Mittwoch, 28. November 2007, 04:25h
Sozialarbeit als Ware
Sozialarbeit als Ware
Schon seit einigen Jahren macht sich ein sonderbarer Wechsel in der Alltagssprache bemerkbar. In Ämtern werden die Arbeitslosen, Sozialhilfeempfänger e.t.c nur noch als „Kunden“ bezeichnet. Auch Pflegedienste bezeichnen ihre Patienten seit einiger Zeit als Kunden und in Heimen gibt es mittlerweile keine Bewohner mehr sondern ebenfalls nur noch Kunden. Selbst einige Betreuer bezeichnen ihre Betreuten inzwischen als Kunden und nennen sich jetzt selbst „soziale Dienstleister“
Man hat jetzt offensichtlich dem Bereich der Sozialarbeit Begrifflichkeiten übergestülpt, die aus dem Bereich der Wirtschaft stammen. Das Verhältnis Berater – Ratsuchender wird nun auf die kaufmännische Ebene gebracht und die Beratung wird zur Ware; der Berater zum Anbieter und der Ratsuchende zum Kunden. So weit – so gut, aber worin soll der Vorteil in dieser Umbenennung liegen? Als Ziel läßt sich vermuten, die seit jeher in den roten Zahlen steckende Sozialarbeit wirtschaftlicher zu machen und hierbei sollen marktwirtschaftliche Kategorien und Kriterien helfen. Hat sich dadurch aber jetzt irgend etwas inhaltlich verändert oder gar verbessert? Die Frage muß leider mit einem klarem „Nein“ beantwortet werden.
Nach wie vor kostet der soziale Bereich eine Menge Geld. Sicher, es sind diverse Einsparungen vorgenommen worden, aber an anderer Stelle haben genau diese Einsparungen wieder neue Ausgaben verursacht, denn weniger Kosten in der Beratung und Prophylaxe provozieren unweigerlich Mehrkosten in den Spätfolgen. Sozialarbeit ist und bleibt ein subventionierter Bereich und somit ist es irreführend und Augenwischerei, ihn einfach auf die Ebene des markwirtschaftlichen Warentauschs zu reduzieren. Soziale Verelendung kann man nicht allein nach kaufmännischen Gesichtspunkten bekämpfen. Es gibt hier keine Kunden, die völlig freiwillig irgendeinen Service entgegennehmen, den sie auch noch selbst bezahlen, sondern es gibt Menschen, die auf bestimmte Hilfen existenziell angewiesen sind und die nicht mehr die Möglichkeit der Wahl haben. Werden die Hilfen nur unzureichend geleistet, muß man mit Folgen rechnen wie erhöhter Kriminalität, vollen Psychiatrien und fehlgeschlagenen Eingliederungsmaßnahmen und es entstehen die sogenannten Parallelgesellschaften.
Reformen in der Sozialarbeit und im Bereich der sozialen Hilfen sind grundsätzlich notwendig und auch schon lange fällig. Aber Reformen sollten immer vorrangig von denjenigen vorgenommen werden, die tagtäglich mit den damit verbundenen Problemen konfrontiert sind und nicht von Wirtschaftsberatern, die ja leider oft genug schon in dem ihnen vertrauten Genre keine besonders überzeugenden Leistungen erbringen.
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