Sonntag, 12. Oktober 2014, 14:09h
Das Bonmot zum Mittag
Von Kindheit an habe ich ein Gefühl für Gerechtigkeit. Ich kann es nicht ertragen, wenn Menschen schlecht behandelt werden.
Peggy Parnass
Die jüdische Journalistin Peggy Parnass wurde gestern 87 Jahre alt. Wie schön wäre es, wenn es mehr solcher Menschen geben würde, die es als unerträglich emfinden, wenn Menschen schlecht behandelt werden.
Herzlichen Glückwunsch!
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Dienstag, 7. Oktober 2014, 18:55h
Entwicklungsprozesse und alte Bekannte
Als ich vor einiger Zeit Besorgungen in der Stadt erledigte, hörte ich hinter mir plötzlich laut jemand „Heil Hitler!“ rufen. Ich drehte mich um und sah einen alten Bekannten. Es handelte sich um Herrn F., einen ehemaligen Betreuten meines früheren Büropartners. Durch die über Jahre dauernde Zusammenarbeit waren mir auch viele der Betreuten meiner Kollegen gut bekannt, so auch Herr F. Schon zu Zeiten meiner damaligen Bürogemeinschaft fiel Herr F. oftmals durch sein sonderbares Verhalten auf. Allerdings äußerte sich dies damals nicht in rechtsextremen Parolen, sondern eher in einem ausgesprochen exaltierten Auftreten. Inzwischen hatte sich Herr F. so verändert, dass ich ihn zuerst gar nicht wiedererkannt hatte.
Ich begrüßte Herrn F. und fragte ihn, was denn mit ihm los sei und ob er immer noch unter Betreuung stehen würde. Herr F. bejahte die Frage aber fügte sofort sichtlich aufgeregt hinzu, dass er einen Anwalt einschalten würde. Er war äußerst verärgert darüber, dass ihm gegen seinen Willen seine Versicherung gekündigt worden waren. Das überraschte mich überhaupt nicht, denn Herr F. wird schon seit einiger Zeit nicht mehr von meinem früheren Kollegen betreut, sondern von jemandem, der auch als Versicherungsmakler tätig ist und der den Ruf hat, seinen Betreuten – ob sie dies wollen oder nicht – seine Versicherungen aufzuzwingen.
Es gibt in Bezug auf Betreute positive und negative Entwicklungen. Ohne Zweifel gibt es Faktoren, auf die ein Betreuer überhaupt keinen Einfluss hat, wie zum Beispiel auf die mit dem zunehmenden Alter verbundenen Abbauprozesse und die dadurch bedingte Pflegebedürftigkeit. Genauso verhält es sich mit anderen schweren Erkrankungen, für die es keine medizinische Heilung gibt. Allerdings ist es bei einigen Betreuern nicht unüblich, positive Entwicklungen werbewirksam als alleiniges Resultat ihrer Betreuungsarbeit darzustellen währenddessen negative Entwicklungen nicht selten lediglich mit einem Schulterzucken kommentiert werden und dem lapidarem Hinweis darauf, "dem Betreuten sei nun mal nicht zu helfen.“
Damit macht man es sich natürlich etwas einfach, denn ohne Frage gibt es neben den unabänderlichen Aspekten eines Krankheitsbildes auch diverse Faktoren, die sich krankheitsverstärkend oder krankheitslindernd auswirken. Neben dem breiten Spektrum an therapeutischen oder psychosozialen Maßnahmen, die veranlasst werden können, stehen dabei an erster Stelle der Respekt, mit dem der Betreute behandelt wird, die Achtung vor dessen Recht auf Selbstbestimmung und vor allem die Bereitschaft, sich kritisch mit dem eigenen Handeln auseinanderzusetzen.
Natürlich sollte Respekt, Achtung und Kritikfähigkeit nicht nur in Bezug auf die Behandlung von rechtlich Betreuten ein unbedingtes Muss sein, sondern in allen Bereichen menschlicher Kommunikation. Aber Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen – und dazu gehört Herr F. zweifellos – reagieren noch viel empfindlicher als gesunde Menschen darauf, wenn ihnen Respekt und Achtung versagt werden. Man muss sich hierbei vergegenwärtigen, dass jemand, der rechtlich betreut wird, ohnehin schon viel an Selbstbestimmung und Autonomie eingebüßt hat. Eben gerade darum ist es enorm wichtig, nur dann gegen den Willen des Betreffenden zu entscheiden wenn es wirklich unvermeidbar ist. Und aus den gleichen Gründen ist auch respektloses und autoritäres Verhalten völlig indiskutabel.
Nicht nur Herr F. ist ein alter Bekannter von mir, sondern auch sein jetziger Betreuer. Und ich habe größte Zweifel daran, ob es für Herrn F. gut ist, von jemandem betreut zu werden, der sich durch ein extrem autoritäres Auftreten und einen ausgesprochenem Mangel an Respekt vor anderen auszeichnet. Ein Verhalten, das sich wohl auch kaum geändert haben dürfte, denn erst vor kurzem erzählte mir eine Betreuerin, dass der betreffende Betreuer sich während einer richterlichen Anhörung so beleidigend und respektlos gegenüber der Betreuten verhielt, dass diese anfing zu weinen. Dieser Vorfall stellt auch beileibe keinen Einzelfall dar, denn auch andere schildern ähnliche Situationen und selbst Kollegen geben zu, dass manche Menschen Angst vor ihm haben.
Zurück zu Herrn F. Es mag sein, dass seine psychische Erkrankung auch mit seinem früheren Betreuer oder irgendeinem anderen die gleiche Entwicklung genommen hätte. Wissen kann man dies natürlich nicht. Aber wissen sollte man, dass psychisch Kranke nicht in die Hände von extrem autoritären und respektlosen Menschen gehören.
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Samstag, 13. September 2014, 02:41h
Chancengleichheit - haben auch Kinder von Hartz-IV-Empfängern und Geringverdienern die Möglichkeit, gemeinsam mit den Eltern Urlaub zu machen?
Vor einiger Zeit sagte mir eine Hartz-IV-Empfängerin, wie traurig es sie macht, dass sie niemals mehr die Möglichkeit haben wird zu verreisen. Ihr würde nach eigenen Aussagen schon ein Wochenende an der Ostsee reichen und es wäre für sie überhaupt kein Problem, wenn es ein einfacher Zelturlaub wäre. Aber da sie so schon kaum mit ihrem Geld auskommt, ist selbst eine Wochenendreise illusorisch. Dass sie Hartz-IV-Bezieherin ist, ist übrigens nicht ihr Verschulden. Seit einer verpfuschten Operation hat sie so starke Schmerzzustände und psychische Probleme, dass sie einer Arbeit nicht mehr nachgehen kann. Diese Situation betrifft nicht nur sie allein, sondern auch ihren 15jährigen Sohn, für den durch den Bezug von Hartz-IV ein gemeinsamer Urlaub automatisch auch nicht mehr möglich ist.
Es sei betont, dass es durchaus Angebote für Kinder- und Jugendreisen gibt, die staatlicherseits bezuschusst werden. Hamburg bringt jedes Jahr eine kleine Broschüre heraus, in denen die Angebote kirchlicher oder freier Träger aufgelistet werden. Allerdings können diese Angebote nur von Kindern oder Jugendlichen in Anspruch genommen werden. Was machen aber Eltern, die ihre Kinder nicht allein in die Ferien schicken möchten, sondern die gern den Urlaub gemeinsam verbringen wollen? Falls diese Eltern zu den vielen Geringverdienenden oder zu den Hartz-IV-Empfängern zählen, wird es schwierig.
Gehen wir mal die Möglichkeiten durch: da wäre beispielsweise Campingurlaub. Aber selbst, wenn man davon absieht, dass man fürs Campen ja erstmal ein Zelt haben muss, so unterscheiden sich die Preise auf Campingplätzen schon seit langem nicht mehr von denen für Ferienwohnungen oder Pensionen. Früher war Campen für jeden erschwinglich und ich erinnere mich an Familien, die mit Fahrrad und Minizelt durch die Natur radelten und die sich abends mittels Spirituskocher selbst versorgten. Allerdings gab es damals auf Campingplätzen kaum Komfort, so gab es beispielsweise oftmals lediglich kalte Duschen, nur ein einziges Toilettenhaus, meist auch nur eine einzige Trinkwasserstelle und die heute obligatorischen "Eventangebote" suchte man vergeblich. Dieser erheblich größere Komfort, der beim Campen heutzutage geboten wird hat seinen Preis und der ist für Familien im Hartz-IV-Bezug oder Geringverdienende schlichtweg zu hoch.
Dann gibt es noch die Möglichkeit des Urlaubs in einer Jugendherberge. Aber hier verhält es sich nicht viel anders als bei einem Campingurlaub, denn auch hier ist der Komfort beträchtlich gestiegen. Und genauso beträchtlich sind auch die Preise gestiegen, so dass auch dies bei knappem Budget kaum finanzierbar ist.
Allerdings las ich vor ein paar Tagen erfreut, dass es anscheinend doch staatlich bezuschusste Ferienangebote gibt, die sich nicht nur an Kinder und Jugendliche richten, sondern auch an die gesamte Familie. Und heute wurde mir dann endlich die von mir angeforderte Broschüre „Urlaub mit der Familie“ der Bundesarbeitsgemeinschaft Familienerholung zugeschickt. Beim ersten Durchblättern stutze ich ein wenig, denn da wurden Preisbeispiele genannt, die oftmals im Bereich von 600 bis 900 Euro pro Woche für eine vierköpfige Familie lagen und somit für Geringverdienende kaum finanzierbar sind. Aber da gab es ja glücklicherweise noch das Kapitel „Zuschussregelungen der Bundesländer“, das ich hoffnungsvoll aufschlug. Alle Bundesländer haben verschiedene Zuschussregelungen in verschiedener Höhe und mit verschiedenen Einkommensgrenzen. Und da las ich dann unter der Rubrik Hamburg:
„Seit 2011 werden keine Landeszuschüsse mehr für Familienerholungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt!“
Es tröstet nicht wirklich, dass die Familien aus fünf weiteren Bundesländern* dieses Schicksal teilen. Es gibt zwar eine lange Liste von meist unter kirchlicher Trägerschaft geführten Ferienerholungswerken und Familienferienheimen, aber davon befindet sich der überwiegende Teil in denjenigen Bundesländern, in denen es auch die gesetzlich festgelegten Zuschüsse gibt – für Hamburg ist kein einziges aufgeführt. Die Zuschüsse einzelner Bundesländer werden nur denjenigen gewährt, die auch im betreffenden Bundesland ihren Wohnort haben.
Mit anderen Worten – für hamburger Familien gibt es keine Möglichkeit, gemeinsam Urlaub zu machen.
*Sachsen, Baden Württemberg, NRW, Schleswig-Holstein, Hessen.
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