Samstag, 27. August 2011, 13:37h
Keine Geschenke für Hartz-IV-Kinder
Nur aufgrund von Formfehlern hat jetzt das Bundessozialgericht zugunsten einer Familie entschieden, die Klage gegen die Kürzung des Arbeitslosengeldes eingelegt hatte. Grundsätzlich muss ein Geldgeschenk an Kinder als Einkommen angerechnet werden. Konkret ging es um eine Familie, in der die drei Kinder von der Oma einen Betrag von insgesamt 510,00 € als Geschenk erhalten hatten. Kinder von Hartz-IV-Empfängern dürfen allenfalls Sachgeschenke aber keine Geldgeschenke erhalten. Wenn es also Verwandte oder Freunde gibt, die versuchen, die soziale Benachteiligung von Kindern aus sozial schwachen Familien ein wenig abzuschwächen, dann wird dies durch die Anrechnung als Einkommen verhindert.
In der Konsequenz bedeutet diese Rechtssprechung, dass Kinder von Menschen mit einem Einkommen finanzielle Unterstützung erhalten dürfen, Kinder von Hartz-IV-Empfängern jedoch nicht. Das mutet paradox an, da ja gerade die Kinder von Hartz-IV-Emfängern finanziell benachteiligt sind. Reisen sind beispielsweise mit einem Hartz-IV-Einkommen genauso wenig möglich wie Ausflüge in Zoos, Vergnügungsparks e.t.c. Und auf eins sollte man in diesem Zusammenhang unbedingt hinweisen – es gibt ja schon lange eine immer größer werdende Zahl von Menschen, die trotz einer Arbeit so wenig verdienen, dass sie das Gehalt noch mit Hartz-IV aufstocken lassen müssen. Auch deren Kinder – und es geht hier um die Kinder – dürfen keine Geldgeschenke erhalten.
Mir ist durchaus bewusst, dass Hartz-IV eine Sozialleistung ist, die lediglich das Notwendigste abdecken soll und mir ist ebenfalls bewusst, dass diese Leistungen aus den Steuergeldern der Arbeit anderer finanziert werden. Mir ist ebenfalls bewusst, dass es auch die Gruppe derer gibt, die sich in ihrer Arbeitslosigkeit eingerichtet haben und die gar nicht mehr das Interesse haben, an ihrer Situation etwas zu verändern. Hält man sich nur diese Gruppe vor Augen, mag das Urteil gerechtfertigt erscheinen. Aber es gibt eben nun mal nicht nur diese Gruppe, sondern auch die große Gruppe derer, die trotz aller Anstrengungen nicht aus ihrer Situation herauskommt, weil Arbeit nun mal Mangelware ist.
Die Rechtssprechung mag man vielleicht vor diesem Hintergrund als konsequent und richtig empfinden. Und es wird wieder unermüdliche Zustimmung von all denen geben, die die Position vertreten, dass dieses Anspruchsdenken unsere Gesellschaft kaputt macht. Denkt man aber ganz konkret an die Kinder – um die geht es hier nämlich bei dieser Rechtsauffassung – dann bleibt ein mulmiges Gefühl. Es ist kein Zuckerschlecken, Kinder in einer Gesellschaft aufzuziehen, in der alles auf Konsum gesetzt wird. In der schon die Sendungen des Kinderfernsehprogramms mit Werbung unterbrochen werden. In der Geburtstage nicht mehr einfach mit Topfschlagen und Schokokusswettessen ausgerichtet werden, sondern als Event im Vergnügungspark oder in einer eigens dafür gebuchten Übernachtung im Indianerzelt des Völkerkundemuseums. Eine Gesellschaft, in der ein Kind, das in selbstgenähter Kleidung zur Schule kommt, als Lachnummer dasteht und in der ein Jugendlicher ohne Handy und Mailadresse als Trottel angesehen wird.
Da ist es dann schon ein Glück, dass es Omas oder Tanten gibt, die ein wenig aushelfen. Und genau das wird durch die Rechtsprechung verhindert.
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