Dienstag, 22. Januar 2013, 14:23h
Supervision – Blick über den Tellerrand
Vor ungefähr einem Jahr hatte ich mich entschlossen, mir einige Stunden Supervision zu gönnen. Einfach mal selbst in der Position zu sein, in der man nicht anderen zuhört, sondern selbst Rat und Hilfe erhält. Das Hilfreiche bei einer Supervision, so wie bei jeder andern Form der Beratung auch, ist das Feedback aus einem anderen Blickwinkel heraus. Man sieht sich und seine arbeitsspezifischen Probleme quasi von oben in einem größeren Zusammenhang und Radius.
Mir ging es bei der Supervision nicht so sehr um einzelne Fallbesprechungen, sondern um die Arbeit an sich. Um die Situation, dass die Betreuungsarbeit nicht eingegliedert ist in soziale oder behördliche Träger, sondern jeder Betreuer mehr oder weniger eine kleine Ich-AG bildet und das Prinzip der Zusammenarbeit durch das der Konkurrenz ersetzt wird.
Wichtig zu erwähnen, dass die Supervisorin selbst Betreuerin ist und sehr aktiv in unserem Berufsverband mitarbeitet. Mit anderen Worten – schon das allein war für mich ungewohnt und neu, denn ich habe in den vielen Jahren meiner Arbeit noch nie einen Kollegen kennengelernt, der sich übergeordnet engagiert.
Wenn ich die Quintessenz der Ergebnisse meiner Supervision darlegen sollte, dann ist es die, dass es auch einen gänzlich anderen Typus des Betreuers gibt, als diejenigen, mit denen ich bisher meist zu tun hatte. Schon die Ausbildung der Supervisorin unterscheidet sich von der allgemein üblichen, denn sie hat weder eine kaufmännische noch eine juristische Ausbildung, sondern ein Politikwissenschaftstudium absolviert.
Obwohl Supervision im Allgemeinen Wertungen vermeidet, war es ohne viele Worte selbstverständlich, dass vieles von dem, was ich im Laufe meiner Berufspraxis mitangesehen hatte, auch für die Supervisorin ohne Wenn und Aber unvertretbar ist. Übereinstimmung auch darin, dass Betreuungsarbeit Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit bedarf. Allerdings betonte die Supervisorin nachdrücklich, dass ein großer Teil der Betreuer unseriöse Arbeitspraktiken genauso vehement ablehnt wie ich. Das ist es auch, was die Supervisorin mir ans Herz legte – immer zu bedenken, dass es sich bei den von mir gemachten Erfahrungen nur um einen Ausschnitt eines viel größeren Spektrums handelt. Ein Spektrum, das sehr vielfältig ist und das sich nicht auf kaufmännische Prioritäten reduziert.
Obwohl der Blick über den Tellerrand etwas Versöhnliches und Optimistisches hat, macht er jedoch auch deutlich, dass es allerdings auch nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist, Betreuer zu treffen, für die Vernetzung und Interesse für übergeordnete Themen genauso wichtig wie Fragen der Vergütung sind. Wenn ich mir zum Beispiel den Bezirk ansehe, in dem ich tätig bin, dann gibt es dort keinen einzigen Betreuer, der sich die für Arbeit des Berufsverbands oder für kollegialen Austausch einsetzt. Zwar gibt es ein alle zwei Monate stattfindendes Treffen, aber dieses findet einzig und allein durch die Initiative der zuständigen Behörde statt. Und obwohl unser bezirkliches Treffen eigentlich nach den Vorschlägen der Betreuer gestaltet werden soll, werden von diesen so gut wie nie Vorschläge gemacht und viele der Betreuer sagen (natürlich nicht während des Treffens) dass die Teilnahme in erster Linie geschieht, um auch weiterhin Betreuungen zu erhalten.
Fazit meiner Supervision: auch trotz der vielen negativen Erfahrungen gibt nicht den Betreuer und man wird der Beurteilung des Betreuungswesens nur dann gerecht, wenn man bisher gemachte Erfahrungen nicht generalisiert. Dies ist nicht unbedingt einfach, denn schlechte Erfahrungen lassen sich nicht so einfach wegwischen. Der erste Schritt zur Verarbeitung negativer Erfahrungen wird nur möglich, wenn überhaupt erst einmal ausgesprochen werden darf, dass etwas negativ war. Die Tatsache, dass mir in der Person der Supervisorin das erste Mal jemand aus unserem Berufsstand begegnete, der unseriöser Berufspraktiken voll und ganz ablehnt, zeigte mir, dass ich mich auf meine Wahrnehmung und meine Urteilskraft verlassen kann. Der zweite Schritt besteht dann in dem Öffnen für das Zulassen neuer Erfahrungen. So wie ich ja inzwischen auch Kontakt zu zwei Kolleginnen außerhalb unseres Bezirks habe, die meine Ansichten in Bezug auf die Pflichten als Betreuerin teilen.
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