Sonntag, 17. Oktober 2010, 01:56h

Bedrohungen

behrens

Fast alle Kollegen und Kolleginnen haben schon die Situation erlebt, in der sie von Betreuten oder von deren Angehörigen bedroht wurden. Es liegt in der Natur der Sache, dass jemand, der eigentlich eine Betreuung überhaupt nicht will und der vielleicht sowieso im Umgang mit anderen Menschen Schwierigkeiten hat, in Konflikt mit dem Betreuer gerät. Der Betreuer steckt dann in der schwierigen Situation, dass er jemanden vertreten und sich für ihn einsetzen muss, obwohl derjenige ihn ablehnt und bedroht.

Mir ist es vor einigen Jahren passiert, dass ein Betreuter versucht hat, meinen Schreibtisch auf mich zu werfen – und dies gleich zweimal. Grund hierfür war, dass ich ihm noch keine neue Wohnung besorgt hatte, was er von mir erwartete, obwohl er noch eine Wohnung hatte. Zu dem damaligen Zeitpunkt arbeitete ich noch in einer Bürogemeinschaft und meine Kollegen waren sofort zu Stelle als sie mein Geschrei hörten.

Eine andere Betreute war äußerst erbost, weil ich dem Sozialamt nicht verschwiegen hatte, dass sie etwa 20.000,00 DM Ersparnisse hatte. Sie machte mich dann darauf aufmerksam, dass es Menschen gibt, die schon für 40,00 DM bereit wären, jemanden umzubringen. Später erfuhr ich dann, dass diese Betreute tatsächlich schon einmal eine Sozialarbeiterin mit einem Messer angegriffen hat. Gerade für diese Betreute habe ich übrigens erheblich mehr getan, als es eigentlich meine Pflicht gewesen wäre.

Einem Kollegen von mir wurde von einer Betreuten ins Gesicht gespuckt. Ein anderer seiner Betreuten warf mit einem Aschenbecher nach unserer Mitarbeiterin und schlug ein Loch in die Tür. Einer Kollegin wurde von einem Betreuten mit der Faust bedroht und erst als ein anderer Betreuter empört eingriff, hörte er damit auf.

Der Vater einer meiner Betreuten hinterlässt in regelmäßigen Abständen wüste Beschimpfungen auf meinem Anrufbeantworter. Während er bisher nur mit Anwalt und Bildzeitung drohte, hat er in der vergangenen Woche das erste Mal damit gedroht, mir etwas anzutun, wenn er mich allein treffen würde. Grund seines Hasses auf mich ist die Tatsache, dass ich meine Betreute – natürlich mit ihrem Einverständnis – in eine psychosoziale Beratungsstelle vermittelt habe und er als Vater dadurch jetzt eine Zuzahlung von 13,00 € für die Kosten zu leisten hat. Es handelt sich übrigens nicht um einen Hartz-IV-Empfänger sondern um einen Rentner mit einem eigenen Haus.

Angenehm ist all dies nicht. Aber wie bereits erwähnt, ist dies bei der speziellen Problematik unserer Arbeit nicht vermeidbar. Ich würde mir manchmal nur wünschen, wenn in den Medien über Betreuer berichtet wird, dass man auch einmal diese Seite unserer Arbeit darstellt. Mit Menschen zu arbeiten, von denen man bedroht wird, kann sehr zermürbend sein. Und die Auseinandersetzung mit der Bedrohung kostet mich leider sehr viel Zeit und Energie, die zu Lasten meiner schwerkranken und hilflosen Betreuten geht, für die ich diese Zeit sehr viel lieber aufwenden würde.

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