Donnerstag, 3. Juli 2014, 01:55h

Betreuer und Pflegedienste – wenn aus Zusammenarbeit fragwürdige Alliancen entstehen

behrens

Können es Betreuer eigentlich beeinflussen, ob ihnen Betreuungen zugewiesen werden? Eigentlich nicht, denn im Grunde gibt es hierfür einen klar geregelten Ablauf: die behördliche Betreuungsstelle schlägt für die einzurichtenden Betreuungen einen aus ihrer Sicht geeigneten Betreuer vor. Seltener, aber durchaus auch möglich ist der direkte Vorschlag durch einen Betreuungsrichter. Näheres habe ich hier schon früher beschrieben.

Allerdings habe ich jetzt von einer dritten Variante gehört, die wenig vertrauenerweckend wirkt: für den Patienten eines Pflegedienstes wird eine Betreuung beantragt und die Betreuungsstelle kontaktet einen Betreuer, den sie als geeignet erachtet und es wird die Übernahme der Betreuung eingeleitet. Dann passiert jedoch etwas eher Unübliches, denn ein anderer Betreuer meldet sich bei der Betreuungsstelle und empfiehlt sich selbst als geeigneten Betreuer, obwohl die Wahl schon auf jemand anderen gefallen ist. Der ihm bekannte Pflegedienst hat über die anstehende Betreuungseinrichtung informiert und offenbar bestand Einigkeit darüber, dass man die Chance nutzen sollte, um die Auswahl der Betreuungsstelle zu beeinflussen.

Was ist daran so heikel? Pflegedienste und Betreuer arbeiten oftmals eng zusammen. Mit der Zeit kristallisiert sich auf beiden Seiten heraus, mit welchen Betreuern und mit welchen Pflegediensten man gut und kooperativ zusammen arbeitet. Daran gibt es prinzipiell auch überhaupt nichts auszusetzen, sondern es ist der ganz normale Lauf der Dinge, wenn ein Betreuer sich einen Pflegedienst sucht, bei dem er seine Betreuten als gut versorgt empfindet und wenn ein Pflegedienst es befürwortet, dass seine Patienten einen Betreuer erhalten, der sich optimal um seinen Betreuten kümmert. Heikel wird es allerdings in dem Moment, wo es gar nicht um die gegenseitige gute Zusammenarbeit und um die gleichen Vorstellungen von Arbeitsqualität geht, sondern darum, dass man sich quasi gegenseitig mit „Kunden“ versorgt. Frei nach dem Motto „Ich schlage dich als Betreuer vor und du beauftragst mich mit der Pflege.“

Auch ich habe im Laufe meiner Arbeit Pflegedienste kennengelernt, mit denen die Zusammenarbeit besonders gut war und deren Vorstellung einer optimalen Versorgung der meinen entsprach. Ehrlicherweise muss ich auch zugeben, dass auch ich schon von Pflegediensten vorgeschlagen wurde, wobei man allerdings betonen muss, dass es ein Vorschlagsrecht im eigentlichen Sinne gar nicht gibt. Es gibt lediglich die Möglichkeit, bei der Recherche der Betreuungsstelle eigene Erfahrungen mit Betreuern zu erwähnen und natürlich wird jeder Pflegedienst dann diejenigen Betreuer nennen, mit denen gute Erfahrungen gemacht wurden.

Aber genau darum geht es eben nicht, wenn es sich lediglich um einen Deal handelt, der einzig und allein zum Ziel hat, neue „Kunden“ zu erhalten. Auch wenn sich die Betreuungsstelle in ihrer Auswahl eines geeigneten Betreuers vielleicht in einem Einzelfall irren kann, so stellt sie dennoch eine neutrale Instanz dar, deren alleiniges Ziel es ist, für einen Menschen, der eine rechtliche Betreuung benötigt, den für ihn am besten geeigneten Betreuer auszusuchen.

Es ist auch für die Betreuungsstelle kein Geheimnis, dass so mancher Betreuer hauptsächlich mit einem bestimmten Pflegedienst zusammenarbeitet und dabei längst nicht immer primär das Wohl des Betreuten im Mittelpunkt steht. Ein Betreuer, der sehr oft den gleichen Pflegedienst für seine Betreuten einsetzt, kann mit Sicherheit mit sehr viel Entgegenkommen rechnen. Kein Pflegedienst wird sich das Verhältnis zu einem Auftraggeber verscherzen, wenn dieser ein „Großkunde“ ist. So kommt es dann dazu, dass so manches an Extraservice geleistet wird, was normalerweise nicht üblich wäre. Natürlich stellt dieser Aspekt keinen Nachteil für den Betreuten dar. Problematisch ist es jedoch, wenn der Pflegedienst sich aufgrund seiner verstärkten wirtschaftlichen Abhängigkeit gezwungen sieht, auch solche Verhaltensweisen des Betreuers zu akzeptieren, die völlig inakzeptabel sind. Und genau dies machen sich gerade denjenigen Betreuer gezielt zunutze, die für ihren autoritären Führungsstil bekannt sind. Sicher, dieser Typus stellt glücklicherweise nicht die Mehrheit der Betreuer dar. Aber dennoch darf dieses Problem nicht verharmlost werden, zumal es in diesen Fällen sogar dazu kommt, dass Betreuer den Pflegedienst gegen den ausdrücklichen Willen des Betreuten wechseln.

Es ist weder akzeptabel, wenn Betreuer sich mithilfe eines Pflegedienstes selbst vorschlagen und damit die neutrale Instanz der Betreuungsstelle aushebeln und einen von dort vorgeschlagenen Kollegen ausbooten, noch ist es akzeptabel, wenn Betreuer unselige Alliancen mit Pflegediensten eingehen, die nicht auf das Wohl des Betreuten ausgerichtet sind, sondern der Festigung der eigenen Machstellung dienen. Letztendlich hat dies nur einen einzigen Grund – erforderliche Auseinandersetzungen zu vermeiden um Zeit zu sparen und hierdurch mehr Betreuungen führen zu können. Das oft zitierte Wohl des Betreuten bildet bei der Rangfolge dieser Prioritäten das traurige Schlusslicht.

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