Mittwoch, 12. März 2014, 23:41h

Eine Untersuchung, die sehr viel Bedeutung haben kann - Schluckanalyse

behrens

In einem meiner früheren Beiträge habe ich schon einmal über die Problematik alter und kranker Menschen geschrieben, die die Nahrung verweigern und Außenstehende dabei nicht genau beurteilen können, was die Ursache dafür ist. Ist es das dementiell bedingte Unvermögen, den Prozess der Nahrungsaufnahme noch zu verstehen? Oder ist die Nahrungsverweigerung Ausdruck des Wunsches, nicht mehr leben zu wollen?

Dass eine von einer Logopädin durchgeführte sogenannte Schluckanalyse möglich ist, erfuhr ich vom Pflegeheim. Wie diese durchgeführt wird, war mir aber bisher nicht wirklich klar. Da ich jetzt vor kurzem Besuch von einer jungen Logopädin hatte, die ich während meines Urlaubs kennengelernt hatte, nutzte ich die Möglichkeit, mich näher zu informieren. Zuerst einmal war ich beeindruckt davon wie hochkomplex der Schluckvorgang ist und wie breit gefächert das Aufgabengebiet einer Logopädin. Es gibt mehrere Arten, wie eine Schluckanalyse durchgeführt wird, sie kann beispielsweise sogar durch Verabreichung eines Kontrastmittels in Verbindung mit einer Röntgung geschehen. Bei einer Analyse ist die zu klärende Frage längst nicht immer die des Wunsches zu sterben, sondern es gibt bestimmte Erkrankungen bzw. Anomalien zu deren Symptomatik die Schwierigkeiten beim Schlucken gehören und die Störung wird dann zwecks Abklärung der weiteren Behandlung untersucht. In Bezug auf die Fragestellung ob eine Nahrungsverweigerung organisch bedingt ist oder aber Ausdruck des Wunsches zu sterben, wird in erster Linie darauf geachtet, wie der Patient auf die angebotene Nahrung reagiert. Wird der Kopf abgewendet und die Lippen bewusst zusammen gepresst? Wird die Nahrung im Mund behalten oder wird versucht, diese wieder auszuspucken? Jede Bewegung und Reaktion wird genau beobachtet. Weiterhin muss erforscht werden, ob Nahrung generell verweigert wird oder ob dies nur auf bestimmte Nahrungsmittel zutrifft.

Auch nach einer Schluckanalyse wird man nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen können, wie stark die Nahrungsverweigerung durch einen eventuellen Sterbewunsch bedingt ist. Und man darf auch nicht davon ausgehen, dass das Prozedere und die letztendlich getroffenen Entscheidungen völlig unabhängig von der Person der Logopädin oder den Pflegekräften sind. Zu meinem Entsetzen erfuhr ich, dass manchmal künstliche Ernährungsformen befürwortet werden, obwohl diese aus medizinischer Sicht überhaupt nicht sinnvoll sind, nur weil diese für die Pflegeeinrichtung mit einer zusätzlichen Vergütung verbunden sind. Zwar hatte ich auch schon früher davon gehört, aber es für eine Übertreibung gehalten.

Wobei es bei dem Thema Schluckanalyse geht, ist letztendlich eine der existentiellsten Entscheidungen, die es für einen Menschen gibt, denn es geht um den Wunsch, wie jemand sterben möchte. Eine künstliche Ernährung verlängert nicht nur das Leben, sondern auch den Sterbeprozess und die Entscheidung darüber muss dem Betreffenden obliegen und nicht Dritten. Aber eben weil es aus den genannten Gründen nicht zwangsläufig der Fall sein muss, dass Nahrungsverweigerung gleichbedeutend mit dem Wunsch zu sterben ist, muss alles getan werden um sich Einblick über den Willen des Patienten zu verschaffen.

Im nachherein bereue ich es ein wenig, dass ich im Falle meiner Betreuten bei der Schluckanalyse nicht anwesend war um mir einen besseren Einblick in die Problematik zu verschaffen. Wenn jemand unter Betreuung steht, dann ist es der Betreuer, der gegebenenfalls die Entscheidung über künstliche Ernährung treffen muss. Und ich empfinde es auch als äußerst bedauerlich, dass unter Betreuern noch nie Interesse geäußert wurde, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.

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