Freitag, 1. Oktober 2010, 02:11h

„Da fällt es schwer, keine Satire zu schreiben“ oder ist Satire unanständig?

behrens

1. Oktober 2010
"Da fällt es schwer, keine Satire zu schreiben."

Vielleicht ist der Hauptvorwurf an Satire - wie aber auch an offene Kritik - der des Bloßstellens. Dies ist aber eben auch der Hauptirrtum, denn Bloßstellen kann man nur Geheimnisse. Und Betreuer agieren nicht wie der Ku-Klux-Klan im Geheimen sondern in offener Interaktion mit der Gesellschaft, von der sie – nur so ganz nebenbei – auch bezahlt werden. Und die Tatsache, dass es immer mehr Beschwerden gibt und die Unzufriedenheit immer größer wird, ist nun mal ein eindeutiger Hinweis darauf, dass es eben nicht um Geheimnisse geht. Im Übrigen sollte bei berechtigter Kritik auch ein Geheimnis nicht unantastbar sein. Es geht hier nicht um Sex mit Praktikantinnen – der in der Tat eine Privatsache ist und in der Öffentlichkeit nichts zu suchen hat (was man in Amerika allerdings anders sieht) – sondern es geht um den Umgang mit Hilfsbedürftigen.

Man könnte jetzt noch als letztes Argument vorbringen, dass auch bei völliger Berechtigung von Kritik eine andere Form der Auseinandersetzung gewählt werden sollte, wie z.B. die direkte aber diskrete Ansprache. Fehlanzeige, habe ich schon versucht. Es gibt nichts, was Betreuer weniger interessiert, als die Auseinandersetzung mit Kritik. Wozu soll das gut sein? Kostet doch nur Zeit und bringt nichts.

Jetzt könnte man noch als wirklich allerletztes Argument vorbringen: Kümmere dich doch einfach nicht drum und lass die anderen sein wie sie sind. Ist doch nicht dein Problem, im Fachjargon auch formuliert als „Ich bin O.K. – Du bist O.K.“

Tut mir leid, liebe Kollegen – dafür bin ich zu egoistisch! Ich werde nämlich mit einiger Sicherheit einmal selbst betreut werden und einige meiner Angehörigen vielleicht auch. Und ich kann mir Besseres vorstellen als Businessman & Co. Und weil ich mir Besseres vorstellen kann, möchte ich auch nicht mit anderem Vorlieb nehmen. Eigentlich doch ziemlich einleuchtend, oder?


Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist, will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an." – Kurt Tucholsky

Recht hat er! Es gibt keinen Grund, mit dem Schlechten Vorlieb zu nehmen, solange ein Besseres möglich ist.

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