überhaupt erst dann lösen kann, wenn sie als solche erkannt und bezeichnet werden! Unsere Gesellschaft braucht keine nach betriebswirtschaftlichen Kriterien angelegte auf Imagepflege gerichtete Außendarstellung, sondern eine ehrliche und offene Benennung von Defiziten, um die Probleme des Klientels (nicht der Kunden!) besser zu verstehen und geeignete Lösungsstrategien zu entwickeln. Und dies bedingt zwingend die Mitbeteiligung der eigentlichen Betroffenen: Arbeitslose, Obdachlose, Heimbewohner, Patienten, Angehörige und Betreute.

In Bezug auf den Bereich der Rechtlichen Betreuungen gibt es jetzt einen kleinen Hoffnungsschimmer. Der Betreuungsgerichtstag e.V. plant das Projekt Hört mir zu - redet mit mir!, das Raum bieten soll für Menschen, die unter rechtlicher Betreuung stehen. Somit wird endlich die Möglichkeit geschaffen, dass Betreute eine Stimme erhalten und sich aktiv für ihre Rechte einsetzen können. Mit anderen Worten: erstmalig wird die Chance eines offenen Dialogs eröffnet, in dem es nicht um eine möglich positive Außenwirkung geht, sondern um die Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten für die schon seit langem bestehende Kritik an der Praxis der Führung von Betreuungen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 5. Januar 2022, 16:38h

Was ist eigentlich einfühlsam? Selbstwahrnehmung von Betreuern

behrens

Vor einiger Zeit kam in einem Gespräch mit einer Klientin das Thema auf deren frühere rechtliche Betreuerin. Bei der Klientin handelt es sich um eine Frau, die seit dem Tod ihres Sohnes unter starken Depressionen leidet, die zeitweilig auch mit Suizidgedanken verbunden sind.

Die Klientin beschrieb, dass besagte Betreuerin sich kaum um ihre Probleme kümmerte. Zugegeben - dies wird oft von Betreuten behauptet und nicht immer entspricht es der Realität, auch mir sind unbegründete Beschwerden aus meiner früheren Betreuertätigkeit nicht unbekannt. In diesem Fall wurde die Aussage allerdings von der jetzigen Betreuerin bestätigt. Man wird kaum behaupten können, dass eine Betreuerin ihre Tätigkeit verantwortungsbewusst ausführt, wenn die Heizung einer Betreuten jahrelang abgeschaltet ist und keinerlei Anstalten unternommen wurden, dies zu ändern.

Was mich jedoch noch mehr schockierte, war der Umstand, dass die frühere Betreuerin der Klientin im Erstgespräch ins Gesicht sagte, sie würde stinken. Zum einen macht die Klientin auf mich nicht den Eindruck von Ungepflegtheit, zum anderen ist es selbst dann, wenn dies der Fall wäre, anmaßend und beleidigend, es in so einer Form zur Sprache zu bringen. Es gibt durchaus Betreute, deren Körpergeruch so stark ist, dass nach einem Besuch das Büro lange durchgelüftet werden muss. Und natürlich kommt man nicht umhin, dies anzusprechen. Aber selbstverständlich muss dies mit dem nötigen zwischenmenschlichen Respekt geschehen und das Erstgespräch ist nicht der geeignete Zeitpunkt dafür.

Die betreffende Betreuerin ist mir nicht unbekannt und die meisten Rückmeldungen zu Begegnungen mit ihr sind ebenfalls nicht gerade positiv. Wobei sich dies durchaus nicht nur auf die Erfahrung von Betreuten beschränkt, sondern auch auf die anderer Betreuer bzw. Mitarbeiter von Einrichtungen und Behörden. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer früheren Kollegin, die sich dazu äußerte, dass auch die Geschwister besagter Betreuerin einflussreiche Positionen besitzen. Insbesondere folgender Satz hat sich mir dabei ins Gedächtnis gebrannt: "Wir haben alle Angst vor dieser Familie, die reißt alles an sich". Ein Mitarbeiter der Betreuungsbehörde schilderte, wie eine Betreute ihm gegenüber berechtigte Kritik äußerte, aber darauf bestand, dass dies nicht weitergegeben werden dürfe, da sie große Angst vor der Reaktion der Betreuerin hatte. Als ein anderer Mitarbeiter der Betreuungsstelle Kritik äußerte, drohte die Betreuerin mit rechtlichen Schritten, was leider auch entsprechende Wirkung zeigte.

Das Selbstbild besagter Betreuerin weicht allerdings grundlegend von der Einschätzung anderer ab und sie selbst sieht sich keineswegs als furchteinflößend. In ihrer Website charakterisiert sich neben anderen ausgesprochen positiven Eigenschaften ausdrücklich als "einfühlsam"!.

Ich bin froh, dass die Betreute, die so negative und entwürdigende Erfahrungen gemacht hat, inzwischen eine Betreuerin hat, die ihre Tätigkeit verantwortungsvoller und mit dem erforderlichen zwischenmenschlichen Respekte ausübt. Allerdings bereitet es mir Unbehagen, dass es mit Sicherheit andere Betreute gibt, die die gleichen bitteren Erfahrungen machen. Und gerade psychisch kranken Menschen fehlt sehr oft die Fähigkeit sich adäquat gegen respektloses und anmaßendes Verhalten zu wehren, was bei manchen Krankheitsbildern kann zu einer verheerenden Verschlimmerung führen kann.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 14. Januar 2020, 18:57h

Ist es vertretbar, dass ein einzelner Betreuer mehr als 230 Betreuungen führt und was bedeuteten derartig hohe Fallzahlen für unser soziales Hilfesystem?

behrens

Nach wie vor gibt es keine Obergrenze, die Betreuern vorschreibt, wie viele Betreuungen geführt werden dürfen. Während bei Einführung des Betreuungsgesetztes im Jahr 1992 die Fallzahlen im Durchschnitt bei dreißig bis vierzig Betreuten lagen, hat sich dies mittlerweile drastisch verändert und die Obergrenze kann im Extremfall sogar 234 Betreuungen betragen. Nein, kein Schreibfehler, es geht tatsächlich um zweihundertvierunddreißig Betreuungen, die von einer einzelnen Betreuerin geführt werden! Wie ist es möglich, dass ein Betreuer dermaßen viele Betreuungen führt? Nun, darauf würde die betreffende Betreuerin sofort antworten, dass sie ihr Betreuungsbüro gut organisiert hat und außerdem hochqualifiziert und engagiert ist. Selbst wenn man dies unhinterfragt so stehen lässt, ist eine so hohe Fallzahl äußerst ungewöhnlich, denn auch andere Betreuer haben gut organisierte Büros, sind engagiert und hochqualifiziert und führen trotzdem weitaus weniger Betreuungen.

Bei einer Fallzahl von zweihundertvierunddreißig Betreuungen stellen sich mindestens fünf Fragen:

1. Waren mit der Einführung des Betreuungsgesetzes tatsächlich Fallzahlen in so schwindelnder Höhe beabsichtigt?

2. Was bedeutet eine Auslastung von etwa 750 Stunden*(!) monatlich für die Qualität der Betreuung?

3. Die mit einer rechtlichen Betreuung verbundenen Probleme betreffen nie nur den Betreuten, sondern auch Angehörige, Nachbarn und Mitarbeiter der involvierten ambulanten Dienste, Heime, Wohneinrichtungen und Behörden. Ist eine gleichberechtigte Zusammenarbeit mit einem Betreuer, der zeitlich so ausgelastet ist, tatsächlich möglich?

4. Ist es für das soziale Hilfesystem unserer Gesellschaft vorteilhaft, wenn rechtliche Betreuungen sich nicht mehr auf viele einzelne Betreuungsbüros verteilen, sondern sich stattdessen eine Form der Monopolisierung ausbreitet?

5. Last not least: wie stehen letztendlich die betroffenen Betreuten dazu?


Zur Beantwortung der ersten Frage kann man ganz sicher sagen, dass die Intension der Schaffung des Betreuungsgesetztes nicht darin bestand, die zuvor bestehende Praxis der maximal 100 bis 150 Fälle betragenden Vormundschaften durch Fallzahlen von über 200 abzulösen. Im Gegenteil - die Intension der Reform bestand eindeutig darin, die Arbeit individueller zu gestalten und den Betreffenden mehr Mitsprache zu geben. Beides ist natürlich nur durch eine Verringerung der Fallzahl und nicht durch eine Erhöhung umsetzbar.

Jetzt zur Frage, ob eine Auslastung von 750 Monatsstunden noch mit Qualitätsansprüchen vereinbar ist. Bei einer derartig hohen Auslastung ist ganz klar Delegation erforderlich und viele Aufgaben müssen von Angestellten übernommen werden, zu denen eventuell dann auch angestellte Anwälte gehören. Dies an sich spricht doch noch nicht gegen hohe Qualitätsmaßstäbe – oder? Nein, tatsächlich wäre es vorstellbar, dass jemand das Ziel hat, im großen Rahmen qualitativ hohe Betreuungsarbeit zu leisten. So jemand wäre dann eng vernetzt mit den vielen sozialen Einrichtungen des Stadtteils und würde die soziale Struktur mitgestalten. In ähnlicher Weise verhält es sich mit den bezirklichen Betreuungsvereinen, in denen sowohl angestellte Betreuer (sogenannte Vereinsbetreuer) arbeiten als auch Beratung für Betroffene angeboten wird und bei denen darüber hinaus Präsenz und Vernetzung mit anderen Trägern besteht. All dies trifft jedoch nicht im Entferntesten auf besagte Betreuerin zu.

Damit sind wir auch schon bei der Beantwortung der dritten Frage: in diesem konkreten Fall gestaltet die Zusammenarbeit sich für viele sehr unerfreulich und degradiert andere Menschen nicht selten auf die Funktion von Handlangern. Der Ton der betreffenden Betreuerin wird von vielen als unfreundlich und arrogant empfunden und Aufgaben, die eindeutig zum Aufgabenkreis gehören, werden auf andere abgewälzt. Sehr fragwürdig ist der Umgang mit Kritik: als die von Seiten eines Behördenmitarbeiters geäußert wurde, wurde prompt mit der Einleitung rechtlicher Schritte gedroht. Auch sehr fragwürdig ist das Konkurrenzverhalten gegenüber Kollegen – da kann es dann schon mal zu dem Versuch kommen, Betreute anderer Betreuer abzuwerben und sich selbst als neuen Betreuer vorschlagen zu lassen. Dies wird dann noch dadurch getoppt, dass noch nicht einmal davor zurückgeschreckt wird, bei Gericht andere Betreuer genau dieses Vergehens zu denunzieren (obwohl dies völlig haltlos ist). Alles in allem übertreffen in der Zusammenarbeit die negativen Aspekte bei weitem die positiven.

Und wie steht es um die Frage danach, wie sich derartig hohe Betreuungszahlen auf das soziale Hilfesystem einer Gesellschaft auswirken? Auch dies wurde zum Teil hier schon beantwortet, denn Monopolisierung ist das genaue Gegenteil eines komplexen Hilfesystems, in dem es nicht um Gewinnmaximierung geht, sondern um das kooperative Zusammenspiel bei der Unterstützung derjenigen, die auf Hilfeleistungen von staatlicher Seite angewiesen sind. Konkurrenz ist hier nicht nur kontraproduktiv, sondern sie zerstört die Grundlagen unseres Sozialsystems.

Jetzt zur letzten Frage, in der es darum geht, ob sich die Betreuten bei jemanden gut aufgehoben fühlen, der noch 233 weitere Betreuungen führt. Nicht so leicht zu beurteilen, weil man dazu die Betreffenden befragen müsste. Allerdings scheint es tatsächlich so, dass so manche Betreute selbst den Wunsch geäußert haben, sich von der betreffenden Betreuerin betreuen zu lassen. Hiermit spielt jedoch mit Sicherheit auch eine Rolle, dass nicht wenige der Betreuten einen Migrationshintergrund haben und deswegen von jemanden betreut werden möchten, der ebenfalls einen Migrationshintergrund hat, was unter anderem in Hinsicht auf dieselbe Muttersprache sicherlich auch verständlich und sinnvoll ist. Interessant ist, dass andere Betreuer in diesem Fall von der Bildung einer Art „Community“ sprechen, die ihrer Ansicht nach stetig weitere Mitglieder anwirbt. Ebenfalls interessant ist aber auch, dass andererseits so manche Betreute sich nicht wohl fühlen und Angst haben, dies offen zu äußern.

Man könnte zu diesem Thema noch sehr viel mehr schreiben, zumal es auch noch viele weitere Aspekte gibt, wie beispielsweise auch der Umstand, dass rechtliche Betreuer auch Auftraggeber für andere soziale und kommerzielle Dienste sind und eine Monopolisierung immer auch ungute Abhängigkeiten schafft. Oder der Aspekt der stillschweigenden Zustimmung des Betreuungsgerichts, das einerseits zu hohen Betreuungszahlen definitiv ablehnend gegenübersteht, diese aber andererseits stillschweigend hinnimmt. Ein weiterer interessanter Aspekt sind die Leitlinien der UN-Behindertenrechtskonvention, die wohl schwerlich damit vereinbar sein dürften, dass Machtgefüge in unserem Hilfesystem entstehen, die sich irgendwann kaum noch kontrollieren lassen und die sich immer weiter von dem formulierten Ziel der demokratischen sozialen Teilhabe entfernen. Nicht unerwähnt sollte auch bleiben, dass sich bei Etablierung derartig hoher Fallzahlen Betreuerstellen wegfallen. Aus vier Betreuern mit jeweils sechzig Betreuten werden dann ein Betreuer und drei Arbeitslose.

Rechtliche Betreuung könnte ein wichtiger Baustein unseres sozialen Hilfesystems sein. Aber dies ist nur möglich mit Betreuern, denen es nicht in erster Linie um Gewinnmaximierung durch hohe Fallzahlen geht und deren Demokratieverständnis auch das Recht auf Kritik beinhaltet.


*Tatsächlich handelt es sich um noch mehr Stunden, weil sich diese Zahl nicht auf zwölf Monate, sondern aufgrund von Urlaub und Krankheit auf etwa zehn Monate verteilt. Da es sich in diesem Fall um eine Anwältin handelt, ist das zeitliche Budget aufgrund der anwaltlichen Tätigkeiten tatsächlich noch sehr viel geringer

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 21. Februar 2019, 10:36h

Thema vom 20.02.2019 bei Maischberger: Die Betreuungsfalle: hilflos, ausgenutzt, betrogen?

behrens



Ich bin gestern nur zufällig auf diese Sendung gestoßen und werde noch etwas dazu schreiben. Was auf jeden Fall interessant ist, ist der Umstand, dass der hier geschilderte Betreuungsfall nicht von einem Berufsbetreuer handelt, sondern von einer in einem Betreuungsverein angestellten Betreuerin.

26.04.19
So jetzt nehme ich mir endlich mal ein wenig Zeit für nähere Erläuterungen:
In der Sendung wird unter anderem ein Fall geschildert, in dem die Rentnerin Christa L. aufgrund einer falschen Demenz-Diagnose eine gesetzliche Betreuerin erhielt, die die Einweisung in ein Pflegeheim veranlasste, was zum Verlust der eigenen Wohnung führte. Erst nach sechs Jahren konnte Christa L. die Aufhebung der Betreuung erreichen.

Im Jahr 2009 erleidet die damals zweiundsechzigjährige Christa L. nach dem Tod des Lebensgefährten einen schweren Zusammenbruch und liegt mehrere Wochen im Koma. Die Ärzte diagnostizieren fälschlicherweise Demenz und es werden die falschen Medikamente verabreicht , woraufhin das Amtsgericht eine Betreuerin einsetzt, die die Wohnung auflöst und mit den Ersparnissen das Pflegeheim finanziert. Die Familie ist mit der Situation überfordert, aber nach einigen Jahren gelingt es den Freunden von Christa L. sie auch dem Pflegeheim zu holen. Nach zwei Jahren wird die Betreuung aufgehoben. Mittlerweile geht es Christa L. wieder besser und sie lebt wieder in einer eigenen Wohnung. Christa L. hat zum Zeitpunkt ihrer akuten Erkrankung nicht realisiert, dass die eigene Wohnung aufgelöst wurde und sie all ihr Hab und Gut verlor. Ihr Sohn wurde bei allen Entscheidungen völlig übergangen.

Im Pflegeheim gab es durchaus Mitarbeiter, die mitbekommen haben, dass Christa L. nicht dement ist. Und mit Unterstützung eines ehrenamtlich arbeitenden ehemaligen Richters gelingt es Christa L. schließlich, den Heimvertrag zu kündigen und sich wieder eine eigene Wohnung zu nehmen. Trotzdem hat es allerdings noch weitere zwei Jahre gedauert, bis sie mit Hilfe durch eine öffentliche Rechtsberatung die Aufhebung der Betreuung erwirken kann.

Sehr lapidar fiel die Stellungnahme des Betreuungsvereins aus, in dem die rechtliche Betreuerin angestellt war: „Wir haben, was die Veräußerung anbetrifft, das so gemacht, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist“. Damit ist dann die Sache abgehakt. Auf eine Stellungnahme zur Frage, warum nicht auf den Wunsch von Christa L. eingegangen wurde, wieder in eine eigene Wohnung zu ziehen, wartet man vergeblich. Warum auch Stellung nehmen? Das Gericht hat doch alles abgesegnet, was die Betreuerin veranlasst hat. Dass die Betreuerin genauso gut einen anderen Weg hätte einschlagen können, indem sie die Rückkehr in die Wohnung eben nicht von vorneherein ausgeschlossen hätte, wird geflissentlich gar nicht erwähnt.

Für eine objektive Beurteilung muss man natürlich auch die andere Seite hören, denn man weiß ja nicht, wie schwerwiegend Christa Ls psychische und physische Beinträchtigungen nach dem Zusammenbruch waren und und wie lange diese andauerten. War es tatsächlich so schlimm, dass man die Pflege nur stationär und nicht durch intensive ambulante Pflege geleistet werden konnte? Gab es wirklich keine Ersparnisse, mit denen die Wohnungsmiete hätte weiter gezahlt werden können? Das Sozialamt ist normalerweise verpflichtet, im Falle der Option einer Rückkehr in die eigene Häuslichkeit die Miete für einen gewissen Zeitraum zu übernehmen. Dies muss allerdings von der Betreuerin beantragt und durchgefochten werden.

Wenn eine Rückkehr in die Wohnung aus medizinischer Sicht tatsächlich auf keinen Fall zu verantworten gewesen wäre und wenn tatsächlich keine Ersparnisse vorhanden waren und außerdem das Sozialamt eine Kostenübernahme abgelehnt hat, dann – aber wirklich nur dann! – hatte die rechtliche Betreuerin kaum Alternativen zur Wohnungsauflösung gehabt. Aber um dies zu beurteilen, hätte die Betreuerin sich an dieser Diskussion beteiligen müssen, was jedoch bezeichnenderweise leider nicht der Fall war. Während es in ähnlichen Fällen, in denen es um Vorwürfe geht gegenüber Krankenhäusern, Behördenmitarbeitern oder auch Einrichtungen wie Heime oder Beratungsstellen, eine Selbstverständlichkeit ist, dass jemand Verantwortung übernimmt und sich öffentlich zu den erhobenen Vorwürfen äußert, drücken sich Betreuer grundsätzlich davor, Verantwortung zu übernehmen.

Demokratie sieht anders aus.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 10. November 2018, 16:06h

Endlich spricht es jemand aus: das Konzept der Berufsbetreuung ist gescheitert!

behrens

Ich hätte nicht gedacht, dass es tatsächlich doch einmal jemand so direkt und unumwunden ausspricht: das Konzept des Berufsbetreuers ist gescheitert! Diese Aussage stammt nicht von einem Betreuten oder einem Angehörigen, sondern von jemand aus der Leitung des für Betreuungen zuständigen Fachamtes. Die Tatsache, dass es sich bei dieser Aussage nicht um ein offizielles Statement handelt, sondern um eine intern geäußerte Ansicht, verhindert zwar eine öffentliche Diskussion, aber ändert nichts am Wahrheitsgehalt.

Es ist eine sehr drastische Aussage – sogar noch ein wenig drastischer als ich selbst es formulieren würde. Ich würde es nicht als ein gescheitertes Konzept, sondern als ein falsches bezeichnen. Falsch deswegen, weil eine Tätigkeit, die enorme Machtbefugnisse und eine immense Entscheidungsgewalt über höchst existentielle Lebensbereiche beinhaltet, nicht auf der Grundlage von Freiberuflichkeit ausgeübt werden darf. Von einem gescheiterten Konzept würde ich sprechen, wenn dies ausnahmslos auf jeden Berufsbetreuer zutreffen würde. Aber vielleicht liegt der kleine Unterschied auch darin begründet, dass ich jetzt ja schon eine Weile raus bin aus dem Metier und erst vor kurzem von der beunruhigenden Tendenz vieler Betreuer erfahren habe, die Übernahme schwieriger Betreuungen wegen des höheren Zeitaufwands einfach abzulehnen.In der Tat stellt diese Haltung ein erhebliches gesellschaftliches Problem dar.

Auch wenn Berufsbetreuer immer wieder das Gegenteil behaupten – eine auf Grundlage der Freiberuflichkeit ausgeübte Tätigkeit lässt sich niemals ausreichend kontrollieren! Das Prinzip der Gewinnmaximierung darf bei dieser Tätigkeit nicht ausschlaggebend sein und wer diesen Beruf ausüben möchte, muss einen Status als Angestellter mit einem vorab festgelegtem Gehalt akzeptieren, bei dem er einer Fachaufsicht direkt vor Ort untersteht. Es reicht nicht aus, dass ein überlasteter Rechtspfleger die Rechnungsbelege auf ihre Richtigkeit prüft und ein Betreuungsrichter die beantragten Beschlüsse genehmigen muss. Hier kann einzig und allein ein direkter Vorgesetzter der Komplexität des Einzelfalls gerecht werden.

Der geeignete Rahmen, in dem rechtliche Betreuungen angesiedelt werden sollten, ist der Bereich freier Träger (z.B. Diakonie, AWO, etc.) oder die Trägerschaft durch eine Behörde. Dieses Prinzip hat sich in ähnlichen Bereichen konkurrenzlos bewährt, wie z.B. im Jugendamt bei der Führung von Vormundschaften oder Beistandschaften, bei der Bewährungshilfe, in der Psychosozialen Betreuung oder in der Familienhilfe. Niemand käme hier auf die Idee, diese verantwortungsvollen Tätigkeiten einem Freiberuflicher zu übertragen. Und die vorab erwähnte Tendenz, schwierige Betreuungen gar nicht erst anzunehmen, wäre gar nicht möglich, weil dies dem klar definiertem Arbeitsauftrag widersprechen würde, niemanden aufgrund der mit der Betreuung verbundenen Schwierigkeiten abzulehnen. Hier bildet niemals Zeitersparnis das ausschlaggebende Kriterium, sondern selbstverständlich die gesellschaftliche Notwendigkeit.

Auch wenn dies allein noch kein Garant für Qualität ist, so wird hierdurch zumindest eines sichergestellt: ein Fixgehalt wird grundsätzlich all diejenigen abschrecken, deren vorrangiges Ziel Gewinnmaximierung ist. Dadurch hält man Immobilien- und Versicherungsmakler fern, die ihre Tätigkeit für lukrative Insichgeschäfte missbrauchen und auch diejenigen Anwälte würden sich zurückhalten, die Betreuungen vorrangig deswegen führen, um eine sichere Ressource für Mandate (deren Erforderlichkeit oftmals zweifelhaft ist) zu haben. An dieser Stelle sei betont, dass dies natürlich nicht bei jedem Anwalt der Fall ist.

Ein weiteres entscheidendes Argument für die Einbindung der Betreuungstätigkeit in freie oder behördliche Trägerschaft ist der Stellenwert des Bezugs zur Sozialpolitik. Obwohl Betreuer täglich mit Hartz IV, Pflegenotstand, Überschuldung, Wohnungsnot etc. zu tun haben, findet man sie grundsätzlich weder in den betreffenden Arbeitsgruppen noch in Initiativen oder sonstigen Gremien. Die Begründung hierfür lautet immer gleich: „Das bezahlt mir ja keiner“. Von allen Berufsbetreuern unseres Bezirks war ich beispielsweise die einzige, die an der bezirklichen Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft teilnahm und all meine Versuche, eine regionale Betreuergruppe aufzubauen, stießen auf völliges Desinteresse. Würde die Betreuertätigkeit nicht mehr auf Basis der Freiberuflichkeit, sondern auf der Basis von Anstellung bei entsprechenden Trägern stattfinden, so wäre dieses Desinteresse an Sozialpolitik unvorstellbar, denn eben dieses Interesse bildet die Grundvoraussetzung für Menschen, die sich für die Berufswahl der Sozialen Arbeit entschieden haben.

Last-not-least – der Wechsel des Konzepts der rechtlichen Betreuung von der Freiberuflichkeit hin zur Einbindung in freie oder behördliche Trägerschaft würde auch zwangsläufig den längst überfälligen Abschied vom Typus des Alphamännchens bedeuten. Ein Betreuer, dessen Demokratieverständnis dem von Ludwig XIV gleicht (oder eine Betreuerin , deren Führungsstil beunruhigend an Erdogan erinnert…) würden nach maximal drei Wochen eine Kündigung wegen Ungeeignetheit erhalten. Und die Gesellschaft wäre endlich befreit von BetreuerInnen, die ihr Betreuungsbüro nach Art eines Kasernenhofs führen und damit nicht nur ihre Betreuten, sondern auch alle anderen Involvierten zu Befehlsempfängern degradieren.

Also liebes Fachamt: lasst der Erkenntnis Taten folgen!

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 7. November 2017, 13:42h

Auf der anderen Seite – Zusammenarbeit rechtlicher Betreuer mit sozialen Einrichtungen

behrens

Obwohl ich nun seit mittlerweile vier Jahren keine rechtlichen Betreuungen mehr führe, habe ich dennoch immer wieder mit rechtlichen Betreuern zu tun, denn einige meiner Klienten und auch die meiner Kollegen stehen unter rechtlicher Betreuung.

Um es gleich vorab zu sagen – es gibt nicht nur negative Erfahrungen. Da wäre zum Beispiel Betreuerin Frau S., die von sich aus den Wunsch geäußert hat, mehrmals jährlich Gespräche gemeinsam mit ihrem Betreuten und mir zu führen. Frau S. geht auf die Wünsche unseres gemeinsamen Klienten ein, obwohl dies für sie oftmals mit Mehrarbeit verbunden ist. Frau S. ist Rechtsanwältin und in Anbetracht der Diskussion darüber, ob Rechtsanwälte als rechtliche Betreuer geeignet sind, macht Frau S. deutlich, dass dies durchaus möglich ist.

Oder da wäre Betreuerin Frau B. die sich ebenfalls dadurch auszeichnet, dass sie auf die individuellen Wünsche unserer gemeinsamen Klientin akzeptiert, wenngleich dies nicht immer einfach ist. Auch Frau B. zeichnet sich durch den Wunsch nach Austausch aus.

Auf der anderen Seite gibt es nicht wenige Betreuer, die sich durch ausgesprochene Nichttätigkeit auszeichnen. So kam es beispielsweise bei einem Klienten zu erheblichen Mietschulden mit der Konsequenz des drohenden Wohnungsverlusts, weil eine rechtliche Betreuerin die Kontrolle der regelmäßigen Abbuchung der Miete versäumte und dadurch nicht bemerkte, dass der Betreute schon mehrere Monate eigenmächtig die Mietzahlung gekürzt hatte. Hierbei sei erwähnt, dass die betreffende Betreuerin nicht nur die Vermögenssorge, sondern auch einen Einwilligungsvorbehalt(!) hatte, also somit unbedingt zur Kontrolle des Zahlungsverkehrs verpflichtet war. Als es dann zum drohenden Wohnungsverlust kam, argumentierte die Betreuerin allen Ernstes damit, wie schwierig es sei, sich ausreichend zu kümmern, da ihr Büro von der Wohnung des Betreuten zu weit entfernt sei. Eine merkwürdigere Begründung ist kaum möglich, denn der Zahlungsverkehr wird in der Regel übers Online Banking getätigt oder aber durch Zusendung der Kontoauszüge. Davon abgesehen, betrug die besagte Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln weniger als zwanzig Minuten, ich selbst habe eine Zeitlang diese Strecke als täglichen Arbeitsweg zurückgelegt.

Auch Herr Ö. gehört zu den Betreuern, die grundsätzlich nicht auf Anrufe oder Schreiben reagieren. Mir war Herr Ö. schon während meiner Zeit als rechtliche Betreuerin bekannt, da Mitarbeiter sozialpsychiatrischer Einrichtungen sich auch darüber beklagten, dass Herr Ö. den Kontakt zu ambulanten Betreuern grundsätzlich als überflüssig erachtet. In meinem Fall ließ sich Herr Ö. erst dann zu einem Rückruf herab, als ich ihn über die dringend erforderliche zahnärztliche Notbehandlung seiner Betreuten informierte, die der Zahnarzt ohne Rückmeldung des Betreuers nicht durchführen wollte.

Herr Ö. ist ein Beispiel dafür, dass Tätigkeiten, die eindeutig in den Aufgabenbereich des rechtlichen Betreuers fallen, gern auf andere abgewälzt werden. Zum rechtlichen Aufgabenbereich gehören im Falle der Vertretung gegenüber Behörden selbstverständlich auch Antragstellungen beim Sozialamt. Zwar hat der Betreute selbst durchaus auch die Möglichkeit der Antragstellung, aber nicht jeder Behördenmitarbeiter will den rechtlichen Betreuer übergehen und so kann sich die Bearbeitung sehr stockend gestalten, da der weitere Schriftverkehr grundsätzlich über den Betreuer läuft, so dass der Betreute selbst gar nicht über die Bewilligung oder die Erfordernis weiterer Unterlagen informiert wird. Gibt der Betreuer diese Information weiter, wäre das nicht hinderlich, aber Herr Ö. sah hierfür keine Veranlassung, so dass es wochenlang unklar war, ob Geld für eine Renovierung bewilligt wurde oder nicht.

Manchmal treffe ich in meiner jetzigen Arbeit auch auf „alte Bekannte“ aus meinem früheren Kollegenkreis. Gemeinsam mit einer Kollegin biete ich regelmäßig Sozialberatung an und im Rahmen der Beratung suchte uns eine unter Betreuung stehende Klientin auf, bei der es aufgrund fehlender Mitteilungen an das Sozialamt zu nicht gerechtfertigten Leistungskürzungen kam. Beim Telefonat mit der zuständigen Mitarbeiterin stellte sich dann heraus, dass die rechtliche Betreuerin Frau K. es mehrmals versäumt hatte, die Abrechnungen der Versorgungsunternehmen einzureichen, wodurch es zum einen zu Mahnungen und zum anderen zu einem zu geringen Leistungssatz kam. Da die Betreuerin außerdem nicht auf die Schreiben des Sozialamtes reagierte, war die Klärung der Angelegenheit äußerst schwierig. Frau K. ist für ihre ausgesprochen hohe Fallzahl bekannt und hierbei wird deutlich, dass hohe Fallzahlen nicht nur Auswirkungen auf die Qualität der Betreuung haben, sondern oftmals auch nur deswegen möglich sind, weil Aufgaben, die definitiv in den Tätigkeitsbereich der rechtlichen Betreuer fallen, auf soziale Einrichtungen oder andere Dritte abgewälzt werden. Selbstverständlich ist eine soziale Beratungsstelle dafür zuständig, bei Problemen mit dem Sozialamt zu helfen. Fragwürdig ist dabei jedoch, ob eine Soziale Beratungsstelle für die Regelung der Versäumnisse eines rechtlichen Betreuers zuständig ist.

Diese Thematik erinnert mich an eine Veranstaltung de Landesverbandes der Angehörigen von psychisch Kranken, in der es um die Zusammenarbeit mit rechtlichen Betreuern ging. Hierbei kam unter anderem eine Mitarbeiterin zu Wort, die ehrenamtlich im Besuchsdienst arbeitete und die von einem rechtlichen Betreuer erzählte, der gern die Möglichkeit nutzte, sich von ihr im Auto zur Wohnung des Betreuten chauffieren zu lassen, aber ansonsten jede Reaktion auf ihre Anliegen verweigerte. Dass dies bei weitem kein Einzelfall ist, wird an den Schilderungen einer ehemaligen Mitarbeiterin der Betreuungsstelle deutlich, die nach der Berentung für einige Zeit Besuchsdienste für den rechtlichen Betreuer Herrn M.* machte. Sie beschrieb, dass sie zunehmend für Tätigkeiten eingespannt wurde, die nichts mehr mit dem eigentlichen Besuchsdienst zu tun haben, sondern eindeutig zum Aufgabenfeld der rechtlichen Betreuung gehören. Die Betreffende weiß mit Sicherheit wovon sie spricht, denn nach ihre Tätigkeit als Amtsvormund war sie jahrelang selbst als rechtliche Betreuerin in der Behörde tätig!

Zieht man ein Resümee aus den Erfahrungen ehrenamtlich Tätiger, bzw. Mitarbeitern aus Sozialen Einrichtungen aus der Zusammenarbeit mit rechtlichen Betreuern, dann ergibt sich kein einheitliches Bild, sondern es gibt sowohl positive als auch negative Erfahrungen. Für Menschen, die sich darüber Gedanken machen, wie man sich eine rechtliche Betreuung für sich selbst oder für die eigenen Angehörigen wünscht (dazu gehöre ich), wäre es wünschenswert, wenn man sich vorab Informationen über Betreuer beschaffen könnte. Aber bis jetzt gibt es keine andere Möglichkeit, als sich eine eventuell vorhandene Website anzusehen. Und hier kann ich aus Erfahrung eine ziemlich sicheres Kriterium nennen: je einfacher eine Website gestaltet ist, je weniger Hinweise auf vermeintliche Qualifikationen und vor allem je weniger jemand sich selbst positive Attribute verleiht, desto größer die Chance an einen Betreuer zu geraten, der weiß, dass kollegiale Zusammenarbeit und Selbstkritik für die Qualität der Betreuungsarbeit unverzichtbar ist.

*übrigens auch ein “alter Bekannter“

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 1. April 2017, 12:58h

Eine Mauer mitten durchs Büro – (k)ein Aprilscherz?

behrens

„Wenn zwei Geizige sich paaren,
mög‘ die anderen Gott bewahren.
Knausern beide im Verein,
wird es unerträglich sein“.
Otto Julius Bierbaum (1865-1910)

Manchmal höre ich Dinge von meinen früheren Betreuerkollegen, bei denen ich mir nie so ganz sicher bin, ob es ernst gemeint ist oder es sich um einen Scherz handelt. So passt dieser Beitrag auch bestens zum 1. April. Es geht um zwei in Bürogemeinschaft arbeitende Betreuerinnen, die sich dazu entschlossen, quer durch ihr Büro eine Wand mauern zu lassen. Was könnte wohl ein Grund für so eine merkwürdige Entscheidung sein? Vielleicht die Wahrung des Datenschutzes, weil durch die Anwesenheit eines weiteren Kollegen die Vertraulichkeit von Gesprächen mit den Betreuten nicht möglich ist? Nein, dies nehmen viele Betreuer gar nicht als Problem wahr. Oder war es vielleicht das Bedürfnis, mehr Ruhe beim Arbeiten zu haben? Auch das trifft nicht zu, denn dann hätten sich die betreffenden Betreuerinnen wohl kaum ganz bewusst für ein gemeinsames Büro entschieden.

Nein, der Grund war ein völlig anderer. Es ging um einen Streit über die Stromrechnung, die wie allgemein üblich durch die Anzahl der Büropartner geteilt wurde. Irgendwann jedoch wurde einer der beiden Betreuerinnen bewusst, dass der gemeinsame Kühlschrank von ihr gar nicht genutzt wurde, woraufhin sie sich dann weigerte, weiterhin ihren hälftigen Anteil zu zahlen, da sie sich finanziell unangemessen benachteiligt fühlte.

Was hat dies nun mit der besagten Mauer zu tun, die daraufhin quer durchs Büro gezogen wurde? Die Mauer wurde erstaunlicherweise von den Betreuerinnen als einziger Ausweg angesehen, um dieses von beiden als äußerst schwerwiegend empfundene Problem eines einstelligen Eurobetrags aus der Welt zu schaffen. Weder kam es infrage, weiterhin die Abschlagssumme gemeinsam zu tragen, noch kam es infrage, die Summe um einige Euro zu reduzieren – nur der Bau einer Mauer ermöglichte die weitere Nutzung des Büros.

Die ganze Begebenheit an sich ist an Absurdität und Lächerlichkeit kaum zu überbieten, aber zieht man in Betracht, dass beide Betreuerinnen einen Beruf ausüben, der sich oftmals sehr konfliktreich gestaltet und zu dessen Aufgaben infolgedessen auch die Findung konstruktiver Kompromisse gehört, dann bekommt man unweigerlich Mitleid mit den von ihnen abhängigen Betreuten. Wer schon im Falle einer lächerlichen Lappalie völlig unfähig ist, einen angemessenen Kompromiss einzugehen, der wird natürlich erst recht außerstande sein, wenn es sich um schwerwiegendere Sachverhalte handelt, vor allem wenn dazu auch meist gar keine Notwendigkeit besteht, weil Betreute oftmals gar nicht in der Lage ist, sich angemessen für ihre Anliegen einzusetzen. Und wer sich nicht entblödet, aus einem lächerlich geringen Betrag ein derartiges Drama zu machen, der wird auch in seiner Arbeit jede Entscheidung einzig und allein nach monetären Kriterien fällen. Hier treffen gleich zwei äußerst unangenehme menschliche Eigenschaften aufeinander: extremer Geiz und ebenso extreme Rechthaberei.

Übrigens verstanden sich die beiden Betreuerinnen anfangs ausgesprochen gut. Ganz nach dem Motto – niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen. Aber bei Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf und im Falle mancher Betreuer ist dies sogar dann der Fall, wenn es sich lediglich um ein paar lausige Euros handelt.

... link (3 Kommentare)   ... comment


Montag, 6. März 2017, 21:58h

Im Rechtsstreit mit kriminellen Betreuern – manchmal erfolgreich.

behrens

Vor einiger Zeit habe ich hier zwei sehr unschöne Vorfälle beschrieben, in denen es um Betrug ging. Bei dem ersten Fall handelt es sich um den ehemaligen Geschäftsführer eines Betreuungsvereins, der die vermögenswirksamen Beiträge seiner Mitarbeiter nicht wie vorgeschrieben an die betreffenden Institutionen abführte, sondern in die eigene Tasche steckte und außerdem auch die fälligen Löhne mit zum Teil monatelanger Verspätung zahlte. Bei dem zweiten Fall handelt es sich um einen Betreuer, der einem Handwerker den für die geleistete Arbeit angefallenen Lohn verweigerte und damit drohte, den Betreffenden, bei anderen Betreuern zu diffamieren, falls er nicht nachgeben würde.

Im ersten Fall gelang es dem geschädigten Mitarbeiter mit anwaltlicher Hilfe einen gerichtlichen Beschluss zur Kontopfändung zu erhalten. Die erste Pfändung ergab zwar nur einen Betrag von 8,00 €, aber mittlerweile konnten auch höhere Beträge gepfändet werden, so dass gute Chancen bestehen, den finanziellen Schaden irgendwann voll erstattet zu bekommen.

Im zweiten Fall kam es nach Ergehen eines gerichtlichen Mahnbescheides zum gerichtlichen Klageverfahren. Zwar hat der um seinen Lohn geprellte Handwerker nicht seine volle Forderung erhalten, aber es kam zumindest zu einem Vergleich mit der Auflage zur Zahlung der Hälfte des gezahlten Lohns. Wir erwartet lief das Klageverfahren sehr unschön ab, der betreffende Betreuer bestritt die Rechtmäßigkeit des Lohns ab und schreckte dabei auch nicht vor haarsträubenden Lügen zurück, allerdings kam er damit bei der zuständigen Richterin nicht durch.

Ich muss gestehen, dass ich im zweiten Fall nicht mit so einem positiven Ausgang gerechnet hätte. Der besagte Betreuer ist bekannt dafür, seinen Willen mit allen Mitteln durchzusetzen und dabei auch vor äußerst fragwürdigen, teilweise sogar kriminellen Methoden nicht zurückzuschrecken. Eine ehemalige Kollegin beschrieb den Betreuer einmal als jemanden, vor dem die Menschen Angst hätten und ein Kollege ergänzte, dass dies sogar auf einige Rechtspfleger zutrifft. Wenn jemand sogar in einem Gericht gefürchtet wird, stellt das kaum eine gute Voraussetzung für ein erfolgreiches Gerichtsverfahren dar.

Unter den geschilderten Umständen muss man über das Ergebnis froh sein. Aber dennoch sollte man dabei nicht außer Acht lassen, dass die Durchsetzung seiner Rechte erst im Rahmen eines Rechtsstreits möglich war. Der wiederum ist meist nur dann erfolgsversprechend, wenn anwaltliche Unterstützung vorhanden ist. Im ersten Fall stellte dies kein Problem dar, weil der geschädigte Mitarbeiter eine Rechtsschutzversicherung besaß, was jedoch im zweiten Fall nicht zutraf. Zwar kann sowohl ein Mahnbescheid als auch eine Klage grundsätzlich auch ohne Anwalt eingereicht werden, aber zum einen wissen das nur sehr wenige Menschen und zum anderen stellt dies für jemanden ohne Erfahrung in rechtlichen Dingen mit Sicherheit eine Überforderung dar, so dass sich dies auch kaum jemand zutraut. Dass es trotzdem zumindest zu einem Vergleich kam, lag hauptsächlich daran, dass der betreffende Handwerker von privater Seite juristische Unterstützung bei dem Verfahren erhielt. Dieses Glück haben die meisten Menschen jedoch nicht und ein derartiger Rechtsstreit würde somit im Normalfall für den Betreuer und nicht für den Geschädigten erfolgreich ausgehen.

Überträgt man diese Erkenntnis auf die Situation von rechtlich Betreuten, dann wird deutlich, dass das Rechtsmittel der Beschwerde gegen einen Betreuer zwar ein Instrumentarium im Sinne der Rechte von Betreuten darstellt, de facto kann dieses Rechtmittel jedoch durch die ungleichen Voraussetzungen kaum das halten, was es verspricht. Dies trifft umso mehr zu, da eine Betreuung dem Grundsatz nach nur dann eingerichtet wird, wenn der Betreute selbst nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten eigenständig ausreichend zu regeln.

Bei dieser Thematik fällt mir wieder die Argumentation einer früheren Kollegin ein, die über meine offen geäußerte Kritik an der zweifelhaften Arbeitspraxis einiger Betreuer sehr erbost war und dabei gebetsmühlenartig immer wieder betonte „die Betreuten können sich ja schließlich beschweren“. Die beiden hier beschriebenen Fälle machen mehr als deutlich, wie realitätsfremd und blauäugig diese Einschätzung ist.

Trotzdem oder gerade deswegen weiß ich es umso mehr zu schätzen, wenn zumindest in diesen zwei Fällen der Kampf gegen kriminelle Betreuer doch einmal von Erfolg gekrönt ist!

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 28. Oktober 2016, 01:17h

Auch das gibt es – ein Betreuer, der wegen eines Betreuten seinen Urlaub verschiebt

behrens

Zu einer der traumatischsten Situationen, die man erleben kann, gehört sicherlich der Verlust der eigenen Wohnung. Auch ein rechtlicher Betreuer kann so eine Situation nicht immer verhindern, denn nicht selten ist bei Übernahme der Betreuung schon so viel schiefgelaufen und so viel versäumt worden, dass es keine Rechtsmittel mehr gibt, die eine Räumung verhindern können. Erschwert wird dies dann noch dadurch, dass der vom drohenden Wohnungsverlust Betroffene nicht bereit ist, dieser Tatsache ins Auge zu sehen und dadurch die Vorbereitung erforderlicher Alternativmöglichkeiten verhindert.

Diese Situation erlebt hat vor kurzem ein früherer Kollege, der eine pflegebedürftige alte Frau betreut, bei der sich aus verschiedenen Gründen so hohe Mietschulden angehäuft hatten, dass auch die Einlegung sämtlicher möglichen Rechtsmittel nichts mehr an einer gerichtlich anberaumten Zwangsräumung ändern konnte. Die alte Dame reagierte mit Verdrängung der Realität und sah dem definitiv festgesetzten Räumungstermin in der Überzeugung entgegen, es würde letztendlich doch nicht dazu kommen. Sie stimmte zwar der Vereinbarung eines stationären Aufenthalts zum betreffenden Zeitpunkt zu, aber ging dennoch fest davon aus, dass ihr ihre Wohnung nach wie vor bei der Rückkehr weiterhin zur Verfügung stehen würde.

Der vom Gericht anberaumte Räumungstermin fiel unglücklicherweise genau in den Zeitraum des geplanten Urlaubs meines Kollegen und konnte nicht mehr verschoben werden. Was also tun? Die alte Dame in der katastrophalen Situation ohne Beistand lassen und außerdem einem eventuellem Handlungsbedarf aufgrund der Ortsabwesenheit nicht nachkommen können? Mein Kollege entschied sich anders und verschob seinen mit der Familie geplanten Urlaub.

Als er mir davon erzählte, schwankte meine Reaktion zwischen Anerkennung für sein großes Engagement und Bedenken, dass es ein viel zu großes Opfer darstellt, auf einen mit dem Partner geplanten gemeinsamen Urlaub zu verzichten. Mir fielen dabei frühere Situationen aus der Zeit meiner Tätigkeit als rechtliche Betreuerin ein, in denen Angehörige oder Betreute ihre Empörung darüber äußerten, dass ich „einfach so“ in Urlaub fuhr, obwohl ich mich während dieser Zeit dann nicht um ihre Probleme kümmern konnte. Mir fiel außerdem auch ein Gespräch mit dem früheren Leiter der Landesbetreuungsstelle ein, der mir auf meine Frage, was ihn zur Aufgabe seiner Betreuertätigkeit bewegte, antwortete: „Als Betreuer konnte ich eigentlich kein einziges Mal mit wirklich ruhigem Gewissen in Urlaub fahren.

Ich kenne so manchen Betreuer, der jetzt sofort einwenden würde, alles sei nur eine Sache der Organisation. Wäre ich nicht selbst Betreuerin gewesen, dann würde ich dies vielleicht auch glauben. Aber es gibt sogenannte hoheitliche Maßnahmen, die definitiv nicht delegiert werden können, es sei denn, es wird ein Betreuer zur Vertretung bestellt, wozu das Gericht jedoch wegen des hohen administrativen Aufwands nur ungern bereit ist. Situationen wie Wohnungsräumungen, erforderliche geschlossene Unterbringungen (Zwangseinweisungen), Kontopfändungen aufgrund derer jemand plötzlich ohne Geld dasteht und nicht zuletzt gravierende und lebensbedrohliche Verschlechterungen des Gesundheitszustandes mit der Erfordernis umgehender Entscheidungen richten sich nicht nach dem Terminkalender des Betreuers.

Wie ein Betreuer mit diesen Anforderungen umgeht, ist nicht allein davon abhängig, ob er über kaufmännisches Organisationstalent verfügt, sondern wie wichtig ihm das Wohl des Betreuten ist. Beispielsweise wird jemand wie mein früherer Chef, der auf die Ablehnung einer dringend erforderlichen Kostenzusage nur mit dem lapidaren Kommentar „Ist eben Pech“ reagiert ohne sich um Alternativmöglichkeiten zu kümmern, auch kein Problem dabei haben, wenn ein alter Mensch einer Zwangsräumung ohne jeglichen Beistand ausgeliefert ist, denn auch das ist für ihn einfach nur „eben Pech.“

Als ich noch rechtliche Betreuerin war, hatte ich Überlegungen angestellt, was für Möglichkeiten geschaffen werden müssten, damit in Abwesenheitszeiten auch akute Notsituationen ausreichend und für alle Beteiligten angemessen vertreten werden können. In Bürogemeinschaften ist dies sicherlich in mancher Hinsicht einfacher, aber es gibt nun mal auch Betreuer, die allein arbeiten. Und auch in Bürogemeinschaften besteht das Problem der hoheitlichen Maßnahmen, die an die Person des Betreuers gebunden sind. Wie dem auch sei – es gab niemanden im Kollegenkreis, der Lust hatte, sich zu diesem Thema Gedanken zu machen.

Jetzt ist der Beitrag doch wieder länger geworden als geplant. Eigentlich wollte ich gar nicht so sehr auf die Probleme hinweisen, die sich für Betreuer durch unvorhergesehene schwerwiegende Ereignisse ergeben, wenn diese in den geplanten Urlaub fallen. Nein, eigentlich wollte ich etwas ganz anderes – nämlich darauf hinweisen, dass es doch auch immer wieder Menschen gibt, denen das Schicksal anderer Menschen nicht gleichgültig ist und die über ein hohes Maß an Verantwortungsgefühl verfügen. Vielleicht gelingt es ja irgendwann einmal, Bedingungen zu schaffen, unter denen solche Menschen ihre verantwortungsbewusste und engagierte Arbeit leisten können, ohne dabei auf den wohlverdienten Urlaub verzichten zu müssen.

... link (6 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 4. August 2016, 22:42h

Möchten Sie von so jemand betreut werden?

behrens

"Das Schicksal aber gibt den Frechen mehr als den Fleißigen."
Stefan Zweig(1881-1942)

Was würde man empfinden, wenn man eine Arbeit auftragsgemäß für jemanden geleistet hat, der dann die Zahlung des zugesagten Lohns verweigert und dies damit begründet, dass man einen anderen, von den bisherigen Arbeiten unabhängigen Auftrag, nicht ausführen kann? Und wie würde man sich fühlen, wenn der Betreffende zusätzlich noch allen Ernstes mit Denunziation bei anderen Auftraggebern droht, indem er dort das Gerücht verbreiten will, man würde schlechte Arbeiten abliefern?

Mit Sicherheit würde sich die Meisten erpresst und genötigt fühlen, denn selbstverständlich besteht sowohl ein Recht auf Entlohnung geleisteter Arbeit als auch auf die freie Entscheidung darüber, welche Aufträge man ausführt und welche nicht. Pech allerdings, wenn man dabei an jemandem gerät, dem diese bestehende Rechtslage völlig gleichgültig ist. Wer jetzt mutmaßt, bei diesem Fall handle es sich vielleicht um jemanden aus dem Rotlichtmilieu oder aus der Kleinkriminalität, liegt falsch. Nein, es handelt sich um einen gesetzlichen Betreuer, also um jemanden, der im Rahmen eines vom Amtsgericht erteilten Auftrags tätig wird. Und somit um jemanden, dem hilfsbedürftige und kranke Menschen anvertraut sind, die sich sehr viel weniger wehren können, als dies bei einem um seinen Lohn betrogenen Handwerker der Fall ist.

Vielleicht ist der ein- oder andere geneigt, eine finanzielle Notlage zu vermuten, um damit ein derart antisoziales Verhalten zumindest ansatzweise erklärbar zu machen. Mit dieser Vermutung liegt man jedoch völlig falsch, denn es handelt sich bei weitem nicht um jemand in finanzieller Not, sondern im Gegenteil um jemanden, der während seiner langjährigen Betreuungstätigkeit (vor allem in den Zeiten der freien Rechnungsstellung) so viel und so gut verdient hat, dass er inzwischen etliche Immobilien sein eigen nennt und „nur noch“ eine kleine Zahl rechtlicher Betreuungen führt. Jemand, mit dem leider auch ich wenig erfreuliche Erfahrungen gemacht habe, von denen ich einige hier auch schon geschildert habe.

Was geht eigentlich in jemanden vor, für den es unerträglich ist, wenn nicht jeder dessen Ordern widerspruchslos Folge leistet? Was spielt sich im Gehirn eines Menschen ab, der keine Skrupel hat, einen Handwerker mit der Androhung der Zerstörung seiner beruflichen Existenz unter Druck zu setzen? Wie krank ist das Denken von jemand, der ungeachtet der Tatsache des Besitzes diverser Immobilen und damit verbunden zahlreichen Mieteinnahmen einen Handwerker um seinen wohlverdienten(im Übrigen nicht gerade hohen) Lohn prellt?

Bei diesen Fragen kann ich mir eine kleine Randbemerkung nicht verkneifen: betreffender Betreuer hat vor einigen Jahren – nicht ohne Stolz – in unserem damaligen Betreuerkreis* den bemerkenswerten Ausspruch gemacht, dass er Anfang der 80er Jahre angesichts der herrschenden Ungerechtigkeit „kurz davor stand, sich eine Waffe zu nehmen und der RAF beizutreten.“ Bei so einer Aussage kommt man unweigerlich ins Nachsinnen darüber, was denn um Himmelswillen passiert sein muss, das die Kehrtwende der Entwicklung vom Kämpfer gegen Staat und Kapital zum Immobilienaufkäufer und rechtlichen Betreuer bewirkt hat, dem es sichtlich Freude bereitet, einen Handwerker um sein sauer verdientes Geld zu prellen.

Wie immer stehe ich jedoch vermutlich mit meiner Empörung allein dar, denn bei ähnlichen Vorkommnissen (derer es leider nachweislich mehr als genug gibt…) lautet der Kommentar anderer Betreuer leider immer gleich:

- Finde ich auch nicht gut, aber jeder muss selber wissen, wie er arbeitet.
- Wo ist das Problem? Der Betreffende hat doch schließlich die Möglichkeit sich zu beschweren.
- Betrogen wird in jedem anderen Bereich doch auch, warum soll dies im Bereich rechtlicher Betreuung schlimmer sein?
- Was hat das Betrügen eines Handwerkers um seinen Lohn mit der Führung von Betreuungen zu tun?


Der Kommentar der wenigen früheren Kollegen, die sich ab und zu meinen Blog ansehen, wird höchstwahrscheinlich auch wie immer lauten:

Es ist schlimm, dass so etwas öffentlich beschrieben wird, dadurch wird unser guter Ruf zerstört und wir sollten schließlich alles tun, um in der Öffentlichkeit ein positives Bild abzugeben.

Aber was immer auch an denkwürdigen Statements abgegeben würde – die Frage ob man selbst von so jemand betreut werden möchte, würde selbstverständlich niemand ernsthaft mit „Ja“ beantworten.
*(1)

... link (5 Kommentare)   ... comment