Sonntag, 30. März 2008, 22:41h
Einwilligungsvorbehalt - ein zweischneidiges Schwert
Seit der Änderung des Begriffs "Vormundschaft" in "gesetzliche Betreuung" gibt es auch den Begriff der Entmündigung nicht mehr.Allerding gibt es ein Instrumentarium, das diesem sehr ähnelt: der Einwilligungsvorbehalt. Mal wieder etwas, was sich besser anhört und Laien wahrscheinlich gar nicht bekannt ist.
Der Einwilligungsvorbehalt wird dann erteilt, wenn jemand nicht mehr auf eigene Faust Rechtsgeschäfte abschließen soll. Für Jemanden, der beispielsweise ständig Bestellungen macht, obwohl er diese gar nicht bezahlen kann oder ständig irgendwelche Kredite abschließt, kann der Betreuer zu seinem Aufgabenkreis der Vermögenssorge auch einen
sogenannten Einwilligungsvorbehalt erhalten. Alles, was der betreffende Betreute kauft, per Vertrag abschließt oder bestellt, muß vom Betreuer genehmigt werden. Manchen Betreuten ist ohne diesen Einwilligungsvorbehalt die Führung der Betreuung überhaupt nicht mehr möglich, da der Betreuer sonst zu nichts anderem kommen würde, als Verhandlungen mit Gläubigern zu führen. Darüber hinaus würden auch ständig Pfändungen zu befürchten sein und die Sicherung des Lebensunterhaltes wäre nicht gewährt.
Obwohl der Einwilligungsvorbehalt also in manchen Fällen unvermeidlich ist, ist er dennoch ein zweischneidiges Schwert. Die Verkäufer oder Anbieter liefern Ware oder Dienstleistungen in dem Glauben, daß diese auch bezahlt werden. Wenn Ihnen dann vom Betreuer der Einwilligungsvorbehalt mitgeteilt wird, gehen sie leer aus. Großlieferungen können natürlich wieder abgeholt werden (wenn der Betreute die Tür öffnet) aber Dienstleistungen sind erbracht und werden nicht bezahlt. Da ist es schon verständlich, wenn mancher Verkäufer/Anbieter verärgert ist. Allerdings wäre die Alternative auch nicht anderes: bei einem zahlungsunfähigen Käufer/Abonnent wird auch ohne Einwilligungsvorbehalt nicht bezahlt und darüber hinaus fallen dann noch Kosten für Mahnung und rechtliche Schritte an.
Es gibt ab und zu Betreute, die trotz oder gerade aufgrund des Einwilligungsvorbehaltes fröhlich weiter shoppen gehen, da sie ja wissen, daß nie bezahlt werden muß. Ich lasse daher manchmal bei einem der oftmals zahlreichen Gläubiger die Forderung in Kleinstraten abbezahlen um zu verdeutlichen, daß Handlungen auch Konsequenzen haben. Allerdings sind einige Betreute oft bestens über die rechtliche Situation informiert und wissen daher, daß von Sozialleistungen keine Schulden getilgt werden dürfen. Entsprechend muß ich mir dann auch Beschimpfungen und lautstarke Rechtsbelehrungen hierüber anhören, woran man sich als Betreuer jedoch gewöhnt hat.
Was bleibt, ist die unbefriedigende Einsicht, daß es für manche Probleme auch nur unbefriedigende Lösungen gibt. Jedenfalls, wenn man nicht nur den Betreuten sondern auch die Gesellschaft berücksichtigt, in der die Betreuten nun mal leben
und die deren Betreuung ja auch finanziert.
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Samstag, 19. Januar 2008, 01:56h
Leisten Betreuer Sozialarbeit?
Leisten Betreuer Sozialarbeit?
Traditionell entspringt die Sozialarbeit der Armenfürsorge und der Heimerziehung und hat sich von jeher mit den sozial Benachteiligten und Hilfebedürftigen beschäftigt mit dem Ziel der Wiedereingliederung und der Minderung sozialer Probleme. Bei den Trägern handelte es sich häufig um kirchliche Einrichtungen die auch oftmals durch ehrenamtliche Helfer und Spenden unterstützt wurden.
Mit der Zeit hat sich Sozialarbeit zu einem festem Bestandteil staatlicher Hilfsmaßnahmen etabliert und wurde sowohl in Bezug auf Ausbildung als auch in Bezug auf die Entwicklung sozialpolitischer Erklärungsmodelle weiterentwickelt und professionalisiert. Aus der Wohlfahrt wurde ein Rechtsanspruch und Sozialarbeit nahm einen immer komplexeren und institutionalisierteren Rahmen ein. Aus der Sozialarbeit wurde eine Form praktizierter Sozialpolitik.
Trotz der enormen gesellschaftlichen Veränderungen, die zwangsläufig auch eine inhaltliche und methodische Veränderung der Sozialarbeit mit sich brachten, hat Sozialarbeit nach wie vor das primäre Ziel der Verhinderung sozialer Probleme.
Wenn man sich die Aufgaben eines Betreuers ansieht, kann man auch hier sagen, daß die Hauptaufgabe in der Hilfe bei der Bewältigung sozialer Probleme liegt, jedenfalls soweit dies die Betreuten aus sozial benachteiligten Schichten betrifft. Auch ein Betreuer hat die Aufgabe, den Betreuten bei ihren sozialen Problemen Hilfestellung zu leisten und die Inanspruchnahme sozialer Hilfen finanzieller oder personeller Art zu ermöglichen.
Die Zielsetzung bei der Betreuung entspricht also weitgehend der der Sozialarbeit. Allerdings gibt es doch einige Unterschiede bei den Rahmenbedingungen. Während das Aufgabenfeld eines „klassischen Sozialarbeiters“ meist mehr oder weniger klar umrissen ist, präsentiert sich das Aufgabenfeld eines Betreuers längst nicht so klar und läßt dem einzelnen weit mehr Spielraum. Insbesondere für Dritte scheint es oftmals unklar zu sein, welche Aufgaben von einem Betreuer verlangt werden können und welche nicht. Der Betreuer ist auch nicht in eine Institution oder ein Team eingebunden, wie z.B. ein Altenhelfer, ein Heimleiter oder ein Mitarbeiter einer Beratungsstelle. Davon abgesehen ist der berufliche Hintergrund auch längst nicht so einheitlich wie bei den traditionellen Sozialarbeitern.
Während ein Sozialarbeiter bzw. ein Sozialpädagoge in der Regel ein Fachhochschulstudium der Sozialpädagogik absolviert hat, kann ein Betreuer auch eine völlig andere Ausbildung haben, und so gibt es unter den Betreuern Anwälte, Psychologen und Menschen mit einer kaufmännischen oder pflegerischen Ausbildung.Ensprechend der Ausbildung kann dann auch die Blickrichtung eine andere sein, muß es aber nicht zwingend.
Will man die Frage „leisten Betreuer Sozialarbeit“ in einem Satz beantworten, könnte der in etwa lauten: „Die Zielsetzung der Betreuertätigkeit entspricht der Sozialarbeit, aber die Rahmenbedingungen und die Methodik nicht immer“.
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