Samstag, 1. April 2017, 12:58h
Eine Mauer mitten durchs Büro – (k)ein Aprilscherz?
„Wenn zwei Geizige sich paaren,
mög‘ die anderen Gott bewahren.
Knausern beide im Verein,
wird es unerträglich sein“.
Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
Manchmal höre ich Dinge von meinen früheren Betreuerkollegen, bei denen ich mir nie so ganz sicher bin, ob es ernst gemeint ist oder es sich um einen Scherz handelt. So passt dieser Beitrag auch bestens zum 1. April. Es geht um zwei in Bürogemeinschaft arbeitende Betreuerinnen, die sich dazu entschlossen, quer durch ihr Büro eine Wand mauern zu lassen. Was könnte wohl ein Grund für so eine merkwürdige Entscheidung sein? Vielleicht die Wahrung des Datenschutzes, weil durch die Anwesenheit eines weiteren Kollegen die Vertraulichkeit von Gesprächen mit den Betreuten nicht möglich ist? Nein, dies nehmen viele Betreuer gar nicht als Problem wahr. Oder war es vielleicht das Bedürfnis, mehr Ruhe beim Arbeiten zu haben? Auch das trifft nicht zu, denn dann hätten sich die betreffenden Betreuerinnen wohl kaum ganz bewusst für ein gemeinsames Büro entschieden.
Nein, der Grund war ein völlig anderer. Es ging um einen Streit über die Stromrechnung, die wie allgemein üblich durch die Anzahl der Büropartner geteilt wurde. Irgendwann jedoch wurde einer der beiden Betreuerinnen bewusst, dass der gemeinsame Kühlschrank von ihr gar nicht genutzt wurde, woraufhin sie sich dann weigerte, weiterhin ihren hälftigen Anteil zu zahlen, da sie sich finanziell unangemessen benachteiligt fühlte.
Was hat dies nun mit der besagten Mauer zu tun, die daraufhin quer durchs Büro gezogen wurde? Die Mauer wurde erstaunlicherweise von den Betreuerinnen als einziger Ausweg angesehen, um dieses von beiden als äußerst schwerwiegend empfundene Problem eines einstelligen Eurobetrags aus der Welt zu schaffen. Weder kam es infrage, weiterhin die Abschlagssumme gemeinsam zu tragen, noch kam es infrage, die Summe um einige Euro zu reduzieren – nur der Bau einer Mauer ermöglichte die weitere Nutzung des Büros.
Die ganze Begebenheit an sich ist an Absurdität und Lächerlichkeit kaum zu überbieten, aber zieht man in Betracht, dass beide Betreuerinnen einen Beruf ausüben, der sich oftmals sehr konfliktreich gestaltet und zu dessen Aufgaben infolgedessen auch die Findung konstruktiver Kompromisse gehört, dann bekommt man unweigerlich Mitleid mit den von ihnen abhängigen Betreuten. Wer schon im Falle einer lächerlichen Lappalie völlig unfähig ist, einen angemessenen Kompromiss einzugehen, der wird natürlich erst recht außerstande sein, wenn es sich um schwerwiegendere Sachverhalte handelt, vor allem wenn dazu auch meist gar keine Notwendigkeit besteht, weil Betreute oftmals gar nicht in der Lage ist, sich angemessen für ihre Anliegen einzusetzen. Und wer sich nicht entblödet, aus einem lächerlich geringen Betrag ein derartiges Drama zu machen, der wird auch in seiner Arbeit jede Entscheidung einzig und allein nach monetären Kriterien fällen. Hier treffen gleich zwei äußerst unangenehme menschliche Eigenschaften aufeinander: extremer Geiz und ebenso extreme Rechthaberei.
Übrigens verstanden sich die beiden Betreuerinnen anfangs ausgesprochen gut. Ganz nach dem Motto – niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen. Aber bei Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf und im Falle mancher Betreuer ist dies sogar dann der Fall, wenn es sich lediglich um ein paar lausige Euros handelt.
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Aber extremer Geiz und extreme Rechthaberei können putzige Blüten treiben.
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Die Idee, diese „Mauerbau-Begebenheit“ als Beitrag zum ersten April zu schreiben kam mir, weil ich zuerst tatsächlich der Meinung war, es könne sich dabei nur um einen Scherz handeln. Weniger witzig ist es allerdings, mit solchen Menschen real zu tun zu haben. Mit einer der beiden Damen hatte ich vor einigen Jahren eine gemeinsame Homepage – eine alles andere als angenehme Erfahrung, nicht nur mich betreffend, wie ich hier beschrieben habe. Letztendlich hat mir diese Erfahrung jedoch auch die Augen dafür geöffnet, dass die Außendarstellung von Betreuern mit der Realität manchmal erschreckend wenig gemeinsam hat. Menschen, die so mit anderen umgehen, könnte ich meine Angehörigen jedenfalls nicht ruhigen Gewissens anvertrauen.
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