Mittwoch, 9. April 2008, 19:50h

Was ist eine Unterbringung?

behrens

Wahrscheinlich ist der Begriff "Unterbringung" den meisten Menschen gar nicht geläufig. Unterbringung ist der Ausdruck, der den zuvor verwendeten Begriff "Zwangseinweisung" abgelöst hat, wobei der Begriff Zwangseinweisung viel besser das beschreibt, worum es de fakto geht: nämlich um die Einweisung eines Menschen gegen seinen Willen.

Die Unterbringung gibt es in zwei Formen: nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und nach dem sogenannten PsychKG (=PsychischeKrankheiten). Letzte sind Unterbringungsgesetze, die von den einzelnen Ländern erlassen werden und die angewendet werden, wenn jemand eine erhebliche Gefahr für Dritte oder für sich selbst darstellt. Die Unterbringung nach dem BGB gilt nur für selbstschädigendes Verhalten und nur für diejenigen, die einen gesetzlichen Betreuer haben.

Wenn ein Betreuer der Meinung ist, sein Betreuter muß dringend stationär behandelt werden, dann stellt er bei Gericht einen sogenannten "Antrag auf Unterbringung" nach § 1906 (1) Satz 1 oder 2 BGB. Dies Gesetz regelt die Unterbring durch einen Betreuer. Hier ein Auszug aus dem Gesetz:

Bürgerliches Gesetzbuch
§ 1906 Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bei der Unterbringung
(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil

1. auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder

2. eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

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Das Vormundschaftsgericht muß die Unterbringung genehmigen. Das kann aufgrund der Dringlichkeit erstmal per Fax geschehen. Es muß dann aber eine persönliche Anhörung des Betreuten durch den Richter erfolgen (innerhalb von 3 Tagen). Gesetzesauszug:


(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen.

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Wenn ein Betreuter die Behandlung nicht einsieht, muß in der Regel auch eine sogenannte "Zuführung" beantragt werden, d.h., der Betreute wird von Mitarbeitern des Ordnungsamtes abgeholt und dann ins Krankenhaus gebracht - notfalls unter Zwang.

Für die Unterbringung erhält der Betreute einen "Verfahrenspfleger", der bei der Anhörung anwesend ist. Dieser Verfahrenspfleger muß den Willen des Betreuten vertreten, das heißt gegebenenfalls gegen die Unterbringung Beschwerde einlegen. Über die Beschwerde wird dann von der nächsthöheren Instanz entschieden.
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Sonntag, 30. März 2008, 22:41h

Einwilligungsvorbehalt - ein zweischneidiges Schwert

behrens

Seit der Änderung des Begriffs "Vormundschaft" in "gesetzliche Betreuung" gibt es auch den Begriff der Entmündigung nicht mehr.Allerding gibt es ein Instrumentarium, das diesem sehr ähnelt: der Einwilligungsvorbehalt. Mal wieder etwas, was sich besser anhört und Laien wahrscheinlich gar nicht bekannt ist.

Der Einwilligungsvorbehalt wird dann erteilt, wenn jemand nicht mehr auf eigene Faust Rechtsgeschäfte abschließen soll. Für Jemanden, der beispielsweise ständig Bestellungen macht, obwohl er diese gar nicht bezahlen kann oder ständig irgendwelche Kredite abschließt, kann der Betreuer zu seinem Aufgabenkreis der Vermögenssorge auch einen
sogenannten Einwilligungsvorbehalt erhalten. Alles, was der betreffende Betreute kauft, per Vertrag abschließt oder bestellt, muß vom Betreuer genehmigt werden. Manchen Betreuten ist ohne diesen Einwilligungsvorbehalt die Führung der Betreuung überhaupt nicht mehr möglich, da der Betreuer sonst zu nichts anderem kommen würde, als Verhandlungen mit Gläubigern zu führen. Darüber hinaus würden auch ständig Pfändungen zu befürchten sein und die Sicherung des Lebensunterhaltes wäre nicht gewährt.

Obwohl der Einwilligungsvorbehalt also in manchen Fällen unvermeidlich ist, ist er dennoch ein zweischneidiges Schwert. Die Verkäufer oder Anbieter liefern Ware oder Dienstleistungen in dem Glauben, daß diese auch bezahlt werden. Wenn Ihnen dann vom Betreuer der Einwilligungsvorbehalt mitgeteilt wird, gehen sie leer aus. Großlieferungen können natürlich wieder abgeholt werden (wenn der Betreute die Tür öffnet) aber Dienstleistungen sind erbracht und werden nicht bezahlt. Da ist es schon verständlich, wenn mancher Verkäufer/Anbieter verärgert ist. Allerdings wäre die Alternative auch nicht anderes: bei einem zahlungsunfähigen Käufer/Abonnent wird auch ohne Einwilligungsvorbehalt nicht bezahlt und darüber hinaus fallen dann noch Kosten für Mahnung und rechtliche Schritte an.

Es gibt ab und zu Betreute, die trotz oder gerade aufgrund des Einwilligungsvorbehaltes fröhlich weiter shoppen gehen, da sie ja wissen, daß nie bezahlt werden muß. Ich lasse daher manchmal bei einem der oftmals zahlreichen Gläubiger die Forderung in Kleinstraten abbezahlen um zu verdeutlichen, daß Handlungen auch Konsequenzen haben. Allerdings sind einige Betreute oft bestens über die rechtliche Situation informiert und wissen daher, daß von Sozialleistungen keine Schulden getilgt werden dürfen. Entsprechend muß ich mir dann auch Beschimpfungen und lautstarke Rechtsbelehrungen hierüber anhören, woran man sich als Betreuer jedoch gewöhnt hat.

Was bleibt, ist die unbefriedigende Einsicht, daß es für manche Probleme auch nur unbefriedigende Lösungen gibt. Jedenfalls, wenn man nicht nur den Betreuten sondern auch die Gesellschaft berücksichtigt, in der die Betreuten nun mal leben
und die deren Betreuung ja auch finanziert.

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Sonntag, 16. März 2008, 17:26h

Rauchverbot in Heimen

behrens

Bei meinem letzten Besuch in einem Heim für MS-Kranke wurde auch über das Rauchen meiner Betreuten gesprochen. Dies stellte in ihrem Fall schon immer ein Problem dar, denn die Betreute ist schon lage nicht mehr in der Lage, ihre Zigarette verläßlich selbst in der Hand zu halten, was eine stete Brandgefahr bedeutet. Als sie noch eine eigene Wohnung hatte, mußte ich ihr aufgrund dieser Gefahr das Rauchen in Abwesenheit Dritter verbieten.Ein Verbot, über das ich sehr unglücklich war, denn obwohl ich schon lange nicht mehr rauche, weiß ich, wie fürchterlich ein Schmachter sein kann.

Beim Wechsel in das Heim habe ich ihr dann gesagt, daß sie dort auch wieder rauchen kann, weil ja immer Personal in der Nähe ist. Das hat meine Betreute auch sichtlich gefreut.

Seit Januar gibt es nun in Deutschlang das Rauchverbot. Für Gesunde Menschen, die gern in der Öffentlichkeit rauchen, ist dies eine umständliche und ärgerliche Sache. Aber ein gesunder Mensch kann sich noch nach draußern vor die Tür bewegen, kann allein in einen für Raucher reservierten Raum gehen. Meine Betreute kann das nicht mehr, denn sie kann den Rollstuhl nicht mehr selbst bewegen.

Vor dem Rauchverbot konnte man im Flur auf jeder Etage eine Zigarette rauchen. Und auch in der Caféteria durfte man das. Jetzt muß jemand vom ohnehin knappen Personal meine Betreute hinunter nach draußen begleiten und sie dort auch wieder abholen. In die Caféteria will meine Betreute jetzt nicht mehr, weil sie es nicht mehr so interessant findet.

Meine Betreute ist 48 Jahre alt, hat die Pflegestufe III,kann so gut wie keine Tätigkeit mehr ohne Hilfe verrichten und ist somit voll und ganz abhängig von der Unterstützung Dritter. Zu ihren starken Schmerzen in den Beinen kommt noch ein ebenfalls schmerzhafter Dekubius. Rauchen war eines der wenigen kleinen Vergnügen, das sie noch hatte. Als ihr Mann noch lebte, haben die beiden es genossen, gemeinsam eine Zigarette zu rauchen.

Nun wird sie zwangsweise zum Nichtraucher. Die Gesundheit geht vor und allgemeingültige Regeln müssen sein.

Muß es wirklich sein, daß man kranke und hilflose Menschen jetzt auch noch in ihrer Entscheidung zu rauchen bevormundet? Menschen, deren Lebensqualität ohnehin sehr viel eingeschränkter ist als die eines gesunden Menschen. Menschen, die sehr viel weniger machen und selbst bestimmen können als Gesunde. Muß das wirklich sein?

Wenn das so weitergeht mit den rigorosen und undiffernzierten Reglementierungen, fange ich vielleicht aus lauter Protest bewußt am 1. Januar wieder an zu rauchen!

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