Mittwoch, 20. März 2013, 16:26h
Wie teuer ist eigentlich Pflege?
Da ich hier schon zweimal über den Trend, bei Pflegebedürftigkeit nach Thailand oder Osteuropa zu gehen, geschrieben habe, haben mich die Kosten und der Personalschlüssel in deutschen Heimen interessiert. Mein subjektiver Eindruck hatte mich dabei arg getäuscht, denn auch bei uns kann der Personalschlüssel bei Dementen mit der Pflegestufe III bis zu 1:1,25 betragen!
Einer im Jahr 2012 durchgeführten Untersuchung des Zentrums für Sozialpolitik zufolge fallen insgesamt vom Beginn der Pflegebedürftigkeit bis zum Tod (ambulante + stationäre Pflege/Pflegestufen I - III) folgende Kosten an:
Für Frauen: rd. 84 000 € (Pflegeversicherung + Eigenanteil + Sozialhilfe)
Für Männer:rd. 42 000 € (Pflegeversicherung + Eigenanteil + Sozialhilfe).]
Diese (Gesamtlebenszeit-)Kosten für vollstätionäre Pflege betragen für Frauen durchschnittlich: insgesamt 62 346 €, die sich folgendermaßen aufsplitten:
24.226 € Pflegeversicherung (38,8 %)
4.451 € Hilfe zur Pflege (Sozialamt) (7,1 %)
33.706 € Eigenanteil (eigene Rente/n + Vermögen oder Einkommen + Vermögen des Ehepartners/naher Verwandter) (54,1 %)
Diese (Gesamtlebenszeit-)Kosten für vollstätionäre Pflege betragen für Männer durchschnittlich: insgesamt 26.923 €, die sich folgendermaßen aufsplitten:
10.406 € Pflegeversicherung (38,7 %)
2.059 € Hilfe zur Pflege (Sozialamt) (7,6 %)
14.458 € Eigenanteil (eigene Rente/n + Vermögen oder Einkommen + Vermögen des Ehepartners/naher Verwandter) (53,7 %)
Und jetzt das ebenso Interessante: Wie sieht es mit dem Personalschlüssel aus? In Baden-Württemberg sind beispielsweise folgende Personalschlüssel vorgesehen:
Verhältnis Pflege- und Betreuungskräfte, davon mindestens die Hälfte Pflegefachkräfte, zu pflegebedürftigen Bewohnern
Pflegestufe I: 1:3,96 bis 1:3,13
Pflegestufe II: 1:2,83 bis 1:2,23
Pflegestufe III: 1:2,08 bis 1:1,65
Für die Betreuung von pflegebedürftigen Bewohnern, die zusätzlich an Demenz leiden, gilt folgender Schlüssel:
Pflegestufe I: 1:2,38
Pflegestufe II: 1:1,70
Pflegestufe III: 1:1,25
Quelle: Wikipedia Pflegekosten
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Montag, 18. März 2013, 09:19h
Hinzuziehen einer neutralen Person bei der Entscheidung für eine Heimunterbringung
Ist es noch verantwortbar, dass ein Betreuter in der eigenen Wohnung wohnt, oder sollte doch besser ein Wechsel in eine Heimeinrichtung erfolgen? Schon lange mache ich mir Gedanken darüber, wie man bei der Entscheidungsfindung in dieser Frage die Interessen des Betreuten am besten vertritt. Ich muss hinzufügen, dass es für mich glücklicherweise noch nie erforderlich war, einen Betreuten gegen seinen Willen in einem Heim unterzubringen. Allerdings habe ich trotzdem zwei negative Erfahrungen gemacht. In beiden Fällen wären meine Betreuten sehr viel lieber in der eigenen Wohnung wohnen geblieben, aber dies war auch bei umfassender ambulanter Hilfe nicht mehr möglich, so dass beide den Wechsel in ein Heim bejahten. In einem Fall starb die Betreute nach wenigen Wochen, in dem anderen sogar nach zwei Tagen.
Für mich war es bisher immer die existentiellste Entscheidung unter allen die Betreuung betreffenden Fragen. Eine psychiatrische Unterbringung ist zeitlich begrenzt, eine Heimunterbringung in der Regel nicht. Was kann man also tun, um den Prozess der Entscheidungsfindung in Hinsicht auf das Wohl des Betreuten zu verbessern?
Meine Idee war, eine Person hinzuzuziehen, die die Entscheidungsfindung begleitet. Und mir fielen dabei spontan die Grauen Panther ein. Wenn es um die Sichtweise eines alten Menschen geht, dann kann diese auch am besten nachvollzogen werden von jemandem, der selbst alt ist und der sich in Bezug auf die eigene Situation mit Sicherheit auch schon Gedanken über dieses Thema gemacht hat. Vorstellbar wären natürlich auch andere Seniorenvereinigungen, vielleicht sogar jemand aus einem Heimbeirat. Vorrangig ist die Parteilichkeit für alte Menschen, die aus eigener Betroffenheit entsteht und vermutlich fühlt sich ein alter Mensch viel besser verstanden von jemandem, der im gleichen Alter ist und viele Erfahrungen teilt.
In den Medien wird ja zunehmend gerade das Thema Heimeinweisung aufgegriffen und es werden Fälle dargestellt, in denen Betreute anscheinend ohne ihr Einverständnis in ein Heim eingewiesen wurden.
Ich denke, dass es nicht ausreicht, mit Darstellungen von positiven Beispielen zu reagieren, weil es denjenigen Betreuten, die schon in ein Heim gewechselt sind, in keiner Weise mehr etwas nützt.
Schade, dass meine Idee des Hinzuziehens einer neutralen Person niemals auf Interesse bei Kollegen stieß. Einen Versuch wäre es vielleicht wert gewesen.
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Eine Reform ist so gut oder so schlecht, wie das Maß, in dem sie sich ihren Schwachstellen stellt
Kann man die, ich sag mal, unschönen Vorkommnisse nicht irgendwie aus dem Artikel zensieren? Das interessiert doch heute niemanden mehr*.
In gewisser Weise hat es mich beruhigt, dass nicht nur mir gegenüber so ein fragwürdiger Einwand gemacht wird.
Noch mehr hat mich aber die Antwort auf diesen zweifelhaften Vorschlag beruhigt. Kurz und bündig, denn man muss es eigentlich gar nicht begründen, warum man „unschöne“ Ereignisse nicht zensieren will :
Sag mal, aber sonst geht es dir gut, oder? Zensier doch bitte vor deiner eigenen Türe. Danke!*
Um wenn es ging? Nein, nicht um mich, sondern um Jorge Mario Bergoglio, der im Verdacht steht, durch Denunziation für die Entführung von Franz Jalics Anfang der 70er Jahre verantwortlich zu sein.
So etwas passt natürlich überhaupt zu einem Image, das Vertrauen erwecken und Optimismus ausstrahlen soll. Und weil dies so ist, kommen manche Menschen allen Ernstes auf die unselige Idee, die ganzen „unschönen“ Dinge einfach totzuschweigen. Ein fataler Rückschluss, denn alles, was nicht aufgearbeitet wird, wuchert wie ein Krebsgeschwür, das jede Chance auf eine wirkliche Reform von vorneherein zunichte macht.
Auf das Naheliegendste kommt niemand – sich endlich mal zu den Fehlern der Vergangenheit zu bekennen. Der einzig mögliche Weg für einen Neuanfang und eine Reform. Um aus Fehlern zu lernen, muss man sie zuerst einmal offen ansprechen. Dann kann es nur noch besser werden. (Das könnte man übrigens sogar überprüfen, indem man einfach mal einen Blick in Geschichtsbücher wirft…).
Ganz bewusst poste ich dies hier im Betreuerblog...
*Diskussionsseite auf Wikipedia zu Franziskus I
@Sturmfrau, vielen Dank für den Tipp!
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Sonntag, 17. März 2013, 14:17h
Die Zeit ist reif
...für einen runden Tisch. Die Unzufriedenheit Betroffener einerseits und der Ärger mancher Betreuer über die als einseitig wahrgenommenen Medienberichte andererseits machen einen runden Tisch unaufschiebbar.
Ein Zusammentreffen, an dem Vertreter aller Seiten repräsentiert sein sollten, wie zum Beispiel:
- Landesverband der Angehörigen psychisch Kranker
- Bundesverband Psychiatrieerfahrener
- Bund der Berufsbetreuer
- Verein Betreuungsgeschädigter
- Betreuungsgerichtstag
- Betreuungsstellen
- Betreuungsgericht
- Berufsverband der freiberuflichen BetreuerInnen
- Psychiatrie
- Heime
- Beirat der Heimbewohner
Die jeweiligen Ergebnisse der gemeinsamen Treffen sollten protokolliert werden und eventuell auch für andere einsehbar sein. Warum nicht die Möglichkeit nutzen, einen „Runden-Tisch-Blog“ einzurichten, der denjenigen, die am Thema interessiert sind, die Möglichkeit gibt, sich zu äußern?
Nur zur Anmerkung: ich habe meine erste Arbeitsstelle als Sozialpädagogin über einen Runden Tisch erhalten. An diesem wurden von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung und dem Arbeitsamt gemeinsam (jawohl, das funktionierte!) Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit getroffen. Eine davon war die Betreuungsstelle für Arbeitslose, für die ich eingestellt wurde und die von den Betroffenen sehr gut angenommen wurde.
Ein Runder Tisch ist ein Instrumentarium, das darauf abzielt, zwischen den einzelnen Parteien zu vermitteln. An diesem Tisch wäre für einseitige Schuldzuweisungen genauso wenig Platz wie für Verbote, Kritik offen anzusprechen. Und vor allem wäre dieses Instrumentarium ein geeignetes Mittel, um Missverständnisse zu beheben, die auf Unkenntnis der tatsächlichen rechtlichen Grundlagen beruhen.
Zumindest bei dem Landesverband der psychisch Kranken und dem Bund der Psychiatrieerfahrenen wäre ich mir relativ sicher, dass Interesse bestehen würde, denn beide Organisationen beteiligen sich auch an anderen übergreifenden Treffen (wie z.B. dem der Psychosozialen Arbeitsgruppe, an der ich regelmäßig teilnehme).
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