Donnerstag, 12. Januar 2012, 00:50h

Ein Ort zum Sterben – Hospiz

behrens

Vor einigen Tagen habe ich mir ein Hospiz im südlichen Landkreis von Hamburg angesehen. Ich hatte schon früher im Rahmen meiner Arbeit Hospize kennengelernt. Diesmal besuchte ich mit einer Freundin deren Mutter, die seit kurzem aufgrund ihrer Krebserkrankung im Hospiz wohnt. Die Schwere der Erkrankung und zwei Knochenbrüche machten eine Pflege in der eigenen Wohnung so schwierig, dass sich die Mutter für den Wechsel in das Hospiz entschied.

Obwohl der Anlass sehr traurig ist und die Konfrontation mit dem Tod äußerst schmerzhaft, hat man in dem Hospiz das Gefühl einer liebevollen und aufmerksamen Umsorgung. Es wird als selbstverständlich angesehen, dass die Angehörigen oder Freunde bei Bedarf beim Patienten übernachten können. Das Hospizzimmer macht mehr den Eindruck eines gemütlichen Wohnzimmers, als eines Krankenzimmers. Meine Freundin sagte mir, dass die dortigen Mitarbeiter sich sehr gut um die Patienten kümmern und für individuelle Wünsche offen sind. Für Menschen, die gläubig sind, gibt es spezielle Begleitung.

Aus meiner Arbeit mit meinen Betreuten weiß ich, dass es oftmals sehr schwierig ist, einen Hospizplatz zu erhalten. Da die Pflegekosten eines Hospizes teuer als reguläre Heimkosten sind, wird ein Kostenübernahmeantrag nicht so einfach bewilligt und ist oftmals mit langen Wartezeiten verbunden. Es kann die unsägliche Situation entstehen, dass entweder bei rechtzeitiger Anmeldung die Krankenkasse die Kostenübernahme ablehnt, weil der Gesundheitszustand noch nicht schlimm genug ist oder aber bei sehr später Anmeldung die Bearbeitung so lange dauert, dass die Bewilligung erst eintrifft, wenn der Erkrankte schon verstorben ist.

Es ist schwer zu beschreiben, welche Gefühle man hat, wenn man als Besucher ein Hospiz betritt. Wenn ich nach einem treffenden Ausdruck suche, dann fällt mir als erstes das Wort „Menschlichkeit“ ein. Eine Menschlichkeit, die an der Art der Gestaltung des Gebäudes, an den hellen und freundlichen Farben und an den sorgsam ausgesuchten Bildern deutlich wird. Ich habe mir auch die Infobroschüre des Hospizes aufmerksam angesehen. Das Hospiz wird durch Kranken- und Pflegekasse finanziert, muss aber zehn Prozent der Kosten selbst tragen, was nur durch Spenden und durch ehrenamtliche Mitarbeit möglich ist. So wie überhaupt das ganze Hospiz seine Entstehung einer Initiative von engagierten Bürgern verdankt. Vielleicht ist es das, was den Eindruck des Hospizes für mich ausmacht – es wird getragen von Menschen, die sich aus reinem Engagement voll und ganz für andere Menschen einsetzen. Und das ist auch der Grund, warum man sich an diesem Ort aufgehoben fühlen kann.

Sterben wird für einen Menschen immer mit Leid verbunden sein und auch liebevolle Umsorgung wird dieses Leid nicht völlig aufheben können. Aber die Gewissheit, an einem Ort zu sterben, an dem man sich auf die echte Anteilnahme der dortigen Menschen verlassen kann, kann dem Tod ein wenig von seinem Schrecken nehmen.

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