Samstag, 13. August 2011, 02:12h
Locked-in-Syndrom und die große Liebe
Auf MDR wurde eben in der Sendung „Unter uns“ die besondere Geschichte eines Ehepaars vorgestellt. Kurz nach der Geburt ihres zweiten Kindes fiel die Ehefrau in einen Koma-ähnlichen Zustand, der als Locked-in-Syndrom (was damals allerdings anders bezeichnet wurde) diagnostiziert wurde. Seit diesem Zeitpunkt pflegt der Ehemann seine Frau. Man muss hierzu sagen, dass die Ehefrau mittlerweile nicht mehr völlig unfähig ist, zu kommunizieren. Zum einen kann sie sich schriftlich verständlich machen, in dem sie mit einem Stift eine Computertastatur bedient und zum anderen kann sie Laute formulieren. Es ist sehr beeindruckend zu sehen, dass der Ehemann mittlerweile in der Lage ist, diese für andere unverständlichen Laute zu verstehen und sie für andere zu übersetzen.
Das Ehepaar lernte sich kennen, als der Ehemann sechzehn Jahre alt war und die Ehefrau vierzehn. Der Ehemann erzählt, dass für ihn nach 90 Minuten klar war, dass er dieses Mädchen liebt. Nach vier Jahren heirateten die beiden und bekamen zwei Söhne. Die plötzliche Erkrankung trat auf, als der zweite Sohn etwa 5 Monate alt war. In der damaligen DDR war es nur nach vielen Kämpfen möglich, einen Elektrorollstuhl zu bekommen. Auch die ärztliche Versorgung ließ zu wünschen übrig. Mittlerweile sind es schon 27 Jahre, in denen der Ehemann sein Frau rund um die Uhr pflegt und umsorgt.
Man kann sich kaum vorstellen, wie enorm schwierig es für jemanden sein muss, zwei kleine Kinder zu erziehen und Tag und Nacht den Ehepartner zu pflegen. Die meisten Ehen zerbrechen an solchen Problemen und wenn sie es nicht tun, dann handelt es sich meist um ältere Ehepaare, die ihr Leben schon gelebt haben und erst im Alter mit der Umsorgung des anderen konfrontiert sind. Man sollte auch nicht verschweigen, dass es meist auch die Ehefrau ist, die den Mann pflegt und nicht umgekehrt.
Bei der Talkshow „unter uns“ sind es nie die großen Stars oder schillernden Exzentriker, die vorgestellt werden. Es sind meist kleine Leute aus einfachen Verhältnissen, die oftmals unter vielen Widrigkeiten ihr Leben meistern. Es fehlt das Grelle, das Spektakuläre und das Laute, das normalerweise charakteristisch für Talkshows ist. Das, was mich eher davon abhält, mir länger als ein paar Minuten so eine Sendung anzusehen. Auch „unter uns“ sehe ich eher zufällig beim Zappen. Heute habe ich diesen Zufall nicht bereut. Denn es hat mich sehr berührt, zu sehen, was Liebe vollbringen kann. Die Liebe ohne große Worte, die sich in Taten äußert. Es scheint sie tatsächlich zu geben. Ein Mann, der wie ein Schuljunge von seiner Frau spricht, wenn er beschreibt, dass er schon nach neunzig Minuten wusste, dass er diese Frau und sonst keine will.
Das Locked-In-Syndrom ist eine schreckliche Krankheit. Aber es tut unendlich gut, zu sehen, dass der Schrecken dieser Erkrankung gegen Liebe nichts ausrichten kann. Ein bisschen wie im Märchen…
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