Samstag, 28. Dezember 2013, 13:13h

Erben als Rechtsstreit – die eigentlichen Gewinner sind meistens nicht die Erben…

behrens

“Beim Erben können sich Besitzer ganzer Häuserzeilen um eine Tasse streiten.“
Professor Dr. Josef Vital Kopp (1905-1966), Schweitzer Theologe

Diesen in meiner Tageszeitung gefundenen Ausspruch musste ich einfach zitieren. Er stellt eine Ergänzung dar zu der Thematik des Erbens, die ich hier schon einmal beschrieben habe. Wobei nochmals betont sei, dass der Streit eben nicht erst bei Eintritt des Erbfalls beginnen muss, sondern schon in Erwartung desselben.

Ich habe an anderer Stelle schon auf eine sehr informative Dokumention verwiesen, die unter anderem auch ein eindrucksvolles Beispiel für Erbstreitigkeiten zeigt. Gleich am Anfang wird ein Fall beschrieben, in dem es um das Erbe eines Ferienhauses geht. Die Mutter von drei Töchtern hat das Ferienhaus verkauft und den Erlös zu gleichen Teilen an die Töchter weitergegeben. Hierdurch fühlte sich die jüngste Tochter benachteiligt, da es eine vor 20 Jahren getroffene Erbvereinbarung gab, in der ihr bei einem Verkauf die Hälfte des Ferienhauses zusprach. Anstatt aber daraufhin mit ihren älteren Schwestern zu reden, wandte sich die jüngste Tochter sofort an das Betreuungsgericht und veranlasste die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung. Hierzu sagen die Töchter:

Wir hätten uns zusammen setzen können und hätten sagen können, wie wollen wir das? Und dann hätten wir uns ja vielleicht gezankt, das kann ja möglich sein, aber wir hätten das untereinander regeln müssen. Das wäre im Null-Komma-Nix geregelt ohne meine Mutter da hineinziehen zu müssen oder gar meine Mutter zu entmündigen… Das bricht natürlich auch in eine Familie ein und bricht sie gegebenfalls auch auseinander.

Und die Betreute selbst bringt es sehr gut auf den Punkt:
Erbschaft ist, wenn ich tot bin, aber doch nicht, während ich noch lebe!

Wichtig zu betonen, dass ein heftiger Streit um das zu erwartende Erbe grundsätzlich auch völlig unabhängig von der Existenz eines Betreuers bestehen kann. Und zwar überall und zu allen Zeiten. Auch wenn mir nicht jeder zustimmen wird, so halte ich die Einrichtung einer Betreuung in manchen Fällen von Erbstreitigkeiten für sinnvoll. Allerdings auf keinen Fall im Hinblick auf eine als Rechtsstreit geführte Auseinandersetzung, sondern im Sinne des Versuchs einer gütlichen Einigung. Ich selbst habe zweimal eine Betreuung geführt, in der es auch um das zu erwartende Erbe ging. Es ist keine sehr dankbare Aufgabe, aber es ist dennoch in manchen Fällen möglich, für alle Beteiligten eine zumindest halbwegs akzeptable Lösung zu finden. Allerdings nicht nach dem Motto: ”Ich bin hier der Chef”, sondern als Vermittler zwischen den Parteien, der eine einvernehmliche Lösung anstrebt. Nur dann ist die Einrichtung einer Betreuung vertretbar, ansonsten schließe ich mich dem in der Dokumentation durch einen Richter vertretenen Standpunkt an, dass für Streitigkeiten um das Vermögens ausschließlich die Familiengerichte geeignet sind und nicht das Betreuungsverfahren.

Schade, dass der Betreuer der alten Dame nicht den geringsten Versuch gemacht hat, eine einvernehmliche Lösung anzustreben und die durchaus vorhandene Kompromissbereitschaft der älteren Schwestern zu nutzen. Damit hätte er nicht nur die Interessen seiner Betreuten besser vertreten, sondern er hätte auch nicht das Zerbrechen der Familie herbeigeführt. Bleibt noch anzumerken, dass ein Betreuer, der Anwalt ist, seine Betreuten im Falle von gerichtlichen Auseinandersetzungen nicht in der Funktion des Betreuers vertreten muss, sondern in der Funktion eines Anwalts auftreten kann. Mit anderen Worten – zusätzlicher Verdienst.



Wie der Zufall so will, so passt auch der heutige Ausspruch meiner Tageszeitung zu der Thematik:
"Im Streit geht die Wahrheit stets verloren." (Publius Syrus 90-40 v.Chr.)

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