Sonntag, 6. Dezember 2009, 03:24h
Betreute mit Kindern
Ich möchte hier einfach mal ein wenig Einblick geben über die Thematik der Betreuten mit Kindern.
Da wäre meine Betreute Frau Z., die insgesamt 10 Kinder hat. Die älteste Tochter ist bei Pflegeeltern aufgewachsen, die zweite Tochter zuerst auch und nachdem sie einige Zeit bei Frau Z. lebte, mußte sie wegen massiver psychischer Störungen in eine spezielle Einrichtung wechseln. Dann folgen vier Kinder, die zuerst gemeinsam mit Frau Z. und ihrem damaligen Lebenspartner aufwuchsen. Nachdem es zu einer schweren Krise kam, wurde das Sorgerecht allein auf den Vater übertragen. Der unmittelbar danach geborene Sohn wurde gleich in eine Pflegefamilie gegeben, bei der dieser jetzt auch noch lebt. Dann wurde Frau Z. wieder schwanger und bekam eine Tochter.
Es gab von allen Seiten höchste Skeptis, ob man Frau Z. das Kind überlassen dürfte. Bei der Geburt des achten Kindes wurde dann ein riesengroßes Rundum-Betreuungspaket geschnürt: Noch bevor die Betreuung durch die Hebamme endete, wurde Frau Z. mit dem Baby in eine spezielle Mutter-Kind-Station eines psychiatrischen Krankenhauses eingewiesen um genau zu beobachten, ob die Mutter-Kind-Beziehung tragfähig ist. Neben mir als rechtlicher Betreuerin gab es auch noch eine 6stündige pädagogische Betreuerin und außerdem noch Betreuung im Rahmen der Familienhilfe. Und so früh wie möglich wurde ein Krippenplatz beschafft, damit genau beobachtet werden konnte, wie sich das Kind entwickelt.
Inzwischen sind noch zwei weitere Kinder hinzugekommen. Die pädagogische Betreuung wurde zwar beendet, aber es gab und gibt durchgehend Betreuung durch die Familienhilfe. Alle Kinder haben trotz der Tatsache, daß die Mutter nicht berufstätig ist, einen Vollzeit-Kindergartenplatz. Und schon nach einiger Zeit stellte sich heraus, daß jedes der drei Kinder zusätzlich auch noch eine Frühförderung benötigte, da es Entwicklungsverzögerungen gab.
Der größte Wunsch Frau Zs. ist der nach eigenen Kindern. Das wurde ihr mit jeder Menge Unterstützung auch ermöglicht. Trotzdem ist die Bilanz nicht für alle Kinder positiv. Eine der Töchter leidet an einer schweren psychischen Erkrankung und eine andere Tochter war schon als Jugendliche mehrmals im Gefängnis. Von den vier Kindern, die weitgehend allein vom Vater großgezogen wurden, scheint die Entwicklung nach einiger Zeit völlig normal verlaufen zu sein. Die drei jüngsten Kinder zeigen alle mehr oder weniger Entwicklungsstörungen. Der bei Pflegeeltern aufwachsende Sohn entwickelt sich völlig unproblematisch und hat sogar eine schulisch auffallend gute Entwicklung.
Jemand möchte unbedingt viele eigene Kinder. Schon beim ersten Kind zeigt sich, daß derjenige es gar nicht schafft. Trotzdem kommen noch weitere 9 Kinder. Und immer wird alles Erdenkliche getan um das Kindeswohl zu garantieren. Ich würde nach wie vor jederzeit jede mögliche Hilfe beantragen und durchsetzen, wenn der Bedarf dafür dafür vorhanden ist.
Und trotzdem hat das Ganze einen bitteren Beigeschmack. Vor kurzem war ich auf der Erziehungskonferenz für den bei Pflegeltern lebenden Sohn. Es wurde viel über seine Hobbys und Interessen erzählt. Das Kind lernt Geige, hat sich selbst schon vor der Schule das Lesen beigebracht und bringt sich jetzt aus Interesse an Sprachen selbst Italienisch bei. Er hat viele Freunde ist in der Schule beliebt.
Ich bin meilenweit davon entfernt, die Entwicklung eines Kindes ausschließlich an den schulischen Leistungen zu messen. Und Kinder müssen auch nicht unbedingt mit Klavier- und Sprachunterricht und Waldorfpädagogik in kleinbürgerlicher Eigenheimatmosphäre aufwachsen. Darum geht es mir nicht. Aber es macht mich nachdenklich, daß beim Wunsch nach eigenen Kindern völlig ausgeblendet wird, ob man denn überhaupt in der Lage ist, den Kindern das zu geben, was Kinder brauchen. Schon vor der Geburt eines Kindes wird ein überaus engmaschiges Netz an Betreuung gestrickt – obwohl bei ehrlicher Betrachtung die Kinder wahrscheinlich überhaupt keine Chance auf eine nur annähernd normale Entwicklung haben.
Kinder sind immer noch eine Art lebendes Eigentum. Ein vom Staat geschütztes Eigentum – aber dennoch Eigentum. Man kann dieses Eigentum erwerben, ohne auch nur annähernd in der Lage zu sein, sich angemessen zu kümmern und eine gesunde und glückliche Entwicklung zu ermöglichen. Der Wunsch nach Haben reicht zur Legitimation aus, mehr bedarf es nicht.
Das ist es, was mich so nachdenklich macht.
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Mittwoch, 25. November 2009, 13:04h
Betreuermund tut Wahrheit kund
Dies ist eine kleine Sammlung der Aussagen meiner ehemaligen Betreuerkollegen über ihre Arbeit. Alles ist wortgenau wiedergegeben. Die Liste wird laufend ergänzt.
Wollen Sie mir etwa sagen, was meine Aufgaben sind?
Antwort der Betreuerin B. auf den Hinweis, dass eine Betreute schon ein halbes Jahr(!) nicht mehr krankenversichert ist.
Wenn es in einer Konfliktsituation zu einer Gegenüberstellung der Aussage meines Betreuten und meiner Aussage kommen sollte, hätte ich keine Bedenken, die Unwahrheit zu sagen, wenn ich mir dadurch einen Nachteil ersparen kann, denn ich gehe davon aus, dass das Gericht mir und nicht dem Betreuten Glauben schenken wird.
Betreuer M.
Wenn nach der Beendigung der Betreuung ein Angehöriger oder ein Nachlasspfleger noch eine Frage an mich hat und um Rückruf bittet, reagiere ich grundsätzlich nicht darauf. Ich habe den Fall ordnungsgemäß abgeschlossen und bekomme nichts mehr bezahlt, also interessiert es mich auch nicht mehr.
Ich habe nicht viel Lust auf die regelmäßige Teilnahme an den Betreuertreffen in der Betreuungsbehörde. Ich gehe nur deswegen hin, damit ich auch weiterhin Betreuungen erhalte.
Warum sollte ich eine Fortbildung machen? Ich bin so qualifiziert, dass ich besser überlegen sollte, selbst eine Fortbildung für Betreuer anzubieten.
Es muss doch eine Möglichkeit gefunden werden, damit du auch die Ratschläge und Unterstützung, mit denen du Freunden und Bekannten weiterhilfst, vergütet bekommst.
(dies ist wirklich (!) so gesagt worden)
Es gibt keinen Grund, Kritik öffentlich auszutragen - die Betreuten haben ja schließlich die Möglichkeit, sich bei Gericht zu beschweren.
Ich habe mich für die Arbeit als Betreuer entschieden, weil dies eine der wenigen Tätigkeiten ist, in der ich auf selbständiger Basis und ohne Vorgesetzten arbeiten kann.
Wenn ich bei einem Betreuten über die 3,5-Stundenpauschale komme, dann mache ich nichts mehr für ihn.
Die Angehörigen von Betreuten, die sich beschweren, sind doch sowieso alle Psychopathen.
Das mit den überhöhten Rechnungen bei Betreuer X darf man nicht kritisieren; er hat bei der Aufstellung seiner Tätigkeiten einfach eine andere Sichtweise, diese zu berechnen.
Ich gebe gegenüber der Betreuungsstelle nicht den tatsächlichen Jahresumsatz an, die Mitarbeiter würden dann neidisch werden.
Wer sich umbringen will, soll sich doch umbringen. Damit habe ich kein Problem.
Betreuer M. mag keine offenen Auseinandersetzungen und danach müssen wir uns auch richten.
Wenn ich gefragt werde, was meine Aufgabe ist, antworte ich: „Alles wofür ich bezahlt werde“.
Ich muss mich doch nicht vor der Öffentlichkeit rechtfertigen für das, was ich als Betreuer tue.
Ich mache grundsätzlich keine Insolvenzverfahren für meine Betreuten - zu aufwändig.
Ich spare immer das Vermögen der Betreuten an, damit ich den erhöhten Vergütungssatz erhalte.
Man müsste etwas dagegen tun, dass einige Betreuer auch Besorgungen für ihre Betreuten machen, denn das verdirbt uns die Preise.
Ist doch nicht mein Problem, wenn das Heim auf seinen Kosten sitzen bleibt.
Jemand will sich umbringen und da sitzt hier so eine Arschgeige* und will ihm dieses Recht nehmen.
Ich will keine Kritik an Kollegen äußern, ich will mit dem Strom schwimmen.
Wo der Betreute wohnt oder nicht, bestimme immer noch ich und nicht die Angehörigen.
Das ist das Anspruchsdenken, das unsere Gesellschaft kaputt macht, wenn jemand nicht ins Heim will, weil ihm 96,00 € Taschengeld zuwenig sind.
Ich will keinen Hinweis auf Adressen anderer Betreuer in unserer Homepage, das ist unsere Konkurrenz.
Da möchte jemand einfach mal gemütlich ein Bier mit anderen Betreuern zusammen trinken und da sprichst du einfach Kritikpunkte an.
Wenn ich Ihnen als Chef sage, dieser schwarze Stuhl hat die Farbe weiß, dann hat er für Sie weiß zu sein.
Anweisung des früheren Geschäftsführers des Betreuungsvereins Elbe
Ihre Kritik führt zu nichts, Betrug gab es auch schon zu Zeiten der Vormundschaften. Und es gibt ja auch viele Gegenbeispiele.
Ich würde noch nicht einmal im Traum daran denken, etwas zu tun, was nicht bezahlt wird.
Es gehört sich nicht, einen Kollege offen zu kritisieren - wenn man Kritik äußern will, darf dies nur in einem Gespräch unter vier Augen geschehen.
Es liegt nur an einem selbst, wenn man von dem Regelsatz von 359,00 € nicht leben kann.
Sie haben immer noch nicht begriffen, dass ich der Chef hier bin.
Es gibt durchaus auch kritische Stimmen:
Die Frage, ob ein Betreuer gut oder schlecht verdient kann man so beantworten: wenn er gut arbeitet vedient er schlecht und wenn er schlecht arbeitet, verdient er gut.
Ich habe in den Jahren meiner Tätigkeit als Betreuer schon jede Form von Betrug mitbekommen.
Ich würde meine Mutter nie rechtlich betreuen lassen.
Wenn Betreuer sich über die Einführung der pauschalierten Vergütung aufregen, denke ich oft, dass wir dies denjenigen Kollegen verdanken, die grundsätzlich völlig überhöhte Rechnungen erstellt haben.
Kollege X. leidet definitiv an einem krankhaften Verarmungswahn.
Es gibt im Rahmen der Betreuung jede Menge Möglichkeiten, Vermögen zu veruntreuen und es nervt mich, dass es immer wieder vorkommt, dass Betreuer dies auch tun.
Ein Betreuer in einer vor Jahren gesendeten Dokumentation über rechtliche Betreuung.
Kollegin X. gilt als engagiert, aber sie hat ihre Lieblinge, für die sie viel macht und um den Rest kümmert sie sich nicht viel.
Kollege X. hat in seinem Bericht geschrieben, dass ein Gespräch mit dem dementen Betreuten in keiner Weise mehr möglich ist, aber in seinen Vergütungsabrechnung berechnet er trotzdem 90 Minuten für einen Heimbesuch.
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Sonntag, 8. November 2009, 21:37h
Brandanschlag, Kaffeefahrteneinkauf, Umzüge, verschollene Unterlagen, Überraschungspakete – ein Monat voller Ereignisse
Diesen Monat stand bei mir das Telefon nicht still und ich habe mittlerweile einen „Mausarm“ vom Schreiben. Was war bloß los?
Der Mitbewohner eines meiner Betreuten hat versucht, meinen Betreuten in dessen Zimmer zu verbrennen, indem er diverse Gegenstände vor dessen Tür legte und anzündete. Mein Betreuter konnte sich nur noch durch einen Sprung aus dem Fenster retten. Die Feuerwehr konnte zwar das Abbrennen des Gebäudes verhindern, aber die Wohnung meines Betreuten ist unbewohnbar, aller Hausrat ist zerstört, die Katze ist erstickt und mein Betreuter ist obdachlos. Ich hatte kurz zuvor versucht, die Bedrohung durch den Mitbewohner durch den Erlaß einer einstweiligen Verfügung zu unterbinden. Aber wer gewalttätig ist, läßt sich durch Papier nicht beeindrucken. Mein Betreuter ist jetzt zwar bei der Abteilung für Wohnungsnotfälle als eben solcher Notfall gemeldet – eine Wohnung gibt es dadurch noch lange nicht, zumindest nicht in Hamburg.
Ein anderer Betreuter war auf einer Kaffeefahrt und hat kräftig eingekauft: zwei Matratzen, einen Camcorder, ein Cerankochfeld e.t.c. Da mein Betreuter nur Sozialhilfe bezieht, ist an eine Bezahlung natürlich nicht zu denken. Ich habe jetzt Auseinandersetzungen mit dem Verkäufer, der seine Sachen verständlicherweise wiederhaben will und mit meinem Betreuten, der die Sachen behalten will. In der ihm eigenen Logik „Das ist doch jetzt alles schon benutzt“ weigert er sich, die Dinge abholbereit zu machen. Hierbei wird er kräftig von seiner Freundin unterstützt, die sowieso der Meinung ist, ich zahle meinem Betreuten viel zu wenig Geld aus. Das mag auch so sein, aber mein Betreuter hat einen ständig Arztkosten verursachenden Hund und eine Gartenlaube, für die Pacht und Strom bezahlt werden muß. Da bleibt nicht viel übrig. Schon gar nicht für Bestellungen zum Preis von 3.000,00 €.
Der Vater einer Betreuten verstopft mit seinen Beschimpfungen meinen Anrufbeantworter und droht mit einem „Schauprozeß“ und mit der Bildzeitung. Grund hierfür ist die Tatsache, daß ich meine psychisch kranke Betreute davon überzeugt habe, die Betreuung durch eine psychosoziale Beratungsstelle anzunehmen. Der Vater ist über die dadurch entstehenden Kosten hochempört und wirft mir „Verschwendung von Staatsgeldern“ vor. Gegen den von ihm verlangten Eigenanteil geht er mit Hilfe eines Anwalts gerichtlich vor. Der Eigenanteil beträgt ganze 13,00 €! Ich habe schon so einige Briefe seines Anwalts erhalten, auf die ich natürlich reagieren muß. Das kostet leider viel Zeit, die ich viel lieber für meine Betreute verwenden würde. Schade.
Die Wohnungsbaugenossenschaft SAGA saniert ihre Wohnungen. Hierdurch ist der Umzug in sogenannte Austauschwohnungen erforderlich, was dann heißt: Umzug organisieren, bei den Telefongesellschaften und den Strom-, Wasser-, Gaswerken an- und ummelden, Dringlichkeitsschein beantragen, mit dem Sozialämtern die Kostenübernahme der neuen Miete aushandeln. Mit den Betreuten muß über die Entscheidung geredet werden, ob sie denn nun wieder in die alte Wohnung zurückwollen oder aber nicht. Bei schwankenden Entscheidungen stockt dann erstmal alles.
Eine andere Betreute ist gerade von ihrem bisherigen Heim in der Nähe Hamburgs in ein Heim in Süddeutschland gezogen. Auch hier Organisation des Umzugs und der Kostenübernahme durch das Sozialamt. Grund für den Umzug war die in zwei Jahren anstehende Schließung des Heims und der Wunsch meiner Betreuten, wieder in ihre alte Heimat zu ziehen. Meine Betreute hat multiple Sklerose, kann sich kaum noch bewegen und hat trotz der Gabe von Höchstdosen schmerzstillender Medikamente starke Schmerzen und Spasmen. Sie freut sich riesig, wieder in der Nähe ihrer Mutter zu wohnen und hofft auf deren Besuche. Als ich die Mutter anrief und ihr mitteilte, daß ihre Tochter jetzt wieder in der Nähe wohnen wird, fiel sie mir sofort ins Wort und sagte, daß sie gesundheitlich nicht in der Lage sei, ihre Tochter zu besuchen. Als ich anführte, daß die Tochter durch den Beförderungsdienst auch zu ihr kommen könnte antwortete sie mit „Oh, Gott“. Ich habe nicht den Mut, dies meiner Betreuten so zu sagen.
Eine meiner Betreuten hat sich zu einer Langzeittherapie entschlossen. Finde ich natürlich toll. Allerdings hat sich jetzt herausgestellt, daß dies erhebliche finanzielle Einbußen mit sich bringt, denn durch die Unterbringung der Kinder in staatlichen Einrichtungen fällt die Unterhalts- und Kindergeldzahlung weg und es bleibt nur ein kleines Taschengeld übrig. Dies habe ich zu spät bemerkt und viel zu viel Geld an die Einrichtung überwiesen. Hoffe, daß noch nicht alles ausgezahlt wurde und somit auch für den nächsten Monat eingeteilt werden kann. Dies alles habe ich der Betreuten jetzt gerade in einem langen Brief mitgeteilt und hoffe, daß dies nicht zum Abbruch der Therapie führt. Meine Betreute kommt schon jetzt sehr schlecht mit dem Geld aus. Sie hat wegen der Trennung von ihren Kindern ein sehr schlechtes Gewissen und möchte ihren Kindern jetzt gern Geschenke machen.
Die gleiche Betreute befindet sich im Privatinsolvenzverfahren. In der Eröffnungsphase wird jeder Geldeingang außer Sozialhilfe, Kindergeld, ALG II e.t.c. sowie das mühsam Angesparte erbarmungslos der Insolvenzmasse einverleibt. Da die Krankenkasse noch eine Fahrkarte erstatten wollte, habe ich mein Auslagenkonto angegeben - sonst wäre das Geld futsch. Dies wurde allerdings vom Amtsgericht scharf gerügt, denn es dürfen zwar Bargeldkassen für Betreute geführt werden, aber seit einiger Zeit ist es nicht mehr erlaubt, Geldeingänge über ein eigenes Konto laufen zu lassen. Verstehe ich ja auch irgendwie. Aber wirklich nur irgendwie, denn wenn die Erstattung, auf die meine Betreute ja ein Recht hat, auf deren Konto gegangen wäre,hätte sie nichts von dem Geld gehabt. Bei jemandem, der ein Managergehalt hat, würde ich kein Problem darin sehen. Bei jemandem mit Existenzminimum aber schon.
Das Amtsgericht hat mir anläßlich einer Rechnungsprüfung mitgeteilt, daß ich bei einem meiner Betreuten eine Bargeldabhebung getätigt habe, für die kein Nachweis vorhanden ist. Normalerweise läßt sich dies im nachherein recherchieren und man kann den Belege nachreichen. Aber soviel ich auch gerechnet und nachgeforscht habe, ich hatte keine Erklärung dafür, daß ich vor einem halben Jahr den krummen Betrag von 314,00 € abgehoben habe. Kein gutes Gefühl – weder dem Amtsgericht noch mir selbst gegenüber. Ich muß und möchte verläßlich und transparent abrechnen. Ich habe also in stundenlanger Arbeit alle Unterlagen durchsucht, mit dem Betreuten gesprochen und versucht, zu erinnern, wofür Geld abgehoben wurde.Schließlich und endlich fiel mir dann doch noch ein, was passiert war: die Eröffnung eines Kautionssparbuchs! Gott-sei-Dank!
Eine meiner jüngeren Betreuten hat voller Begeisterung eine durch das Arbeitsamt geförderte Fortbildung begonnen. Es war nicht so einfach, dies durchzubekommen, da es zuvor schon viele Abbrüche gab. Ich freue mich natürlich über die Entscheidung, denn für meine Betreute ist es mit Sicherheit nicht gut, die Zeit bis zur Rente nur in der Wohnung sitzend zu verbringen. Aber meine Befürchtungen in Bezug auf das Durchhaltevermögen sind nicht grundlos und die letzte Info meiner Betreuten war, daß sie die Anforderungen nur schwer bewältigt und manchmal einfach alles wieder abbrechen möchte. Eigentlich müßte ich mir die Zeit und vor allem auch die Ruhe für unterstützende Gespräche nehmen. Momentan habe ich die aber nicht.
Mein Betreuter mit Faible für Telefonsex hat mir bittere Vorwürfe gemacht, daß seine mit ihm zusammenlebende, gebrechliche Mutter durch die Abschaltung des Telefonanschlusses bei einem eventuellem Notfall nicht mehr die Möglichkeit eines Anrufs hat. Nicht die Spur einer Einsicht darin, daß er allein diese Situation verzapft hat. Natürlich hatte ich mir auch schon Gedanken über den Fall eines erforderlichen Notrufs gemacht und extra ein spezielles Seniorenhandy bestellt. Aber leider hat dieses Gerät seine Tücken und alle vorprogrammierten Nummern verschwinden auf geheimnisvolle Weise wieder, so daß es getauscht werden muß. Bei einem normalen Handy besteht dann wiederum die Gefahr, daß im Notfall das ganze Guthaben für irgendwelche Chantals, Nataschas oder Yvonnes mit der Nummer 0190 vertelefoniert wurde.
Der gleiche Betreute hat die Mitarbeiterinnen des Pflegedienstes so respektlos und grob behandelt, daß der Pflegedienst drohte, den Einsatz zu beenden. Dies wäre nicht das erste Mal; schon einmal hat ein Pflegedienst aus den gleichen Gründen den Dienst quittiert, wodurch auch die Versorgung der Mutter wegfiel. Ein sogenanntes Konfliktgespräch war also mit allen Beteiligten erforderlich, damit die Versorgung weitergehen kann. Sehr viel böse Vorwürfe über die Mitarbeiterinnen, und manchmal stellt sich mir die Sinnfrage, ob es eigentlich gerecht ist, daß jemand schon in jungen Jahren von sämtlicher Haushaltsarbeit befreit wird und dann nichts anderes zu tun hat, als an den für ihn arbeitenden Menschen herumzumäkeln.
Die ARGE hat gleich bei zwei meiner Betreuten versehentlich die Überweisung des Arbeitslosengeldes vergessen und das Sozialamt hat ebenfalls bei zwei Betreuten die Grundsicherung vergessen. Gott-sei-Dank habe ich dies gleich bemerkt. Bei dem einen Betreuten habe ich vorerst genug Kontodeckung. Bei dem anderen allerdings nicht. Es bleibt nicht viel anderes übrig, als erstmal in Vorleistung zu gehen, da der Betreute gerade einen Kuraufenthalt macht, den er nicht wegen fehlenden Geldes abbrechen sollte.
Bei einem meiner Heimbewohner muß ein neuer Herzschrittmacher eingesetzt werden und dabei gab und gibt es ständig medizinische Komplikationen, wodurch immer wieder neue Absprachen erforderlich werden, da ich als Betreuerin die erforderlichen Einwilligungen geben muß.
Mitte kommender Woche will ich mir den Luxus eines lang geplanten 10tägigen Seminars erlauben und daher muß alles so gut wie möglich vorbereitet sein. Das heißt dann vorarbeiten und für jede Eventualität Vorsorge treffen. Ausrechnen, ob überall Kontodeckung besteht, Kollegen, Mitarbeiterin, Pflegedienste genauestens informieren und die für dringende Angelegenheiten entsprechende Schreiben vorbereiten. Diesmal war all das nur zu schaffen, indem ich am Freitag im Büro übernachtet habe und Samstag Non-Stopp weitergemacht habe. Neben den ganzen Ereignissen gibt es natürlich immer noch die ganz normale Postbearbeitung, Berichte müssen geschrieben werden, Überweisungen getätigt und Unmengen von Telefonate müssen geführt werden. Am Freitag hatte ich so viele Briefe geschrieben, daß ich damit eine ganze Einkaufstasche füllen konnte.
Die Arbeit war kaum zu schaffen in diesem Monat. Aber es gibt auch ein paar Lichtblicke: Meine neue Mitarbeiterin hat sofort für meinen obdachlosen Betreuten Kleidung zusammengesucht und unterstützt mich auch sonst mit großen Engagement. Außerdem bin ich jetzt stolze Mitmieterin einer Garage und wenn mir jetzt aus Wohnungsauflösungen noch nutzbare Haushaltsgegenstände in die Hände fallen, müssen die nicht auf den Müll sondern können endlich gelagert werden. Mir hat jemand, der meine Adresse aus meiner Homepage hat, ein Überraschungspaket geschickt (Vielen Dank!). Eine Betreute, die von sich aus die Betreuungsaufhebung beantragt hatte, kam zum Abschluß mit Blumen und Pralinen ins Büro. Und während ich bisher grundsätzlich nur negative Kritik über meine Beiträge hier im Blog gehört habe, hat jetzt jemand, der eine tolle, sehr informative Seite zum Thema Betreuungen zusammenstellt, einige meiner Blogbeiträge aufgenommen.
So schlimm war’s dann also doch nicht!
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