Samstag, 29. März 2014, 11:49h
Zur Pflege nach Polen
In einer Dokumentation „Zur Pflege nach Polen“ wurde eindrucksvoll beschrieben, wie kräftezehrend es für Angehörige sein kann, wenn ein Familienmitglied dement und pflegebedürftig wird und dass der Entschluss zu einem Wechsel in ein Heim oftmals eine schwere Entscheidung darstellt.
Einmal geht es um den an Parkinson erkrankten Vater und einmal um den dementen Ehemann. Die Tochter und die Ehefrau sind am Ende ihrer Kräfte und entscheiden sich für ein Pflegeheim in Polen. Während der Vater es anscheinend akzeptiert, begehrt der Ehemann auf und will wieder zurück in seine Wohnung.
Man kann sowohl die Gefühle der Angehörigen als auch die der Pflegebedürftigen verstehen. Und die Lösung für dieses Dilemma kann eigentlich nur in einem bestehen:
Ein flächendeckendes Netz von kleinen Pflegeheimen, das örtliche Nähe zum bisherigen Lebensraum garantiert.
http://www.ardmediathek.de/ndr-fernsehen/die-reportage/zur-pflege-nach-polen?documentId=19144306
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Die tiefe Sehnsucht nach Demokratie und ihre Gegenspieler
Den vor kurzem gesendeten Film „Burning Bush“, in dem es um die Selbstverbrennung Jan Palachs im Jahr 1969 während des tschechischen Widerstands gegen die russische Besetzung geht, möchte ich nicht unkommentiert lassen. Mich beschäftigt die Frage, was in jemandem vorgeht, der sein Leben auf so grausame Art für eine Idee hingibt. Wie tief muss die Sehnsucht nach Demokratie sein und wie groß die Abneigung gegen die Diktatur, um so einen entsetzlichen Entschluss zu fassen?
Für manche mag sich das Thema des Films einzig auf den tschechischen Widerstand beziehen und somit besteht scheinbar kein wirklicher Bezug mehr zur Gegenwart. Für mich geht der Film jedoch über die damalige politische Situation hinaus, denn es geht um die Sehnsucht nach Demokratie schlechthin. Demokratie als Anti-Pol zur Diktatur und Machtmissbrauch. Diese Sehnsucht ist zeitlos und an keine bestimmte Epoche gebunden. Das, was jedoch in heutiger Zeit unwirklich anmutet, ist die Tatsache, dass jemand sein eigenes Leben auf grausame Art für diese Sehnsucht nach Demokratie opfert. Eine Zeit, in der Opportunismus schon fast zum guten Ton gehört und Anpassung als probates und intelligentes Mittel gilt, um gesellschaftlich voranzukommen.
Die Zeitlosigkeit des verzweifelten Wunsches nach Demokratie wird umso deutlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Demokratie nicht nur ein Terminus der politischen Ebene darstellt, sondern auch im gesellschaftlichen Feld des sozialen Miteinanders unverzichtbar ist. Auf der sozialen Ebene findet der in der Politik fungierende Diktator seine Entsprechung im autoritären Charakter. Man mag die politischen Diktatoren überwunden haben – der autoritäre Charakter ist ungebrochen da, er ist an keine bestimmte Epoche gebunden, sondern durchwandert alle Zeiten und alle Orte*. Ähnlich wie der Diktator umgibt er sich mit denjenigen, die ihm widerspruchslos und bedingungslos folgen. Er besitzt die unerschütterliche Überzeugung, dass ausnahmslos alle seiner Taten einen Segen für die Menschheit darstellen und seine Entscheidungen die einzig richtigen sind – wozu braucht man da noch Meinungsfreiheit und Mitbestimmung?
Mich hat die Geschichte Jan Palachs zutiefst berührt und ich schwanke zwischen Bewunderung und dem Gedanken, warum er die Gewalt nicht lieber gegen die Aggressoren richtete anstatt gegen sich selbst. Aber genau das macht Menschen wie ihn aus – der Verzicht auf Gewalt gegen Dritte.
Wie singt Joan Baez in der Ballade über Joe Hill: „Takes more than that to kill a man said Joe – I didn’t die.
Das tröstet zumindest ein wenig – nicht nur die autoritären Charaktere sind unsterblich, die Idealisten sind es auch.
* so auch im beruflichen Umfeld, wie ich ja ab und an hier schon geschildert habe.
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