Sonntag, 6. Dezember 2009, 03:24h
Betreute mit Kindern
Ich möchte hier einfach mal ein wenig Einblick geben über die Thematik der Betreuten mit Kindern.
Da wäre meine Betreute Frau Z., die insgesamt 10 Kinder hat. Die älteste Tochter ist bei Pflegeeltern aufgewachsen, die zweite Tochter zuerst auch und nachdem sie einige Zeit bei Frau Z. lebte, mußte sie wegen massiver psychischer Störungen in eine spezielle Einrichtung wechseln. Dann folgen vier Kinder, die zuerst gemeinsam mit Frau Z. und ihrem damaligen Lebenspartner aufwuchsen. Nachdem es zu einer schweren Krise kam, wurde das Sorgerecht allein auf den Vater übertragen. Der unmittelbar danach geborene Sohn wurde gleich in eine Pflegefamilie gegeben, bei der dieser jetzt auch noch lebt. Dann wurde Frau Z. wieder schwanger und bekam eine Tochter.
Es gab von allen Seiten höchste Skeptis, ob man Frau Z. das Kind überlassen dürfte. Bei der Geburt des achten Kindes wurde dann ein riesengroßes Rundum-Betreuungspaket geschnürt: Noch bevor die Betreuung durch die Hebamme endete, wurde Frau Z. mit dem Baby in eine spezielle Mutter-Kind-Station eines psychiatrischen Krankenhauses eingewiesen um genau zu beobachten, ob die Mutter-Kind-Beziehung tragfähig ist. Neben mir als rechtlicher Betreuerin gab es auch noch eine 6stündige pädagogische Betreuerin und außerdem noch Betreuung im Rahmen der Familienhilfe. Und so früh wie möglich wurde ein Krippenplatz beschafft, damit genau beobachtet werden konnte, wie sich das Kind entwickelt.
Inzwischen sind noch zwei weitere Kinder hinzugekommen. Die pädagogische Betreuung wurde zwar beendet, aber es gab und gibt durchgehend Betreuung durch die Familienhilfe. Alle Kinder haben trotz der Tatsache, daß die Mutter nicht berufstätig ist, einen Vollzeit-Kindergartenplatz. Und schon nach einiger Zeit stellte sich heraus, daß jedes der drei Kinder zusätzlich auch noch eine Frühförderung benötigte, da es Entwicklungsverzögerungen gab.
Der größte Wunsch Frau Zs. ist der nach eigenen Kindern. Das wurde ihr mit jeder Menge Unterstützung auch ermöglicht. Trotzdem ist die Bilanz nicht für alle Kinder positiv. Eine der Töchter leidet an einer schweren psychischen Erkrankung und eine andere Tochter war schon als Jugendliche mehrmals im Gefängnis. Von den vier Kindern, die weitgehend allein vom Vater großgezogen wurden, scheint die Entwicklung nach einiger Zeit völlig normal verlaufen zu sein. Die drei jüngsten Kinder zeigen alle mehr oder weniger Entwicklungsstörungen. Der bei Pflegeeltern aufwachsende Sohn entwickelt sich völlig unproblematisch und hat sogar eine schulisch auffallend gute Entwicklung.
Jemand möchte unbedingt viele eigene Kinder. Schon beim ersten Kind zeigt sich, daß derjenige es gar nicht schafft. Trotzdem kommen noch weitere 9 Kinder. Und immer wird alles Erdenkliche getan um das Kindeswohl zu garantieren. Ich würde nach wie vor jederzeit jede mögliche Hilfe beantragen und durchsetzen, wenn der Bedarf dafür dafür vorhanden ist.
Und trotzdem hat das Ganze einen bitteren Beigeschmack. Vor kurzem war ich auf der Erziehungskonferenz für den bei Pflegeltern lebenden Sohn. Es wurde viel über seine Hobbys und Interessen erzählt. Das Kind lernt Geige, hat sich selbst schon vor der Schule das Lesen beigebracht und bringt sich jetzt aus Interesse an Sprachen selbst Italienisch bei. Er hat viele Freunde ist in der Schule beliebt.
Ich bin meilenweit davon entfernt, die Entwicklung eines Kindes ausschließlich an den schulischen Leistungen zu messen. Und Kinder müssen auch nicht unbedingt mit Klavier- und Sprachunterricht und Waldorfpädagogik in kleinbürgerlicher Eigenheimatmosphäre aufwachsen. Darum geht es mir nicht. Aber es macht mich nachdenklich, daß beim Wunsch nach eigenen Kindern völlig ausgeblendet wird, ob man denn überhaupt in der Lage ist, den Kindern das zu geben, was Kinder brauchen. Schon vor der Geburt eines Kindes wird ein überaus engmaschiges Netz an Betreuung gestrickt – obwohl bei ehrlicher Betrachtung die Kinder wahrscheinlich überhaupt keine Chance auf eine nur annähernd normale Entwicklung haben.
Kinder sind immer noch eine Art lebendes Eigentum. Ein vom Staat geschütztes Eigentum – aber dennoch Eigentum. Man kann dieses Eigentum erwerben, ohne auch nur annähernd in der Lage zu sein, sich angemessen zu kümmern und eine gesunde und glückliche Entwicklung zu ermöglichen. Der Wunsch nach Haben reicht zur Legitimation aus, mehr bedarf es nicht.
Das ist es, was mich so nachdenklich macht.
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