Montag, 17. Februar 2014, 14:54h
Parteipolitisches Schmierentheater
Seit Tagen verfolge ich nun schon die Ereignisse rund um Edathy und es ist kaum noch erträglich, was sich da abspielt. Gleichzeitig ist es eine Lektion über die Mechanismen politischen Handelns. Handeln, welches sich nicht primär an gesellschaftlichen Zielen orientiert, sondern sich auf politisches Kalkül reduziert.
Wann und wo und wer hat etwas gesagt? Bei der Beantwortung dieser Frage versucht momentan nicht nur jeder, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen sondern gleichzeitig auch noch parteipolitisch auszuteilen.
Warum gibt ein Innenminister streng vertrauliche Informationen an eine Partei weiter, der er nicht angehört? Weil er im Hinblick auf die große Koalition verhindern will, dass Posten mit jemandem besetzt werden könnten, der aufgrund von nachgewiesener Straftaten dafür ungeeignet ist? Oder aber, weil er lediglich den guten Ruf gefährdet sieht und hofft, dass seine Information das Vordringen an die Öffentlichkeit verhindert?
Warum gibt ein Franktionsvorsitzender die Information über die Verletzung der Geheimhaltung weiter? Aus der (wenig glaubwürdigen) Vorstellung heraus, dass dies keine weiteren Konsequenzen haben wird? Oder weil er dadurch den Fokus vom vermeintlich straffälligen Parteigenossen auf die vermeintliche Strafvereitelung des Ministers einer anderen Partei lenken will?
Was mir bei alldem so bitter aufstößt, ist der Umstand, dass es zu keinem Zeitpunkt wirkliche Empörung über den Tatbestand der Kinderpornographie gab, sondern es einzig um die Absicht der Schadensbegrenzung in Hinsicht auf den guten Ruf geht.
Der Beschuldigte selbst sieht sich jetzt in der Opferrolle, da es sich bei dem bei ihm gefundenem Material nicht um kinderpornographische Schriften handeln würde, sondern um Schriften aus der Grauzone der legal zugänglichen Fotos. Selbstverständlich gilt auch für einen Politiker die Unschuldsvermutung, aber die Tatsache des Besitzes von Fotos, auf denen Kinder als Sexware vermarktet werden zu ignorieren und letztendlich die Aufmerksamkeit nur noch auf die vermeintlichen Ermittlungsfehler anderer zu lenken, mag in Machtpositionen eine anerkannte Strategie sein, von Verantwortungsbewusstsein zeugt sie nicht. Dabei geht es nicht darum, jemanden für seine pädophilen Neigungen anzuprangern, sondern um den Umgang damit und um deren Aufarbeitung.
Vielleicht ist dies das Charakteristische an der ganzen Angelegenheit: die ganze Herrenriege – denn es ist eine reine Herrenriege – sieht sich in der Opferrolle und übertrifft sich gegenseitig im Anführen juristischer Spitzfindigkeiten. Und bei alle dem geht es allein um eins: den guten Ruf in der Öffentlichkeit zu wahren.
Wichtig zu betonen, dass dieses Verhalten nicht auf Politiker begrenzt ist, sondern überall dort anzutreffen ist, wo es um Geld und Macht geht. Der gleiche Vorfall würde sich in einem beliebigen anderen Tätigkeitsfeld genauso abspielen. Auch dort würde es sofort um nichts anderes als um die Bewahrung des guten Rufs und somit einzig um Machterhalt gehen. Wenn es allein um Gewinn geht, wird sowohl bei Straftatbeständen als auch bei grenzwertigen Praktiken immer Vertuschung und nie Aufklärung das Ziel sein.
Kinder, die man auf entwürdigende und unmenschliche Weise für die kranke Sexualität Erwachsener missbraucht und denen damit nicht nur die die Kindheit, sondern auch das Leben als Erwachsener zerstört wird – das scheint bei alldem keine wirkliche Empörung hervorzurufen. Dies wäre wohl nur dann der Fall, wenn es die eigenen Kinder beträfe.
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