Freitag, 24. Dezember 2010, 00:27h
Wie verdienen Betreuer ihr Geld?
Seit 2005 wird die Betreuungsarbeit pauschal vergütet. Der Stundensatz beträgt 44,00 €* und nur im ersten Jahr gibt es aufgrund des erhöhten Arbeitsanfalls eine erhöhte Pauschale. Nach dem ersten Jahr gelten folgende Pauschalen:
In der eigenen Wohnung lebende Betreute:
3,5 Stunden monatlich = 154,00 € (jährlich 1.848,00 €)
Im Heim lebende Betreute:
2,00 Stunden monatlich = 88,00 € (jährlich 1.056,00 €)
Es gibt Betreute, die als „vermögend“ eingestuft werden. Dieser Begriff ist jedoch irreführend, denn als vermögend gilt schon jemand, der ein Sparguthaben besitzt, das den Betrag von 2.600,00 € übersteigt. Vermögende Betreute müssen die Vergütung nicht nur selbst zahlen, sondern es werden auch höhere Stundenpauschalen zugrunde gelegt. Eine Handhabung, die sich meines Erachtens nicht unbedingt logisch erschließen lässt.
In der Wohnung lebende Betreute:
4,5 Stunden monatlich = 198,00 € (jährlich 2.376,00 €)
Im Heim lebende Betreute:
2,5 Stunden monatlich = 110,00 € (jährlich 1.320,00 €)
Wenn eine Betreuung sehr arbeitsintensiv ist, dann kann der zeitliche Aufwand auch nach Jahren noch weitaus höher als 3,5 bzw. 4,5 Stunden monatlich ausfallen. Ist eine Betreuung nicht sehr arbeitsintensiv, kann Arbeitsaufwand aber auch geringer ausfallen. Das Ganze wird „Mischkalkulation“ genannt, bei der man davon ausgeht, dass sich die arbeitsintensiven mit den weniger arbeitsintensiven Betreuungen ausgleichen.
Ob dies tatsächlich so ist, hängt von vielen Faktoren ab. Nimmt der Betreuer an Besprechungen teil? Besucht er die Betreuten regelmäßig? Wird die Betreuung immer individuell abgestimmt oder aber nach einem Einheitsprinzip? Besteht eine optimale Arbeitsorganisation? Hat der Betreuer Mitarbeiter? Ist die Arbeit am tatsächlichen Handlungsbedarf orientiert oder werden bestimmte Aufgaben generell ausgeklammert? Wird bei Problemen die optimale Lösung angestrebt oder die zeitsparendste?
Die Pauschalierung wurde eingeführt, weil die Kosten für Betreuungsarbeit drastische Höhen annahmen. Wie wurde denn nun aber vor der Pauschalierung vergütet?
Vor der Vergütung gab es einen Stundenlohn von 33,00 € und im Gegensatz zur Pauschalierung zuzüglich und nicht inklusive Mehrwertsteuer. Zusätzlich konnten Kosten für Telefonate, Porto, Kopien und Fahrkosten geltend gemacht werden.
War eine Betreuung sehr aufwändig, dann wurde dies auch vergütet, wobei jede einzelne Tätigkeit minuziös aufgeführt werden musste. Es konnte dann auch geschehen, dass ein Rechtspfleger einige Tätigkeiten beanstandete, da sie seiner Meinung nach nicht zu den Aufgaben gehörten.
Auf der anderen Seite gab es natürlich damals genauso wie heute Betreuungen, in denen alles gut geregelt und der Betreute optimal versorgt war und hierdurch die eigentliche Betreuungsarbeit nur minimal ausfiel. Wobei betont werden muss, dass die Notwendigkeit einer Betreuung auch trotz einer guten Organisation der Versorgung bestehen bleiben kann.
Eigentlich gab es indirekt auch damals schon die Mischkalkulation, denn auch damals glichen sich sehr arbeitsintensive mit weniger arbeitsintensiven Betreuungen aus. Aber eben nur eigentlich, denn die Rechnungsstellung hing natürlich auch von der Ehrlichkeit der Betreuer ab.
Waren wir Betreuer denn nun immer ehrlich? Dies ist eine mehr als spannende Frage, denn die Pauschalierung, über die viele Betreuer sich so bitter beklagen, ist eine Folge der Kostenexplosion und wenn eben diese Kostenexplosion mit verursacht wurde durch Betreuer, die überhöhte Abrechnungen erstellt haben, dann sollten wir uns nicht so sehr über Gesetzgebung beschweren, sondern vielmehr über diejenigen Kollegen, die diese Reglementierung verursacht haben.
Und weil ich diese Frage so spannend finde, werde ich demnächst einmal einen interessanten Vergleich zweier Rechnungen anstellen.
*sofern ein Studienabschluss vorliegt, Betreuer ohne Studienabschluss verdienen weniger.
... link (0 Kommentare) ... comment
Montag, 20. Dezember 2010, 11:43h
Das Bonmot zum Nachmittag
Ergebung und Duldsamkeit ist nicht der moralische Weg, wenn er auch der bequemere ist.
Martin-Luther King (1929-1968)
... link (0 Kommentare) ... comment
Mittwoch, 15. Dezember 2010, 15:25h
Welches Fachwissen brauchen Betreuer?
Was die Betreuungsarbeit so schwierig macht, ist der Umstand, dass für die Ausübung dieses Berufs ein äußerst breites Spektrum völlig unterschiedlicher Wissensbereiche erforderlich ist. Die Arbeit eines Betreuers erfordert kaufmännisches, juristisches und sozialarbeiterisches Fachwissen.
Man kann dies vielleicht mit einem Beispiel deutlich machen. Nehmen wir den Fall eines Betreuten, der an beginnender Demenz leidet und deswegen auf lange Sicht in seiner Wohnung nicht mehr ausreichend versorgt ist. Und nehmen wir an, es ist aufgrund der beginnenden Demenz schon zu folgenschweren Versäumnissen gekommen, wie z.B. Kontoüberziehung, nicht bezahlte Miete, Strom, e.t.c.. Und nehmen wir an, dass der Vermieter deswegen schon die Kündigung ausgesprochen hat, so dass eventuell eine Zwangsräumung droht.
Der in diesem Fall entstandene Handlungsbedarf erstreckt sich auf mindestens drei Bereiche. Es muss schnellstens die rechtliche Situation geprüft werden, um zu klären wie die Kündigung rückgängig gemacht werden kann. Außerdem muss umgehend ein geeigneter Pflegedienst beauftragt werden, damit sichergestellt wird, dass der Betreute angemessen versorgt ist. Wegen des überzogenen Kontos müssen mit der Bank Abzahlungsmöglichkeien verhandelt werden und das zur Verfügung stehende Geld muss genauestens für den täglichen Bedarf und die Begleichung der Zahlungsrückstände eingeteilt werden. Gleichzeitig muss abgeklärt werden, auf welche staatlichen Zuschüsse ein Anspruch bestehen könnte. Zum Betreuten muss ein vertrauensvoller Kontakt aufgebaut werden, damit eingeschätzt werden kann, ob noch genug Selbständigkeit für das Leben in einer eigenen Wohnung vorhanden ist oder ob der Wechsel in ein Heim unvermeidbar ist. In dem Zusammenhang muss auch geklärt werden, ob vielleicht eine ärztliche Behandlung und die Gabe von Medikamenten erforderlich ist.
Um alle diese Probleme zu lösen, braucht der Betreuer juristische Grundkenntnisse im Mietrecht und er braucht kaufmännisches Wissen für die Verwaltung der Finanzen. Außerdem braucht der Betreuer Kenntnisse über die bestehenden Möglichkeiten staatlicher und eventuell ehrenamtlicher Hilfen und er braucht soziapädagogisches Wissen, um die richtige Perspektive für den Betreuten zu finden und umzusetzen.
Jetzt könnte man den Fall noch weiter komplizieren, indem man annimmt, dass sich nach einigen Monaten irgendwo in der Wohnung doch noch Sparbücher, Wertpapiere oder vielleicht sogar eine große Summe Bargeld anfindet. In der Praxis ist nicht ungewöhnlich und kommt immer wieder vor. In diesem Fall müssen die gerade beantragten Zuschüsse wieder zurückgezahlt und das Geld angelegt werden. Bei der Geldanlage muss eine sogenannte „mündelsichere“ Anlage gewählt werden, die aber gleichzeitig auch noch optimale Zinsen erzielt. Für den Betreuer heißt dies, dass er im Bereich der Geldanlage über einen umfassenden und auch aktuellen Kenntnisstand verfügen muss.
Zusätzlich können noch viele kleine Schwierigkeiten auftauchen, wie etwa die Erfordernis, ein durch die Demenz nicht mehr nutzbares Fahrzeug abzumelden und zu verkaufen. Vielleicht gibt es auch ein Haustier, mit dessen Versorgung der Betreute jetzt überfordert ist und das anderweitig untergebracht wird. Vielleicht ist der Betreute auch so dement, dass er orientierungslos ist und nachts bei den Nachbarn klingelt oder wegläuft. Dies bedeutet dann wiederum, dass regelmäßig Beschwerden der Nachbarn und Nachfragen die Polizei eingehen, mit denen der Betreuer sich auseinandersetzten muss. Es wäre außerdem denkbar, dass die Angehörigen die Betreuung ablehnen und jede veranlasste Regelung erschweren.
Zugegeben – dies ist ein Fallbeispiel, das so ziemlich alle der möglichen Schwierigkeiten auf einmal beinhaltet. Aber auch wenn es im Betreuungsalltag nicht immer so extrem zugeht, so handelt es sich dennoch sehr selten um lediglich ein einzelnes Problem. Altersgebrechlichkeit, Demenz und psychische Erkrankung lösen eine Kettenreaktion aus, die eben nicht nur ein gesundheitliches Problem darstellt, sondern die auch andere Lebensbereiche, wie den der Finanzen oder den der Wohnungsangelegenheiten, in Mitleidenschaft ziehen.
Und hiermit nähern wir uns wieder der Ausgangsthese, dass die Erfordernis von vielen unterschiedlichen Wissensbereichen eine grundsätzliche Schwierigkeit in der Betreuungsarbeit darstellt. Es kann nämlich durchaus sein, dass jemand sehr gut mit Menschen umgehen kann und dadurch schnell in der Lage ist, herauszufinden, was der Betreute wirklich braucht und was zu veranlassen ist. Aber nicht jeder, der diese Fähigkeit hat, verfügt zwangsläufig auch über professionelles kaufmännisches Wissen. Der Betreute erhält dann vielleicht auf jeden Fall die geeigneten persönlichen Maßnahmen, aber vielleicht wird sein Geld nicht so gewinnbringend angelegt, wie es theoretisch möglich wäre.
Auf der anderen Seite ist es vorstellbar, dass jemand sich mit der Verwaltung des Geldes und dessen gewinnbringendster Anlage sehr gut auskennt, aber nicht in der Lage ist, den erforderlichen guten persönlichen Kontakt zum Betreuten aufzubauen, der erforderlich ist, um die optimale Hilfestellung und die optimale Wahl des Lebensumfeldes herauszufinden.
Es ist auch vorstellbar, dass jemand zwar gleichermaßen über gutes kaufmännisches und gutes sozialarbeiterisches Fachwissen verfügt, aber in der Betreuung auch höchst komplizierte juristische Fragestellungen auftauchen. Andersherum kann es auch sein, dass jemand über ein komplexes juristisches Fachwissen verfügt, aber trotzdem das soziale Hilfsangebot mit seinen diversen Variationen nicht kennt.
Auch wenn die Frage des persönlichen Engagements hier nicht thematisiert werden soll, so darf nicht vergessen werden, dass es natürlich auch durchaus vorstellbar ist, dass jemand trotz der Tatsache, gleichermaßen über professionelle juristische, sozialarbeiterische und kaufmännische Kenntnisse zu verfügen, diese nicht ausschöpft, weil es an persönlichem Interesse für den Betreuten oder an der Bereitschaft zur Aufwendung der erforderlichen Zeit fehlt. Hierdurch relativiert sich dann wiederum jegliches Fachwissen. Und natürlich relativiert sich auf der anderen Seite auch die Frage des persönlichen Engagements, denn ohne Fachwissen reicht dieses noch nicht für gute Betreuungsarbeit.
Resümee: Wenn es zur Erfordernis einer Betreuung kommt, weil jemand nicht mehr in der Lage ist, sein Leben selbständig zu regeln, dann umfasst dies meist mehr oder weniger alle Lebensbereiche. Und so wie sich die Probleme über alle Lebensbereiche erstrecken, so muss ein Betreuer auch in all diesen verschiedenen Bereichen über das jeweils erforderliche Fachwissen verfügen. Eine vielschichtige Problemlage erfordert ein genauso vielschichtiges Fachwissen. Es kommt eben nicht nur auf die bestmögliche Verwaltung des Geldes an, nicht nur auf das juristische Ausschöpfen aller möglichen Rechtsmittel, nicht nur auf die bestmögliche soziale und pflegerische Versorgung.
Es kommt – und das macht eine gute Betreuungsarbeit so schwierig – darauf an, alles gleichermaßen gut zu erfüllen.
... link (6 Kommentare) ... comment

