Donnerstag, 12. April 2012, 01:43h

Womit man so sein Geld verdienen kann

behrens

Gestern rief mich eine Betreute aufgeregt an, weil sie einen Brief einer Rechtsanwaltskanzlei erhalten hat. Ihr wurde in dem besagten Schreiben unterstellt, aus dem Internet einen Porno der Firma Erotica heruntergeladen zu haben. Der Betreuten sollte dafür der stolze Preis von 1.598,00 € in Rechnung gestellt werden. Meine Betreute ließ mir das Schreiben zukommen und so konnte ich auf rund vier Seiten Kleingedrucktem lesen, warum wieso und weshalb sich meine Betreute damit nach Meinung der Anwälte ganz eindeutig strafbar gemacht hätte.

Mir selbst ist es auch schon einmal passiert, dass mir jemand einen Download (allerdings keinen Porno) unterstellt hat, den ich aber nie getätigt hatte. Damals reagierte die betreffende Firma zwar nicht auf meine Antwortschreiben, aber als dann ein Anwalt für mich tätig wurde, hörten die Anmahnungen sofort auf. Derlei Vorgänge werden immer wieder in der Presse besprochen und es wird geraten, auf keinen Fall zu zahlen. Allerdings geht es dabei den meisten wie mir, und es kehrt erst wieder Ruhe ein, wenn ein Anwalt tätig wird.

Als ich und meine Mitarbeiterin dann ein wenig googelten, stießen wir merkwürdigerweise auf diverse Einträge zu der besagen Anwaltskanzlei, die meist auch wiederum von Anwälten stammten. Es wurde dann immer wieder geraten, auf keinen Fall zu zahlen. Allerdings wurde dann auch sofort darauf hingewiesen, dass man auf jeden Fall einen Anwalt beauftragen sollte und – wie sollte es anders sein – auf die eigene Kompetenz in der Materie hingewiesen.

Was geht hier eigentlich vor? Ich bin zwar jemand, der sich nur sehr schwer von Verschwörungstheorien überzeugen lässt, aber irgendwie scheint es sich ja hier um eine Art juristisches Perpetuum Mobile zu handeln. Da gibt es irgendein Internetportal, das Filme anscheinend so präsentiert, dass der Hinweis auf die Kostenpflicht so geschickt angebracht wird, dass ihn jeder übersieht. Dann gibt es eine Anwaltskanzlei, die sofort auf die vermeintlichen Downloads reagiert, indem eine drastische Geldstrafe gefordert wird - selbst von denjenigen, die überhaupt keinen Download gemacht haben.Und dann gibt es wiederum Anwälte, die sich auf genau diesen Vorgang bei genau der betreffenden Anwaltskanzlei spezialisiert haben.

All dies könnte man ja eigentlich schon fast eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nennen. Oder vielleicht auch Job-sharing. Es verdienen sozusagen drei verschiedene Parteien: eine Firma, die Schmuddelfilme produziert, Anwälte, die damit beauftragt werden, Menschen zu unterstellen, dass sie sich die Schmuddelfilme angeblich runtergeladen haben und Anwälte, die damit beauftragt werden, diesen Vorwurf zu entkräften. Die Anwälte verdienen durch ihre Honorare, die Schmuddelfilmfirma wahrscheinlich durch Vergleichszahlungen oder aber vielleicht auch durch diejenigen, die tatsächlich anstandslos zahlen.

Ich habe der betreffenden Anwaltskanzlei umgehend geantwortet, dass ich auf keinen Fall bereit bin, meine Betreute diese horrende Summe zahlen zu lassen für einen Film, den sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gar nicht gesehen hat. Ich habe es mir dabei nicht nehmen lassen, mein Erstaunen darüber zu äußern, dass man eine Summe fordert, die derart hoch ist, dass sie ja schon fast die Produktionskosten deckt.

Ich würde gern den Namen der Anwälte nennen, aber da ich ja schon einmal in den Genuss der Androhung einer Unterlassungsklage gekommen bin, lasse ich dies lieber.

Bleibt noch anzumerken, dass meine Betreute und ihr Lebensgehilfe von Grundsicherungsleistung (=Sozialhilfe) leben. Es würde daher Prozesskostenhilfe geben. Allerdings gibt es die nur für einen Rechtsstreit, der auch vor Gericht kommt und nicht für anwaltliche Schreiben, die gerade im Vorfeld verhindern sollen, dass die Angelegenheit vor Gericht geht. Für eine geringe Gebühr kann man in Hamburg auch die öffentliche Rechtsauskunft in Anspruch nehmen. Mir kommt aber die Galle hoch, wenn ich mir vorstelle, dass ein derart hoher Aufwand betrieben werden soll für ein durch und durch unseriöses Vorgehen und eine absurd hohe Geldstrafe.

Bleibt also abzuwarten, wie die Herren Anwälte reagieren. Ich würde mir ja gern mal die besagte Seite von „Erotica“ ansehen und mir genauer ansehen, ob deutliche Hinweise für Kostenpflichtigkeit bei Downloads vorhanden sind. Aber da ich mich mit vielen Sachen, die das Internet betreffen, oftmals ausgesprochen ungeschickt anstelle, habe ich Angst, dass ich dann vielleicht auch in den Genuss eines Forderungsschreibens der Herren Rechtsanwälte komme. Also lieber nicht.

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