Sonntag, 22. Februar 2009, 11:45h

Frau S. und der Ein-Euro-Job

behrens

Eine meiner Betreuten möchte - sie möchte wirklich! - einem Ein-Euro-Job nachgehen. Die 29jährige Frau S.leidet an einer Borderline-Erkrankung, die es im Kontakt zu anderen sehr schnell zu Konflikten kommen läßt, die wiederum dazu führen, daß Frau S. sofort den Kontakt abbricht. Nicht gerade einfach, wenn es um eine Arbeitssituation geht - gleich welcher Art - da es in der Zusammenarbeit auch immer in irgendeiner Form Konflikte gibt und die soll man nun mal aushalten können.

Bei der letzten Option auf einen Ein-Euro-Job war Frau S. gleich begeistert und stellte sich direkt am Einsatzort, einer Kantine, vor. Diesmal kam es jedoch gar nicht zu einem Arbeitsversuch, da Frau S. sofort eine Antipathie gegen die zukünftigen KollegInnen hatte. Sie waren ihr viel zu alt und entsprachen auch sonst überhaupt nicht ihren Vorstellungen. Sie wurde dann trotzdem zu einer Teilnahme an einem Gespräch mit allen Kollegen aufgefordert und dabei kam es zu ziemlich heftigen Auseinandersetzungen.

Frau S. rief mich an und sagte mir, daß sie in der besagten Kantine nicht arbeiten möchte. Wörtlich sagte sie "Ich ekel mich vor denen, ich kann dort nicht arbeiten". Jetzt ist natürlich mit einer Leistungsminderung zu rechnen, da Arbeitsangebote nicht einfach grundlos abgelehnt werden dürfen.

Ist es eigentlich ein Grund, wenn man sich vor anderen Menschen ekelt? Frau S. hat sich übrigens schon einmal als 20jährige vor einen Zug geworfen. Sie hat dies wie durch ein Wunder schwerverletzt überlebt. Genauso wie Frau S. ihre Beziehungen sofort abbricht, ist sie meines Erachtens auch mit Sicherheit in der Lage, ihr Leben einfach abzubrechen.

Ist der Ekel vor anderen Menschen also ein Grund, um eine Arbeit abzulehnen? Ja, es ist ein Grund. Niemand ist verpflichtet, mit Menschen zu arbeiten, vor denen er sich ekelt. Auch wenn man selbst sich das oft genug antut - Ekel muß man nicht aushalten können!

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