Montag, 4. Februar 2013, 21:07h
Keine gute Nachricht – Streichung der Prozesskostenbeihilfe
Ich hätte nie gedacht, dass bestimmte Rechte einfach so gestrichen werden können. Aber da habe ich mich anscheinend geirrt, denn unsere Justizministerin will die Prozesskostenhilfe kippen, da die Bundesländer dadurch um die 500 Millionen Euro einsparen könnten.
So lange gibt es das Gesetz über die Prozesskostenhilfe noch gar nicht. Im Jahr 1981 wurde es von der SPD/FDP Koalition beschlossen, wobei der damalige Innenminister Gerhart Baum federführend war. Ich bin alles andere als ein FDP-Fan, aber Baum gehörte immer zu den wenigen Politikern, die für mich im Gegensatz zu fast allen andern so etwas wie Glaubwürdigkeit hatten.
In Zukunft werden Rechte also nur für diejenigen gelten, die auch in der Lage sind, diese für sich in Anspruch nehmen zu können. Und da fallen dann all diejenigen raus, die nur über ein geringes Einkommen verfügen. Genauso wie die Hartz-IV-Empfänger und die vielen alten Menschen, deren Rente so gering ist, dass zusätzlich noch Sozialleistungen gewährt werden müssen.
Vor dem Gesetz ist jeder gleich – vorausgesetzt er kommt überhaupt so weit, das Gesetz für sich in Anspruch nehmen zu können und das hängt nun mal leider oftmals von der Hilfe eines Anwalts ab, was wiederum mit hohen Kosten verbunden ist.
Ich befürchte, dass dieses Gesetz durchkommen wird. Vielleicht wird es ein wenig Protest geben, aber der breiten Masse wird das ziemlich gleichgültig sein. Genauso wie es Anwälte gibt, die kein Problem damit haben, trotz der Vorlage einer staatlichen Kostenübernahmebescheinigung von einer alleinerziehenden Hartz-IV-Empfängerin einen Vorschuss zu verlangen und sich darüber hinaus noch als „engagiert“ zu bezeichnen.
Die fetten Jahre sind vorbei und jetzt wird der Gürtel enger geschnallt – allerdings nur bei denjenigen, die ohnehin wenig haben.
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Dienstag, 22. Januar 2013, 14:23h
Supervision – Blick über den Tellerrand
Vor ungefähr einem Jahr hatte ich mich entschlossen, mir einige Stunden Supervision zu gönnen. Einfach mal selbst in der Position zu sein, in der man nicht anderen zuhört, sondern selbst Rat und Hilfe erhält. Das Hilfreiche bei einer Supervision, so wie bei jeder andern Form der Beratung auch, ist das Feedback aus einem anderen Blickwinkel heraus. Man sieht sich und seine arbeitsspezifischen Probleme quasi von oben in einem größeren Zusammenhang und Radius.
Mir ging es bei der Supervision nicht so sehr um einzelne Fallbesprechungen, sondern um die Arbeit an sich. Um die Situation, dass die Betreuungsarbeit nicht eingegliedert ist in soziale oder behördliche Träger, sondern jeder Betreuer mehr oder weniger eine kleine Ich-AG bildet und das Prinzip der Zusammenarbeit durch das der Konkurrenz ersetzt wird.
Wichtig zu erwähnen, dass die Supervisorin selbst Betreuerin ist und sehr aktiv in unserem Berufsverband mitarbeitet. Mit anderen Worten – schon das allein war für mich ungewohnt und neu, denn ich habe in den vielen Jahren meiner Arbeit noch nie einen Kollegen kennengelernt, der sich übergeordnet engagiert.
Wenn ich die Quintessenz der Ergebnisse meiner Supervision darlegen sollte, dann ist es die, dass es auch einen gänzlich anderen Typus des Betreuers gibt, als diejenigen, mit denen ich bisher meist zu tun hatte. Schon die Ausbildung der Supervisorin unterscheidet sich von der allgemein üblichen, denn sie hat weder eine kaufmännische noch eine juristische Ausbildung, sondern ein Politikwissenschaftstudium absolviert.
Obwohl Supervision im Allgemeinen Wertungen vermeidet, war es ohne viele Worte selbstverständlich, dass vieles von dem, was ich im Laufe meiner Berufspraxis mitangesehen hatte, auch für die Supervisorin ohne Wenn und Aber unvertretbar ist. Übereinstimmung auch darin, dass Betreuungsarbeit Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit bedarf. Allerdings betonte die Supervisorin nachdrücklich, dass ein großer Teil der Betreuer unseriöse Arbeitspraktiken genauso vehement ablehnt wie ich. Das ist es auch, was die Supervisorin mir ans Herz legte – immer zu bedenken, dass es sich bei den von mir gemachten Erfahrungen nur um einen Ausschnitt eines viel größeren Spektrums handelt. Ein Spektrum, das sehr vielfältig ist und das sich nicht auf kaufmännische Prioritäten reduziert.
Obwohl der Blick über den Tellerrand etwas Versöhnliches und Optimistisches hat, macht er jedoch auch deutlich, dass es allerdings auch nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist, Betreuer zu treffen, für die Vernetzung und Interesse für übergeordnete Themen genauso wichtig wie Fragen der Vergütung sind. Wenn ich mir zum Beispiel den Bezirk ansehe, in dem ich tätig bin, dann gibt es dort keinen einzigen Betreuer, der sich die für Arbeit des Berufsverbands oder für kollegialen Austausch einsetzt. Zwar gibt es ein alle zwei Monate stattfindendes Treffen, aber dieses findet einzig und allein durch die Initiative der zuständigen Behörde statt. Und obwohl unser bezirkliches Treffen eigentlich nach den Vorschlägen der Betreuer gestaltet werden soll, werden von diesen so gut wie nie Vorschläge gemacht und viele der Betreuer sagen (natürlich nicht während des Treffens) dass die Teilnahme in erster Linie geschieht, um auch weiterhin Betreuungen zu erhalten.
Fazit meiner Supervision: auch trotz der vielen negativen Erfahrungen gibt nicht den Betreuer und man wird der Beurteilung des Betreuungswesens nur dann gerecht, wenn man bisher gemachte Erfahrungen nicht generalisiert. Dies ist nicht unbedingt einfach, denn schlechte Erfahrungen lassen sich nicht so einfach wegwischen. Der erste Schritt zur Verarbeitung negativer Erfahrungen wird nur möglich, wenn überhaupt erst einmal ausgesprochen werden darf, dass etwas negativ war. Die Tatsache, dass mir in der Person der Supervisorin das erste Mal jemand aus unserem Berufsstand begegnete, der unseriöser Berufspraktiken voll und ganz ablehnt, zeigte mir, dass ich mich auf meine Wahrnehmung und meine Urteilskraft verlassen kann. Der zweite Schritt besteht dann in dem Öffnen für das Zulassen neuer Erfahrungen. So wie ich ja inzwischen auch Kontakt zu zwei Kolleginnen außerhalb unseres Bezirks habe, die meine Ansichten in Bezug auf die Pflichten als Betreuerin teilen.
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Samstag, 29. Dezember 2012, 13:28h
Die Welt auf Pump – Kaufsucht
Gestern las ich in meiner Tageszeitung eine kleine Notiz über Kaufsucht. Eine Untersuchung an der Uni ergab, dass die Zahl derer, die an Kaufsucht leiden, von 7 Prozent im Jahr 2010 mittlerweile auf 11 Prozent gestiegen ist. Die Befragungen ergaben außerdem, dass sich rund ein Viertel der Bevölkerung nicht aus einem tatsächlichen Bedarf etwas kauft, sondern um einen emotionellen Ausgleich zu schaffen.
Ich frage mich, ob es so etwas wie Kaufsucht nicht schon so lange gibt, wie es auch das Kaufen gibt, was man sicherlich mit Ja beantworten kann. Viel zu besitzen war schon immer attraktiver als wenig zu besitzen. Besitz schafft Sicherheit und Annehmlichkeiten. Dagegen ist – bis auf wenige Ausnahmen wie z.B. Menschen, die im Rahmen eines spirituellen Lebens bewusst auf Besitz verzichten – niemand gefeit.
Was aber den gravierenden Unterschied zu heute und früher ausmacht, ist zum einen die Leichtigkeit, mit der gekauft werden kann und zum anderen das Ausmaß und die Allgegenwärtigkeit des Angebots. Früher musste man wohl oder übel erstmal hart arbeiten und mühsam sparen, um sich dann etwas zu gönnen. Heute ist dies nicht mehr der Fall, erst recht nicht nach dem Einzug des Internets. Durch einen Mausklick hat man zwei Tage später das ersehnte Produkt im Paket vor der Haustür. Bis das Ganze dann auffliegt und die Prozedur der Mahnschreiben, Vollstreckungsankündigungen und der Besuche des Gerichtsvollziehers durchlaufen ist, hat man schon längst die Wohnung vollgestellt mit vielen schönen, bunten Dingen. Und selbst danach kann man munter weitermachen, weil es immer noch Unmengen von Warenanbietern gibt, die nichts von den Eidesstattlichen Versicherungen und Insolvenzverfahren wissen.
Manchmal kommen dann irgendwann wir Betreuer ins Spiel. Ein Spiel, das wenig Spaß macht und mit Unmengen von Gläubigerschreiben und der ständigen Drohung von Kontopfändungen verbunden ist. Berge von Korrespondenz und mühseliges Anfertigen einer tabellarischen Schuldenübersicht, die immer dem tatsächlichen Stand hinterherhinkt. Akribisches Ausrechnen des zur Verfügung stehenden Lebensunterhalts und der eventuell möglichen Raten oder Vergleichszahlungen. Hat man dann tatsächlich damit begonnen, wird manchmal wieder alles über den Haufen geworfen, weil wieder eine neue Forderung auftaucht. So wie es bei mir jetzt kurz vor Weihnachten der Fall war, als ich einen Rentenbescheid für einen Betreuten erhielt, der eine Pfändung auswies. Nachdem ich etwa zwei Stunden lang telefonierte und dabei großes Glück hatte, dass ich sogar die meisten tatsächlich erreichte (Rentenstelle, Pfändungsabteilung, Gläubiger) und nachdem ich dann etliche Faxe geschrieben hatte, konnte ich die Angelegenheit so halbwegs regeln. Meine anderen ebenso dringenden Arbeiten blieben allerdings dabei liegen.
Dem relativ modernen Begriff der Kaufsucht liegt die Fähigkeit des Menschen zugrunde, unbefriedigte Bedürfnisse zu verlagern. Vielen Menschen bleibt die Erfüllung ihrer grundlegenden Bedürfnisse verwehrt. Bedürfnisse nach sozialer Anerkennung, nach tragfähigen menschlichen Kontakten, nach einem menschenwürdigen Umfeld und nach einer sinnerfüllten Tätigkeit. Daran mangelt es vielen. Und in diese Lücke schlägt die schöne bunte Warenwelt wie eine Bombe ein. Wenn es nicht so leicht wäre, auf diese schöne bunte Warenwelt auszuweichen, müsste man mühsam und zäh an der Veränderung seiner Lebensumwelt arbeiten. Aber das ist schon lange nicht mehr der Fall, weil eben nichts leichter ist als das Leben nach der Devise: Heute kaufen – Morgen bezahlen. Und mittlerweile kann man den zweiten Teil dieser Lebensdivise getrost ausblenden und lässt das Bezahlen einfach ganz weg.
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