Montag, 18. März 2013, 09:19h

Hinzuziehen einer neutralen Person bei der Entscheidung für eine Heimunterbringung

behrens

Ist es noch verantwortbar, dass ein Betreuter in der eigenen Wohnung wohnt, oder sollte doch besser ein Wechsel in eine Heimeinrichtung erfolgen? Schon lange mache ich mir Gedanken darüber, wie man bei der Entscheidungsfindung in dieser Frage die Interessen des Betreuten am besten vertritt. Ich muss hinzufügen, dass es für mich glücklicherweise noch nie erforderlich war, einen Betreuten gegen seinen Willen in einem Heim unterzubringen. Allerdings habe ich trotzdem zwei negative Erfahrungen gemacht. In beiden Fällen wären meine Betreuten sehr viel lieber in der eigenen Wohnung wohnen geblieben, aber dies war auch bei umfassender ambulanter Hilfe nicht mehr möglich, so dass beide den Wechsel in ein Heim bejahten. In einem Fall starb die Betreute nach wenigen Wochen, in dem anderen sogar nach zwei Tagen.

Für mich war es bisher immer die existentiellste Entscheidung unter allen die Betreuung betreffenden Fragen. Eine psychiatrische Unterbringung ist zeitlich begrenzt, eine Heimunterbringung in der Regel nicht. Was kann man also tun, um den Prozess der Entscheidungsfindung in Hinsicht auf das Wohl des Betreuten zu verbessern?

Meine Idee war, eine Person hinzuzuziehen, die die Entscheidungsfindung begleitet. Und mir fielen dabei spontan die Grauen Panther ein. Wenn es um die Sichtweise eines alten Menschen geht, dann kann diese auch am besten nachvollzogen werden von jemandem, der selbst alt ist und der sich in Bezug auf die eigene Situation mit Sicherheit auch schon Gedanken über dieses Thema gemacht hat. Vorstellbar wären natürlich auch andere Seniorenvereinigungen, vielleicht sogar jemand aus einem Heimbeirat. Vorrangig ist die Parteilichkeit für alte Menschen, die aus eigener Betroffenheit entsteht und vermutlich fühlt sich ein alter Mensch viel besser verstanden von jemandem, der im gleichen Alter ist und viele Erfahrungen teilt.

In den Medien wird ja zunehmend gerade das Thema Heimeinweisung aufgegriffen und es werden Fälle dargestellt, in denen Betreute anscheinend ohne ihr Einverständnis in ein Heim eingewiesen wurden.

Ich denke, dass es nicht ausreicht, mit Darstellungen von positiven Beispielen zu reagieren, weil es denjenigen Betreuten, die schon in ein Heim gewechselt sind, in keiner Weise mehr etwas nützt.

Schade, dass meine Idee des Hinzuziehens einer neutralen Person niemals auf Interesse bei Kollegen stieß. Einen Versuch wäre es vielleicht wert gewesen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Eine Reform ist so gut oder so schlecht, wie das Maß, in dem sie sich ihren Schwachstellen stellt

behrens

Kann man die, ich sag mal, unschönen Vorkommnisse nicht irgendwie aus dem Artikel zensieren? Das interessiert doch heute niemanden mehr*.

In gewisser Weise hat es mich beruhigt, dass nicht nur mir gegenüber so ein fragwürdiger Einwand gemacht wird.

Noch mehr hat mich aber die Antwort auf diesen zweifelhaften Vorschlag beruhigt. Kurz und bündig, denn man muss es eigentlich gar nicht begründen, warum man „unschöne“ Ereignisse nicht zensieren will :

Sag mal, aber sonst geht es dir gut, oder? Zensier doch bitte vor deiner eigenen Türe. Danke!*

Um wenn es ging? Nein, nicht um mich, sondern um Jorge Mario Bergoglio, der im Verdacht steht, durch Denunziation für die Entführung von Franz Jalics Anfang der 70er Jahre verantwortlich zu sein.

So etwas passt natürlich überhaupt zu einem Image, das Vertrauen erwecken und Optimismus ausstrahlen soll. Und weil dies so ist, kommen manche Menschen allen Ernstes auf die unselige Idee, die ganzen „unschönen“ Dinge einfach totzuschweigen. Ein fataler Rückschluss, denn alles, was nicht aufgearbeitet wird, wuchert wie ein Krebsgeschwür, das jede Chance auf eine wirkliche Reform von vorneherein zunichte macht.

Auf das Naheliegendste kommt niemand – sich endlich mal zu den Fehlern der Vergangenheit zu bekennen. Der einzig mögliche Weg für einen Neuanfang und eine Reform. Um aus Fehlern zu lernen, muss man sie zuerst einmal offen ansprechen. Dann kann es nur noch besser werden. (Das könnte man übrigens sogar überprüfen, indem man einfach mal einen Blick in Geschichtsbücher wirft…).

Ganz bewusst poste ich dies hier im Betreuerblog...

*Diskussionsseite auf Wikipedia zu Franziskus I

@Sturmfrau, vielen Dank für den Tipp!

... link (0 Kommentare)   ... comment