Samstag, 9. Februar 2013, 13:44h

Der Teufel in Person oder der beste Betreuer der Welt – kann man sich immer auf die Darstellung der Betreuten und ihrer Angehörigen verlassen?

behrens

Wie bei jeder anderen Tätigkeit, kommt es auch bei der Betreuertätigkeit zu Bewertungen. Genauso wie beispielsweise die Arbeit eines Handwerkers, eines Arztes oder eines Kaufmanns von all denjenigen bewertet wird, für die die Tätigkeit geleistet wird, so urteilen auch die Betreuten über die Arbeit, die ihr Betreuer für sie leistet. Dabei ist es nicht selten der Fall, dass ein- und derselbe Betreuer in seiner Bewertung einer erstaunlichen Spannbreite unterliegt. Diese kann von der Titulierung „Teufel in Person“ bis zur „besten Betreuerin der Welt“ reichen. Hier ein paar Beispiele:

In der vergangenen Woche habe ich eine im Heim lebende Betreute besucht, mit der ich im Laufe eines Jahres immer wieder ausführlich besprochen habe, ob sie trotz ihrer schweren Pflegebedürftigkeit wieder in ihre Wohnung zurückkehren möchte, oder aber im Heim bleiben möchte. Das Ergebnis war, dass sie sich dafür entschied, im Heim zu bleiben. Ich ließ mir ihre Einwilligung in die Kündigung ihrer Wohnung nicht nur unterschreiben, sondern nahm auch meine Mitarbeiterin zu dem damit verbundenen Gespräch mit. Als ich jetzt besagte Betreute vor zwei Wochen besuchte, weigerte sie sich, mir die Hand zu geben und bezeichnete mich als „Teufel in Person“, dem sie „die Pest an den Hals wünschte“. Ihrer Meinung nach hatte ich ihr gegen ihren Willen die Wohnung weggenommen und mich außerdem an ihr bereichert.

Die Titulierung „Teufel in Person“ war mir nicht neu. Vor vielen Jahren hatte ich eine Betreute, die seit Jahren Sozialhilfe bezog, obwohl sie Ersparnisse in fünfstelliger Höhe besaß. Die Wohnung musste dringend entmüllt werden, da sich der Müll schon meterhoch stapelte. Zwar war die Betreute mit der Entmüllung einverstanden, aber sie war hochempört, als ich die Kosten von ihren Ersparnissen bestreiten wollte und keinen Antrag beim Sozialamt stellte. Wo immer die Möglichkeit bestand, erzählte die Betreute, dass ich ihr ihr Geld vorenthalten und mich nicht für ihre Rechte einsetzen würde. Das tat sie so überzeugend, dass dann auch in steter Regelmäßigkeit Menschen bei mir anriefen und mich vorwurfsvoll ermahnten, mich besser um die Betreute zu kümmern. Ich stellte dann natürlich die Angelegenheit richtig, was mir wiederum barsche Kritik der Schwester der Betreuten einbrachte, die mir vorwarf, „meinen Beruf verfehlt zu haben“, weil ich zu viel Informationen abgeben würde. Die Betreute selbst drohte mir ständig mit der Einschaltung der BILD-Zeitung. Außerdem drohte sie mir damit, dass man „schon für vierzig DM jemand umbringen lassen könne“. Wie ich übrigens später erfuhr, hatte die Betreute tatsächlich schon einmal eine Sozialarbeiterin mit einem Messer angegriffen.

Wie ich hier auch schon einmal ausführlich dargestellt habe, gibt es auch Angehörige, die einen Betreuer mit ihrem Hass regelrecht verfolgen, so wie der Vater einer Betreuten, der seiner schwerkranken Tochter jeglichen Kontakt zur Außenwelt verbieten wollte und dabei auch schon mit erhobener Faust auf mich zukam. Auch dieser Angehörige bezeichnet mich als „Teufel in Person“ und beauftragte einen Anwalt damit, gegen mich vorzugehen, weil ich seiner Ansicht nach das Geld seiner Tochter nicht richtig verwalten würde – was ich allerdings durch Darlegung der entsprechenden Unterlagen eindeutig widerlegen konnte.

In einem anderen – hier auch schon beschriebenen Fall – hatte ein Angehöriger ebenfalls einen Anwalt eingeschaltet und sich bei Gericht über mich beschwert, weil ich seiner Ansicht nach eine angeblich muslimische Betreute zum Christentum bekehren wollte. Hierbei war die Einschaltung eines Anwalts noch harmlos, denn der Angehörige hatte mich auch mit vollem Namen bei zwei als sehr fundamentalistisch geltenden muslimischen Einrichtungen denunziert. Natürlich war die Bekehrung zum Christentum völlig aus der Luft gegriffen zumal meine Betreute auch überhaupt keine Muslimin war, sondern evangelisch. Aber bevor diese Vorwürfe entkräftet wurden, standen sie erst einmal im Raum und geben ein sehr negatives Bild über Betreuungsarbeit ab.

Natürlich gibt es nicht nur diese Fälle von Betreuten und Angehörigen, die Betreuungsarbeit sehr negativ sehen. So schickte mir vor kurzem einer meiner Betreuten einen Brief, der adressiert war an „die beste Betreuerin der Welt“. So sehr ich mich auch über dieses Lob freue, so bin ich mir natürlich auch im Klaren darüber, dass auch diese Bewertung subjektiv ist. Aber natürlich ist es bei einer Arbeit, die oftmals mit sehr viel harter Kritik verbunden ist, wohltuend, wenn nicht nur negativ geurteilt wird. Wenn Angehörige nicht nur den „Teufel in Person“ in mir sehen, sondern mir beispielsweise sogar auch noch nach Beendigung der Betreuung nette Weihnachtsgrüße schicken. Auch wenn ich immer betone, dass ich keine Geschenke möchte, so habe ich doch auch schon einige Male Blumen, Pralinen und andere Kleinigkeiten erhalten, über die ich mich natürlich sehr gefreut habe.

Aber die in der Überschrift dieses Beitrags formulierte Frage bleibt:

Kann man sich immer auf die Darstellung der Betreuten und ihrer Angehörigen verlassen?

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