Donnerstag, 4. August 2016, 22:42h

Möchten Sie von so jemand betreut werden?

behrens

"Das Schicksal aber gibt den Frechen mehr als den Fleißigen."
Stefan Zweig(1881-1942)

Was würde man empfinden, wenn man eine Arbeit auftragsgemäß für jemanden geleistet hat, der dann die Zahlung des zugesagten Lohns verweigert und dies damit begründet, dass man einen anderen, von den bisherigen Arbeiten unabhängigen Auftrag, nicht ausführen kann? Und wie würde man sich fühlen, wenn der Betreffende zusätzlich noch allen Ernstes mit Denunziation bei anderen Auftraggebern droht, indem er dort das Gerücht verbreiten will, man würde schlechte Arbeiten abliefern?

Mit Sicherheit würde sich die Meisten erpresst und genötigt fühlen, denn selbstverständlich besteht sowohl ein Recht auf Entlohnung geleisteter Arbeit als auch auf die freie Entscheidung darüber, welche Aufträge man ausführt und welche nicht. Pech allerdings, wenn man dabei an jemandem gerät, dem diese bestehende Rechtslage völlig gleichgültig ist. Wer jetzt mutmaßt, bei diesem Fall handle es sich vielleicht um jemanden aus dem Rotlichtmilieu oder aus der Kleinkriminalität, liegt falsch. Nein, es handelt sich um einen gesetzlichen Betreuer, also um jemanden, der im Rahmen eines vom Amtsgericht erteilten Auftrags tätig wird. Und somit um jemanden, dem hilfsbedürftige und kranke Menschen anvertraut sind, die sich sehr viel weniger wehren können, als dies bei einem um seinen Lohn betrogenen Handwerker der Fall ist.

Vielleicht ist der ein- oder andere geneigt, eine finanzielle Notlage zu vermuten, um damit ein derart antisoziales Verhalten zumindest ansatzweise erklärbar zu machen. Mit dieser Vermutung liegt man jedoch völlig falsch, denn es handelt sich bei weitem nicht um jemand in finanzieller Not, sondern im Gegenteil um jemanden, der während seiner langjährigen Betreuungstätigkeit (vor allem in den Zeiten der freien Rechnungsstellung) so viel und so gut verdient hat, dass er inzwischen etliche Immobilien sein eigen nennt und „nur noch“ eine kleine Zahl rechtlicher Betreuungen führt. Jemand, mit dem leider auch ich wenig erfreuliche Erfahrungen gemacht habe, von denen ich einige hier auch schon geschildert habe.

Was geht eigentlich in jemanden vor, für den es unerträglich ist, wenn nicht jeder dessen Ordern widerspruchslos Folge leistet? Was spielt sich im Gehirn eines Menschen ab, der keine Skrupel hat, einen Handwerker mit der Androhung der Zerstörung seiner beruflichen Existenz unter Druck zu setzen? Wie krank ist das Denken von jemand, der ungeachtet der Tatsache des Besitzes diverser Immobilen und damit verbunden zahlreichen Mieteinnahmen einen Handwerker um seinen wohlverdienten(im Übrigen nicht gerade hohen) Lohn prellt?

Bei diesen Fragen kann ich mir eine kleine Randbemerkung nicht verkneifen: betreffender Betreuer hat vor einigen Jahren – nicht ohne Stolz – in unserem damaligen Betreuerkreis* den bemerkenswerten Ausspruch gemacht, dass er Anfang der 80er Jahre angesichts der herrschenden Ungerechtigkeit „kurz davor stand, sich eine Waffe zu nehmen und der RAF beizutreten.“ Bei so einer Aussage kommt man unweigerlich ins Nachsinnen darüber, was denn um Himmelswillen passiert sein muss, das die Kehrtwende der Entwicklung vom Kämpfer gegen Staat und Kapital zum Immobilienaufkäufer und rechtlichen Betreuer bewirkt hat, dem es sichtlich Freude bereitet, einen Handwerker um sein sauer verdientes Geld zu prellen.

Wie immer stehe ich jedoch vermutlich mit meiner Empörung allein dar, denn bei ähnlichen Vorkommnissen (derer es leider nachweislich mehr als genug gibt…) lautet der Kommentar anderer Betreuer leider immer gleich:

- Finde ich auch nicht gut, aber jeder muss selber wissen, wie er arbeitet.
- Wo ist das Problem? Der Betreffende hat doch schließlich die Möglichkeit sich zu beschweren.
- Betrogen wird in jedem anderen Bereich doch auch, warum soll dies im Bereich rechtlicher Betreuung schlimmer sein?
- Was hat das Betrügen eines Handwerkers um seinen Lohn mit der Führung von Betreuungen zu tun?


Der Kommentar der wenigen früheren Kollegen, die sich ab und zu meinen Blog ansehen, wird höchstwahrscheinlich auch wie immer lauten:

Es ist schlimm, dass so etwas öffentlich beschrieben wird, dadurch wird unser guter Ruf zerstört und wir sollten schließlich alles tun, um in der Öffentlichkeit ein positives Bild abzugeben.

Aber was immer auch an denkwürdigen Statements abgegeben würde – die Frage ob man selbst von so jemand betreut werden möchte, würde selbstverständlich niemand ernsthaft mit „Ja“ beantworten.
*(1)

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Vom RAF-Sympathisanten zum Erzkapitalisten, ganz schöne Kehrtwendung.

Nun, wenn so ein Mensch seine Dienstleister nur als "Bauern" ansieht, die man opfern kann, wie denkt der dann über die zu Betreuenden? Vielleicht lässt er sie leben, weil er sie "melken" kann.

Man kann nur ein positives Bild an die Öffentlichkeit geben, wenn das verdient ist. Aber immer noch soll alles unter den Teppich gekehrt werden. Dann braucht man nichts zu unternehmen, nur keine Konsequenzen, bitte. Schlechte Stellen im Apfel sollten weggeschnitten werden, sonst schadet es dem ganzen Apfel. Aber daran denkt wohl niemand. Die "guten" Dienste können ja mit positiven Darstellungen kontern, bitteschön.

Bei E-Bay ist das ganz harte Konkurrenz. Nur die zuverlässigen Verkäufer und Kunden überleben zum Schluss. Wenn jemand nicht zahlt, verkauft ihm keiner mehr was.

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In der Tat stellt sich die Frage, ob jemand, der seine Dienstleister so schäbig behandelt, sich seinen Betreuten gegenüber besser benimmt. Der schlechte Ruf, den der betreffende Betreuer hat, lässt diese Frage mit einem klaren „Nein“ beantworten.

Auf den ersten Blick mag man einen Widerspruch sehen zwischen dem für das Profitstreben charakteristischen ausgeprägt autoritärem Verhalten und der Sympathie für die RAF. Bei näherem Hinsehen erkennt man jedoch auffallende Ähnlichkeiten, denn die Struktur der RAF war streng hierarchisch und autoritär und es ging einzig und allein um Macht und nicht um die Bewirkung gesellschaftlicher Veränderungen – denn die sind niemals durch Gewalt erreichbar, sondern durch die Arbeit an Entwicklungsprozessen. Dies ist oftmals mühselig, zeitintensiv und mit vielen Rückschlägen verbunden und somit nichts für Menschen, die gewohnt sind, anderen Menschen ihren Willen aufzuzwingen. Insofern passt es eigentlich ganz gut, wenn so jemand sich eine Arbeit mit großen Machtbefugnissen sucht, in der man über Menschen bestimmen kann, die sich meist nicht mehr wehren können.

Während bei dem von Ihnen angeführten Konkurrenzsystem bei E-Bay Bewertungen öffentlich sind und dadurch unseriöses Verhalten für Dritte sichtbar wird, ist dies bei rechtlichen Betreuungen nicht der Fall, denn wer krank, behindert oder dement ist, kann sich oftmals nicht mehr beschweren. Und dadurch kommen viele Schweinereien niemals oder erst sehr spät ans Tageslicht.

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Der Gedanke mit E-Bay kam mir eigentlich mehr im Zusammenhang mit den Handwerkern. Aber auch hier ist Solidarität erforderlich, um so einen Menschen in die Schranken zu weisen. Und die fehlt meistens.

Die Betreuten sind ausgeliefert, wenn sie keiner unterstützt. Sich mehr um den Ruf der Branche zu beunruhigen anstatt über Missstände, ist das Gegenteil von Unterstützung.

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Das hatte ich auch so verstanden, aber im Grunde wäre das Prinzip der öffentlichen Bewertung nicht nur bei Ebay sinnvoll, sondern auch in anderen Bereichen, in denen man sich über die Seriösität der Arbeit informieren möchte. Einen Handwerker um seinen verdienten Lohn zu prellen ist die eine Sache, die andere ist die Frage danach, ob jemand der mit derart unseriösen Geschäftspraktiken arbeitet, überhaupt charakterlich dafür geeignet ist, als rechtlicher Betreuer zu arbeiten. Transparente Bewertungssysteme würden solchen Menschen ihre Machenschaften zumindest ein wenig schwerer machen.

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Wie wird das enden?
Die Aussicht auf Erfolg, gegen die Vorenthaltung des Lohns für erbrachte Arbeitsleistung rechtlich vorzugehen, sollte man sich nicht allzu rosig vorstellen. Sicher, wer für eine definitiv erbrachte Leistung nicht den zugesagten Lohn erhält, kann natürlich zur Durchsetzung seiner Forderung einen Mahnbescheid beim Amtsgericht beantragen, aber gegen Mahnbescheide kann auch Widerspruch eingelegt werden. Im weiteren Verfahren muss dann zwar belegt werden, warum jemand eine berechtigte Lohnforderung nicht begleichen will, aber jemand, der keine Hemmungen hat, jemandem mit der Zerstörung seiner beruflichen Existenz zu drohen, wird sich dabei wohl kaum an die Wahrheit halten. Somit steht Aussage gegen Aussage und es ist leider nicht unüblich, dass sich irgendwelche Kollegen oder Familienangehörige finden lassen, die bereit sind, ein paar „Gefälligkeitsaussagen“ beizusteuern.

Wer skrupellos im Umgang mit Menschen ist, ist erfahrungsgemäß auch skrupellos in der Wahl seiner Mittel. Ich erinnere mich noch gut an den Vorschlag des betreffenden Betreuers, eine Kollegin bei Gericht anzuschwärzen und auch an die darauf erfolgte Reaktion der damaligen Kollegen, die davon zwar nicht begeistert waren, aber von denen dennoch kein einziges Wort der Kritik geäußert wurde. Eine andere Situation, an die ich mich ebenfalls noch lebhaft erinnere, ist der absurde Vorschlag, die monatlichen Kneipentreffen allen Ernstes als "Arbeit" eines gemeinnützigen Vereins darzustellen um damit die (damals noch veranschlagte) Gewerbesteuerpflicht zu umgehen.

Alles in allem – der Handwerker wird wohl auf seiner Forderung sitzenbleiben und muss, wenn er Pech hat, vielleicht auch noch Anwalts- und Gerichtskosten zahlen.

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