Samstag, 23. Februar 2013, 00:58h
Sage nicht, du kennst einen Menschen, bevor du nicht ein Erbe mit ihm geteilt hast
Diesen weisen Ausspruch des Philosophen Johann Kaspar Lavater (1741-1801) kann man erweitern um den Zusatz „Sage nicht, du kennst einen Menschen, bevor du nicht die Verantwortung für einen hilfebedürftigen Angehörigen mit ihm geteilt hast."
Damit ist gemeint, dass beim Auftreten der Verpflichtung, sich um die alten Eltern oder Großeltern kümmern zu müssen, viele latent vorhandene Unstimmigkeiten und Konflikte zum Ausbruch kommen können. Und dabei kommen dann oftmals längst vergessene Gefühle wie Eifersucht, Neid, das Gefühl des Benachteiligtseins und Rachegelüste zum Vorschein. Und nicht selten geht es dabei auch um Geld und um das zu erwartende Erbe.
Die Konstellationen sind vielfältig. Da gibt es zum einen die Situation, in der sich ein Geschwisterteil um den Vater oder die Mutter kümmert. Sind beide Eltern mittellos dann wird sich vielleicht irgendwann bei der sich kümmernden Tochter bzw. dem sich kümmernden Sohn ein Gefühl des Ärgers auf diejenigen Geschwister entwickeln, die sich der Verantwortung entziehen. Haben die alten Eltern jedoch Vermögen, eine hohe Rente oder ein eigenes Haus und die sich kümmernde Tochter, bzw. der Sohn lebt dort gemeinsam mit dem Elternteil, dann hat dies nicht selten Neid zur Folge bei denjenigen Geschwistern, die nicht bei den Eltern wohnen. Es kommt dann oft zu sehr unguten Vorwürfen, bei denen vorgerechnet wird, dass man für das mietfreie Wohnen oder für das Profitieren von der elterlichen Rente doch viel mehr für die Eltern leisten müsste.
Es gibt den unschönen Ausdruck „Erbschaftsschutz“. Damit ist beispielsweise gemeint, dass Massnahmen, die von Angehörigen für ein gebrechliches Familienmitglied veranlasst werden, beeinflusst werden von der Aussicht auf das zu erwartende Erbe. Es kann zum Beispiel sein, dass nahe Angehörige die gebrechlichen Eltern nicht in eine geeignete Einrichtung geben wollen, weil sich durch die zu entrichtenden Heimkosten das zu erwartende Erbe schmälert. Solange die Eltern sich in der eigenen Häuslichkeit wohlfühlen, ist dies natürlich auch in deren Sinne, aber es gibt sehr wohl auch alte Menschen, die sich in einer Heimeinrichtung oder einer Einrichtung des betreuten Wohnens wohler und sicherer fühlen oder die vielleicht gern eine Tagespflegestätte besuchen würden.
Es kann auch die ungute Situation geben, dass der pflegebedürftige Elternteil gern zuhause wohnen bleiben möchte, hierfür aber für die Bezahlung einer umfassenden Pflege durch einen ambulanten Pflegedienstes erhebliche Mehrkosten entstehen, so dass unter Umständen ein Heim billiger sein würde, zumal in Bezug auf ambulante Pflege natürlich auch die gesamten Wohnungskosten weiterbezahlt werden müssen. Manchmal wird aus Gründen der Kostenersparnis die Pflege auch nicht durch einen Pflegedienst erbracht, sondern durch Angehörige. Wenn dies vom Elternteil auch so gewünscht wird, ist dagegen selbstverständlich auch überhaupt nichts einzuwenden. Wenn dies allerdings gegen den Willen des Pflegebedürftigen nur aus Gründen der Vermeidung des Einsatzes der Ersparnisse geschieht, ist dies nicht vertretbar.
Und letztendlich kann man leider nicht ausschließen, dass selbst bei der Entscheidung über existentielle Maßnahmen wie dem Einsatz einer Ernährungssonde oder die Durchführung einer Reanimation der finanzielle Aspekt eine Rolle spielt. Dies gilt in beide Richtungen – sowohl in Bezug auf die Befürwortung einer möglichen lebensverlängernden Maßnahme, als auch deren Ablehnung. Im ersten Fall kann die weiter zur Verfügung stehende hohe Rente eine Rolle spielen, im zweiten Fall die Sorge um die Verringerung von Vermögenswerten.
Aber auch ohne Vermögen gibt es noch genug Konfliktpotential, denn eine Wohnung auflösen, ein Heim suchen und sich um sämtliche anfallenden Formalitäten kümmern, ist eine sehr zeitaufwendige und oftmals auch belastende Aufgabe, die immer wieder Zündstoff für Streit unter den Angehörigen bietet. Denn nicht immer geschieht dies von Seiten der Geschwister in inniger Eintracht. Und selbst wenn es gelingt, die Arbeit gleichmäßig zu verteilen, kommen oft alte Geschichten wieder zutage und es wird beispielsweise gegenseitig vorgerechnet, dass ein Geschwisterteil von den Eltern eine teure Ausbildung erhalten hat, während andere Geschwister ihren Lebensunterhalt schon in jungen Jahren ohne jegliche Unterstützung der Eltern allein finanziert haben. Und erwachsene Kinder, die in ihrer Kindheit von ihren Eltern völlig vernachlässigt wurden, tun sich meist schwer damit, ihren Pflichten gegenüber den jetzt hilfsbedürftigen Eltern genauso nachzukommen, wie diejenigen Geschwister, die bevorzugt behandelt wurden.
Die Beispiele könnten noch um unzählige andere erweitert werden, zumal man auch noch die speziellen Konstellationen von Familien mit Enkelkindern und von Patchworkfamilien mit einbeziehen muss. Denn vielleicht wurde sich um die Enkelkinder des in der Nähe lebenden Kindes sehr intensiv gekümmert, während dies bei den Enkelkindern der entfernt wohnenden Kinder gar nicht möglich war. Und Kinder aus erster Ehe werden erfahrungsgemäß nicht selten gegenüber denjenigen aus der zweiten Ehe benachteiligt und „stiefmütterlich“ behandelt. All das, was es an Zwistigkeiten und familiären Dramen in der Familie gab und gibt, kommt zum Ausbruch, wenn die belastende Situation der Pflegebedürftigkeit eines Elternteils eintritt.
Und weil dies dann oftmals zu Lasten einer angemessenen Versorgung des alten Menschen geht, kommen manchmal wir Betreuer ins Spiel. Die Situation, in die wir dann geraten, ist alles andere als einfach. Es ist kaum möglich, nicht zwischen die Fronten zu geraten. Und nicht selten wird versucht, den Betreuer zu instrumentalisieren und auf eine Seite zu ziehen. Manchmal gelingt es zumindest etwas zwischen den Fronten zu vermitteln. Meist scheitert dies aber den verhärteten Standpunkten. Und im schlechtesten Fall sind sich die ansonsten völlig zerstrittenen Parteien dann doch in einem einig – der Betreuer macht seine Arbeit falsch! Damit rutscht der Betreuer dann in die Rolle des Sündenbocks, der für alle anfallenden Probleme verantwortlich ist. Die Situation ist dann so verfahren, dass man im Grunde nur mit von außen kommender professioneller Hilfe eine Lösung erreichen wird. Hierzu muss zum einen die Bereitschaft der Angehörigen vorhanden sein zum anderen auch die des Betreuers.
Wenn es zu Machtkämpfen zwischen Geschwistern oder zwischen Angehörigen und dem Betreuer kommt, ist immer der Betreute als schwächstes Glied in dem sozialen Gefüge der Leidtragende. Derjenige, um dessen Wohl es doch eigentlich allen gehen sollte.
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zur Begleitung des Siechtums eines anderen
kann die "häusliche" Pflege von betroffenen Angehörigen verstanden werden.
Wer betroffen ist und ausser Schulden nix zu
vereben hat, findet sich schnell in einem
Pflegeheim wieder, sofern das "Sozialamt"
eintritt.
Andernfalls darf auch trotz Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz der Betroffene mit einer Entlassung
in die Obdachlosigkeit rechnen oder wird in der Vorstufe mit einer Räumungsklage des Pflegeheims konfrontiert.
Der Berufsbetreuer bleibt Subunternehmer einer Rechtspflege, die elementar daran interessiert
ist, sich für eine geregelte Arbeitszeit und ein zuverlässiges Einkommen doch überwiegend am grünen Tisch an Akten abzuarbeiten.
Im Falle von positivem verwertbaren Vermögen
dürfen Betroffene und deren Angehörige Schwarzkittel, Weisskittel und deren
Beauftragte durchaus als Miterben verstehen.
Solange das Elend der einen der Profit der anderen
bleibt, dürfte sich daran auch wenig ändern.
Aus der Physik läßt sich vielleicht der Aspekt der
Effizienz auch auf die häusliche Pflege übertragen.
Viele dezentrale Kraftwerke haben einen höheren
Wirkungsgrad als zentrale Einrichtungen mit langen
Leitungen, die Energie (auch Geld) über Abwärme
verpuffen.
Das undenkbare ist erforderlich, die häusliche
Pflege muß besser oder zumindest gleich bezahlt werden, wie die zentralisierte Pflege in unseren MRSA-Zuchtstationen.
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Jetzt interessiert mich der Mensch hinter "phw".
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damit die Gedanken wirklich frei werden,
scheint es mir wichtig, dass elementare
Ideen, welche die Lebensqualität vieler
verbessern könnten, von der Person gelöst
betrachtet werden, die sie in die Welt
entlassen hat.
Dezentrale Block-Heiz- und Stromkraftwerke
waren eine physikalisch wissenschaftliche, mathematisch belegte Forderung der späten 1970er
und frühen 1980er Jahre, wegen der besseren Energieeffizienz durch höheren Wirkungsgrad.
Dezentrale Block-Pflegekraftwerke sind nötig,
um zu einer effizienten Pflege- und Altersbegleitung
zu kommen, welche die betroffenen Menschen nicht
aus ihrer Umgebung herausreißt und ihren Angehörigen
und "Freunden" ein Engagement ermöglicht, das keinen
Beteiligten überfordert oder hemmungslos ausbeutet.
Aktuelle Situation:
Pflegestufe Null:
Der Pflegedienst schickt die Rechnung durch Boten
Pflegestufe Eins:
Der Pflegedienst hupt im Vorbeifahren
Pflegestufe Zwei:
Der Pflegedienst hupt und winkt im Vorbeifahren
Pflegestufe Drei:
Der Pfelegedienst fährt im Schrittempo vorbei und ruft aus dem Cabrio zu: "Wie gehts?"
Exkurs
Pflegestufe Drei im Pflegeheim:
Der Rufmelder liegt beinahe erreichbar an der
Bettseite des Bewohners, jedoch dessen Halbseiten-
Parese ist "zufällig" auf der gleichen Bettseite.
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Die "Freiheit" wird nicht am Hindukusch verteidigt,
sie wird in der deutschen Pflegepolitik und
-wirtschaft bürokratisch nach Durchführungsvorschrift beerdigt, unter dem Beifall der Justiz.
Wichtig dabei ist: Die "Form" ist zu wahren.
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Die menschlichen "Ausnahmen" beweisen tagtäglich,
dass es anders geht, vielfach bei enormer Aufgabe
des eigenen Lebens.
Die Massenträgheit, die sich im gewollten Glauben
auf Recht und Ordnung immer wieder auf die Selbst-
Aufgabe dieser Ausnahmen verläßt, ist nicht Teil
des Problems, sie ist das Problem.
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