Donnerstag, 22. November 2007, 02:39h

Flyer statt Flugblätter - Öffentlichkeitsarbeit als Spiegel des Zeitgeistes

behrens

Flyer statt Flugblätter – Öffentlichkeitsarbeit als Spiegel des Zeitgeistes

Flyer ist eigentlich nur die englische Entsprechung für das deutsche Wort Flugblatt. Allerdings hat sich mit der Verdrängung des deutschen Begriffs eine merkwürdige Wandlung des Inhalts eingestellt. Früher enthielten Flugblätter Informationen über Einrichtungen oder Veranstaltungen und es wurden gleichzeitig auch noch Hintergrundinformationen gegeben. Bei Frauenhäusern wurden beispielsweise auch auf den sozialen Kontext verwiesen, wie Zahlen über das Ausmaß der Gewalt in Familien oder die ungenügenden rechtlichen Möglichkeiten eines Schutzes gegen häuslichen Gewalt. Ähnlich war es auch bei Arbeitsloseninitiativen oder anderen Sozialen Beratungsstellen.

Zugegeben, die Information war manchmal auch ideologisch gefärbt wie zum Beispiel der Hinweis auf „patriarchalische Herrschaftsstrukturen“ oder „kapitalistische Gewalt“. Aber abgesehen davon gab ein Flugblatt einen klaren Einblick darüber, wer - was - warum - initiiert hat.

Ganz anders der Flyer. Obwohl äußerlich wesentlich professioneller als die oftmals dilettantisch anmutenden Flugblätter, sagt der Inhalt nichts mehr aus. Es werden stereotyp die Begriffe „kompetent“, „qualifiziert“ und „erfahren“ verwendet. Gekrönt wird dann allerdings das Ganze noch mit der Aussage: „bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“. Die Hervorhebung eines Umstands, der eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist – gelinde gesagt – mehr als platt. Selbstverständlichkeiten braucht man nicht explizit zu erwähnen; tut man es doch, dann ist es eben gerade nicht selbstverständlich und ein Hinweis darauf, daß es aller Wahrscheinlichkeit nach ganz andere Prioritäten gibt .

Was der Wandel vom Flugblatt zum Hochglanz-Flyer deutlich macht, ist paradoxerweise gerade das, was er so gern verbergen möchte: die Zeiten, in denen das Interesse an qualifizierter, engagierter Arbeitsleistung und das Interesse am Verdienst sich die Waage hielten, sind endgültig vorbei. Dies muß man wohl auch so akzeptieren, nur sollte man sich und den anderen dann auch die Platitude vom „Mensch im Mittelpunkt“ ersparen.

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